Dieser Supraleiter ist spektakulär

Supraleiter

Einen Supraleiter, der bei Raumtemperatur funktioniert – den hat angeblich ein Forscherteam nun entwickelt, und wenn das wirklich stimmt, würde es unsere Welt für immer verändern. Es wäre eine der größten Entdeckungen aller Zeiten.

Ein Supraleiter kommt in eine Bar. Sagt der Barkeeper: „Sie werden hier nicht bedient, raus!“ Der Supraleiter steht auf und verlässt die Bar widerstandslos. Dieser Witz ist zwar flach, aber auch sehr lehrreich, denn er vermittelt die zentrale Eigenschaft von Supraleitern.  

In der faszinierenden Welt der Physik gibt es Materialien, die bei bestimmten Bedingungen eine außergewöhnliche Eigenschaft zeigen: Supraleiter. Diese elektrischen Wunderstoffe haben die einzigartige Fähigkeit, elektrischen Strom ohne jeglichen Widerstand zu leiten.  

Was genau sind eigentlich Supraleiter, wofür sind sie wichtig und wie funktionieren sie? In den herkömmlichen Materialien, die wir im Alltag verwenden, wie Kupfer oder Aluminium, trifft der fließende Strom auf Widerstand, was zu Energieverlust und Wärmeentwicklung führt. Supraleiter hingegen zeigen dieses Phänomen nicht, und elektrischer Strom kann ungehindert durch sie hindurchfließen.  

Supraleiter brauchen niedrige Temperaturen  

Das eröffnet Unmengen von revolutionären Anwendungen in allen möglichen Bereichen. Moderne Energietechnik, Elektronik, Computer, Medizintechnik, all das wäre ohne Supraleiter nicht denkbar. Ein wesentlicher Faktor, der Supraleitung ermöglicht, ist die niedrige Temperatur. Die meisten bekannten Supraleiter müssen auf Temperaturen nahe dem absoluten Nullpunkt abgekühlt werden, der bei minus 273,15 Grad liegt, um ihre beeindruckenden Eigenschaften zu zeigen.  

Das ist ein kleiner Wermutstropfen bei dieser genialen Technologie, denn solche Temperaturen sind in der Praxis schwierig zu erreichen und erfordern spezielle Kühltechnologien. Es gibt schon Durchbrüche bei sogenannten Hochtemperatursupraleitern, die zwar immer noch kühl gehalten werden müssen, aber verglichen mit den „klassischen“ Supraleitern bei höheren Temperaturen funktionieren.  

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Daran forscht man schon seit den 80er Jahren, allerdings sind diese Supraleiter immer noch nur bei niedrigen Temperaturen unter dem Gefrierpunkt aktiv, also der Name Hochtemperatursupraleiter ist ein bisschen irreführend. Deswegen ist der nun vermeldete Durchbruch hinsichtlich eines Supraleiters bei Raumtemperatur revolutionär.  

Elektronen als Cooper-Paare  

Aber bevor wir uns das näher anschauen, klären wir noch mal, wie Supraleiter funktionieren. Die Funktionsweise basiert auf einem Phänomen, das als „Cooper-Paar-Bildung“ bekannt ist. Der Name stammt vom Erstbeschreiber des Phänomens, dem amerikanischen Physiker und Nobelpreisträger Leon Neil Cooper. Was er beschrieben hat, ist ein wenig abstrakt. Elektronen, die normalerweise durch den elektrischen Widerstand abgebremst werden, bilden unter den speziellen Bedingungen eines Supraleiters sogenannte Cooper-Paare. Diese Paare bewegen sich kollektiv und ohne Widerstand durch das Material.  

Wenn die Elektronen sich als Cooper-Paare bewegen, führt das dazu, dass der Strom ungehindert fließt und keine Energieverluste entstehen. Warum? Gute Frage, faszinierenderweise ist noch ungeklärt, welcher Effekt diese Cooper-Paare verbindet. Die Bedeutung von Supraleitern für die Zukunft ist jedenfalls enorm, das verlustfreie Transportieren von Energie ist ein essentieller Baustein auf dem Weg zu einer fortschrittlichen Zivilisation.  

Neuer Supraleiter entdeckt  

Aber das volle Potential dieser Technologie könnten wir nur ausnutzen, wenn Supraleiter nicht so aufwändig gekühlt werden müssten, sondern unter allen Bedingungen jederzeit einsetzbar wären. Und da lässt nun eine neue Studie aus Südkorea die Wissenschaftswelt hellhörig werden, denn dort wird behauptet, dass ein Supraleiter entdeckt worden wäre, der bei Raumtemperatur und normalem Druck funktioniert.  

Wenn sich diese Behauptung als wahr erweisen würde, wäre das ein absoluter Meilenstein in der Welt der Physik und könnte das Potenzial haben, die Art und Weise, wie wir Energie erzeugen, transportieren und nutzen, drastisch zu verändern. Die Entdeckung eines Supraleiters bei Raumtemperatur und normalem Druck wäre eine wissenschaftliche Sensation.  

LK-99 als neuer Supraleiter  

In der Vergangenheit waren Supraleiter auf niedrige Temperaturen oder hohen Druck angewiesen, um ihre bemerkenswerten Eigenschaften zu entfalten. Die koreanischen Forscher vom Quantum Energy Research Centre in Seoul berichten in zwei noch nicht begutachteten Artikeln über ihre Entdeckung eines möglichen Raumtemperatur-Supraleiters. Das Material, das sie als „LK-99“ bezeichnen, basiert auf einer modifizierten Form des Minerals Blei-Apatit. Das ist eine chemische Verbindung aus Blei und Phosphat. In den beiden Artikel, die noch nicht peer reviewed sind, wird beschrieben, wie LK-99 die charakteristischen Merkmale eines Supraleiters zeigt, einschließlich widerstandsfreiem Stromfluss und dem Meißner-Ochsenfeld-Effekt, bei dem ein Magnet über einem Supraleiter schwebt.  

Darstellung des Meißner-Ochsenfeld-Effekts (https___www.youtube.com_@MagneticGamesIT)
Darstellung des Meißner-Ochsenfeld-Effekts (https___www.youtube.com_@MagneticGamesIT)

Die Forscher behaupten, dass das Material eine kritische Temperatur und ein kritisches Magnetfeld aufweist, bei denen der Übergang zur Supraleitung stattfindet. Und zur Untermauerung ihrer Behauptungen haben die Forscher auch ein Video veröffentlicht, das zeigt, wie LK-99 über einem Magneten schwebt. Dieser Meißner-Ochsenfeld-Effekt ist ein Phänomen in Supraleitern, bei dem sie ein Magnetfeld vollständig aus ihrem Inneren verdrängen und somit keine magnetischen Feldlinien in sich enthalten, was zum schwebenden Effekt von Magneten über Supraleitern führt.  

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Den Forschern zufolge hat LK-99 eine kritische Temperatur von mindestens 127 Grad. was bedeuten würde, dass es in jeder Umgebung auf der Erde als Supraleiter arbeiten kann, ohne, dass eine Kühlung oder Druckbeaufschlagung erforderlich ist. Und sie selbst sind sehr überzeugt von ihrer Entdeckung und schreiben: „Wir glauben, dass unsere neue Entwicklung ein brandneues historisches Ereignis sein wird, das eine neue Ära für die Menschheit einleitet.”   Supraleiter: Skepsis in der Forschergemeinschaft  

Ganz schön große Worte und da stellt sich die nicht ganz unerhebliche Frage: Ist dieser Durchbruch real oder nicht? Die internationale Physik-Gemeinde ist skeptisch. Viele Physiker haben die Gültigkeit und Reproduzierbarkeit der Ergebnisse in Frage gestellt. Einige Experten haben auch auf mögliche Fehler und Ungereimtheiten in ihren Daten und Methoden hingewiesen, so zum Beispiel Nicola Poccia, Forschungsgruppenleiterin am Leibniz-Institut für Festkörper und Werkstoffforschung in Dresden. Sie sagt: „Auf der Grundlage der experimentellen Beweise in den noch nicht begutachteten Manuskripten ist meine erste schnelle Reaktion, dass es sich nicht um einen Supraleiter handelt.”  

Das LK-99-Video der koreanischen Forscher (https___arxiv.org_abs_2307.12008 )
Das LK-99-Video der koreanischen Forscher (https___arxiv.org_abs_2307.12008 )

Sie glaubt, dass das Experiment fehlerhaft sei und dass es sich bei der Beobachtung wohl eher um ein experimentelles Artefakt handele. Außerdem kritisiert sie die wissenschaftliche Sorgfalt in der Arbeit und merkt an, dass die Präsentation der Daten der koreanischen Forscher so unübersichtlich ist, dass es schwierig sei, in diesem Stadium eine endgültige Schlussfolgerung zu ziehen.  

Damit wir mehr über diese vermeintliche Revolution sagen können, müssen zwei Dinge geschehen: Die Arbeit muss von Fachleuten begutachtet und sie muss in anderen Labors reproduziert werden können. Bis dahin werden wir abwarten müssen.  

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