Wegen Grundwasser: Die Erdachse hat sich verschoben

Die Erdachse hat sich verschoben

Die Erdachse hat sich verschoben – und Schuld daran haben… wir! Was ist mit der Erdachse geschehen und welche Auswirkungen hat das auf das Leben auf der Erde?  

Eine schnurgerade Achse bei Planeten ist die Ausnahme. Auch unsere Erde ist schief. Wenn Ihr eine Linie vom Südpol bis zum Nordpol ziehen würdet, wäre diese Linie gemessen an der Umlaufebene der Erde zur Sonne um 27,27 Grad geneigt. Das liegt daran, dass die Erde in der Vergangenheit einige heftige Kollisionen einbüßen musste, die größte davon mit dem Protoplaneten Theia, durch die letztendlich der Mond entstanden ist.  

Für uns eine gute Entwicklung, denn ohne die Erdachsenneigung sähe das Leben auf der Erde komplett anders aus. Das wichtigste Ergebnis dieser Neigung sind die Jahreszeiten. Während der Sommermonate ist die Hemisphäre, die zur Sonne geneigt ist, der Sonneneinstrahlung stärker ausgesetzt und erwärmt sich entsprechend. In den Wintermonaten neigt sich die andere Hemisphäre von der Sonne weg und erhält weniger direktes Sonnenlicht, was zu kälterem Wetter führt.  

Drehung der Erdachse (Silver Spoon _ Wikimedia Commons)
Drehung der Erdachse (Silver Spoon _ Wikimedia Commons)

Dieser Effekt ist so stark, dass er sogar die Auswirkungen der Entfernungen der Erde zur Sonne übertrifft. Wenn wir auf der Nordhalbkugel Winter haben, ist die Erde der Sonne am nächsten, denn die Erde befindet sich immer Anfang Januar an ihrem sonnennächsten Punkt, dem sogenannten Perihel. Und trotzdem ist dann bei uns Winter, weil durch die Erdachsenneigung unsere Hemisphäre von der Sonne weggeneigt ist.  

Weitere Effekte der Erdachsenneigung  

Aber die Erdachsenneigung ruft tatsächlich noch mehr Effekte hervor als bloß die Jahreszeiten. So beeinflusst die Neigung der Erdachse auch die Länge der Tage. In den Sommermonaten, wenn die Hemisphäre geneigt und der Nordpol zur Sonne hin ausgerichtet ist, sind die Tage dort länger, während in den Wintermonaten die Tage kürzer sind. Das führt dann in der extremen Ausprägung zum Polartag, wenn die Sonne gar nicht mehr untergeht und zur Polarnacht, wenn sie nicht mehr über dem Horizont zu sehen ist.  

Die Funktionsweise der Jahreszeiten, Tageslänge, Menge an Licht, die verschiedene Regionen der Erde zu bestimmten Zeitpunkten erhalten und damit auch Flora und Fauna – all das wird direkt beeinflusst durch den Neigungswinkel der Erdachse. Und nun das: Die Erdachse hat sich verschoben und wir sind es schuld!   

Die Erdform bezeichnet man auch als Geoid (ESA_HPF_DLR)
Die Erdform bezeichnet man auch als Geoid (ESA_HPF_DLR)

Warum hat sich die Erdachse verschoben?  

Wie kann es denn nun sein, dass die Erdachse sich verschiebt? Tatsächlich geschieht das unter anderem auch durch natürliche Zyklen, die Teil der sogenannten Milankovic-Zyklen sind. Die Erdachse ist jedenfalls nicht fest und unbeweglich. Sie unterliegt kleinen Veränderungen und Schwankungen im Laufe der Zeit. Eine dieser Bewegungen wird als Polwanderung bezeichnet, oder auch als wahre Polwanderung, um sie von der Bewegung der magnetischen Pole abzugrenzen.  

Bei der wahren Polwanderung verschiebt sich die Erdachse und damit die Position der geographischen Pole. Das kann geschehen aufgrund verschiedener Faktoren, wie der Bewegung der Kontinente, dem Abschmelzen von Gletschern, der Verschiebung von Massen im Inneren der Erde, dem Einfluss von Meeresströmungen oder eben kosmischen Einflüssen wie der Gravitationswirkung anderer Himmelskörper oder Kollisionen wie damals mit Theia. Oder es kann passieren, weil wir Grundwasser abpumpen. Kein Witz, eine neue Studie hat herausgefunden, dass sich durch das Abpumpen von Grundwasser durch uns Menschen die Erdachse verschoben hat.  

Was das Grundwasser mit der Erdachse zu tun hat  

Wir Menschen pumpen große Mengen Grundwasser aus dem Boden, um es für Bewässerungszwecke in der Landwirtschaft oder für den Hausgebrauch zu nutzen. Dieses abgepumpte Wasser wird nicht immer in ausreichendem Maße wieder aufgefüllt, was nach und nach zu einer Absenkung des Landes führt. Logischerweise können diese Landabsenkungen erhebliche Auswirkungen haben, indem sie Schäden an Gebäuden und Infrastruktur verursachen und den verfügbaren Raum für die Speicherung von Wasser unter der Erde verringern.  

Das sind natürlich sehr langwierige Prozesse, die sich aber schon länger deutlich machen und die man kennt. Doch dass es sogar Auswirkungen auf die Erdachse hat, das war bislang nicht bekannt. Die neue Forschungsarbeit zeigt, dass das Absaugen von Grundwasser eine ähnliche Wirkung auf die Verschiebung der Erdachse hat wie das Abschmelzen der Polkappen und der Gletscher.  

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Das Grundwasser dient als eine Art Gewicht, das auf bestimmte Regionen der Erde drückt. Wenn große Mengen Grundwasser abgepumpt werden, ändert sich die Verteilung der Massen um die Welt und beeinflusst die Rotationsachse der Erde. Und das Ausmaß der Verschiebung, die durch das Abpumpen von Grundwasser verursacht wird, ist wirklich beeindruckend. Zwischen 1993 und 2010 hat der Grundwasserabbau zu einer Verschiebung der Erdachse um etwa 80 Zentimeter geführt. Das klingt jetzt erst mal nicht viel, aber wenn man bedenkt, dass sich in globalen Maßstäben Dinge nur sehr langsam bewegen und verändern, dann ist 80 Zentimeter in wenigen Jahren verursacht durch uns Menschen schon wirklich allerhand.  

Ki-Weon Seo, Geophysiker an der Universität Seoul in Südkorea und Leiter der Studie sagt: „Unsere Studie zeigt, dass neben klimabedingten Ursachen die Umverteilung von Grundwasser den größten Einfluss auf die Verschiebung der Rotationsachse hat. Fast 50 Prozent der Polwanderung wird durch unseren Wasserverbrauch beeinflusst.”   Veränderungen der Erdachse gefährlich?  

Nicht nur wird das Wasser ungleichmäßig abgesaugt, es wird dann auch an anderen Stellen wieder hinzugefügt. Denn das Grundwasser wird ja nicht zwingend dort genutzt, wo es abgepumpt wird. Und das hat dann nicht nur Auswirkungen auf die Erdachse. Zwischen 1993 und 2010 wurden laut der Studie mehr als zwei Billionen Tonnen unterirdisches Grundwasser abgepumpt und an anderer Stelle auf der Welt eingesetzt. Das Wasser hat sich daraufhin teilweise in die Ozeane verlagert – und den Meeresspiegel um 6,24 Millimeter ansteigen lassen. Also 80 Zentimeter Erdachsenverschiebung, sechs Millimeter Meeresspiegelanstieg.  

Laut den Forschern besteht erst mal wenig Grund zur Sorge. Die jährlichen natürlichen Schwankungen der Erde sind bislang noch stärker ausgeprägt als die Polwanderung. Laut den koreanischen Forschern könnte das in ein paar Jahrtausenden allerdings anders aussehen, denn sollte sich die Erdachse irgendwann um mehrere Grad verschoben haben, dann hat das Folgen für das globale Klima und die Jahreszeiten.  

Eine wichtige Rolle für die Eiszeit vor drei Millionen Jahren spielte beispielsweise die Neigung der Erdachse. Aber auch wenn es beachtlich ist, dass wir Menschen durch Grundwasserpumpen die Erdachse überhaupt verschoben haben, wird dies angesichts der eben erwähnten Milankovic-Zyklen keine nennenswerten Auswirkungen haben. Wir sind nicht mächtiger als kosmische Zyklen, die sich über Jahrtausende abspielen. Und mal davon abgesehen: Eine Zivilisation braucht nun mal Landwirtschaft und Wasser und es ist sicherlich keine Lösung, nun die Landwirtschaft zurückzubauen und damit weniger Menschen ernähren können.  

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Was allerdings eine Lösung ist, wäre mehr Gentechnik in der Landwirtschaft, um durch modifizierte Pflanzenarten mehr Menschen versorgen zu können und dabei weniger Wasser zu verbrauchen. Dahin muss die Reise gehen, wenn wir eine wirklich fortschrittliche, vielleicht irgendwann mehrere Planeten besiedelnde Spezies werden wollen.  

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