Ein Mann namens Wladimir Komarow stürzte aus dem Weltraum auf die Erde und verstarb dabei auf tragische Weise — was klingt wie eine erfundene Internetlegende ist wirklich passiert.
Tragische und absurde Todesfälle gibt es viele. Ein Mann in Brasilien starb im Jahre 2013, als eine Kuh durch sein Dach stürzte und ihn zerquetschte. Im 15. Jahrhundert ertrank ein französischer Herzog in einem Weinfass – nachdem er sich diese Methode selber ausgesucht hatte, als er zum Tode verurteilt wurde.
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Aber die unglaubliche Geschichte von Wladimir Komarow ist schwer zu toppen. Wir schreiben das Jahr 1967, zwei Jahre vor der ersten bemannten Mondlandung. Zwischen den USA und der Sowjetunion tobt der Wettlauf im Weltraum, auch bekannt als das “Space Race”. Beide Länder versuchten als erster die Vorherrschaft im All zu gewinnen und den technologischen Vorsprung des jeweils anderen zu übertreffen.
Space Race zwischen den Sowjets und den Amerikanern
Die Vorteile lagen damals zunächst bei den Sowjets. Die Sowjetunion hatte im Jahr 1957 mit dem Start von Sputnik, des ersten künstlichen Satelliten, einen bedeutenden Erfolg erzielt. Im Jahr 1961 erreichte Juri Gagarin als erster Mensch überhaupt den Weltraum, gefolgt von Alexej Leonow, der im Jahr 1965 den ersten Weltraumspaziergang unternahm.
Die Amerikaner konnten das nicht auf sich sitzen lassen und holten schnell auf. Ebenfalls 1961 erreichte mit Alan Shepard der erste US-amerikanische Astronaut das Weltall. Da das Space Race so umkämpft war, verstärkte die Sowjetunion ihre Bemühungen und setzte sich das Ziel, den ersten bemannten Raumflug zu absolvieren.
Erster bemannter Flug in der Sojus
1967, sechs Jahre nach Gagarins historischem Erfolg, sollte nun der erste bemannte Testflug des neuen sowjetischen Raumschiffs Sojus stattfinden. Ziel der Mission war es, die Fähigkeit des Raumschiffs zu demonstrieren, einen Kosmonauten in den Orbit und sicher zur Erde zurückzubringen. Wladimir Komarow wurde als Kommandant des Raumschiffs ausgewählt und hatte die Aufgabe, das Raumschiff während des Fluges zu steuern und verschiedene Systeme zu testen. Diese Mission war für die Sowjets sehr wichtig und sollte der entscheidende Schritt werden, um die Vorherrschaft im Weltraum zu erringen und die technologische Überlegenheit der USA im Weltraumrennen zu überholen.

Am 23. April 1967war es dann endlich so weit: Das Raumschiff Sojus 1 mit Vladimir Komarow an Bord startete in den Orbit. Wie können wir uns dieses Raumschiff vorstellen? Es war knapp siebeneinhalb Meter lang und bot Platz für einen einzigen Kosmonauten. Es war mit einer Landekapsel ausgestattet, die vom Hauptteil abgetrennt werden konnte und den Kosmonauten sicher zurück zur Erde bringen sollte. Sojus 1 war damals die absolute Speerspitze der sowjetischen Weltraumtechnologie – doch während des Fluges traten mehrere technische Probleme auf.
KOMAROW und die Probleme mit der Sojus
Es gab Schwierigkeiten mit der Orientierung des Raumschiffs und mit der Energieversorgung. Außerdem gab es Probleme mit der automatischen Kontrolle der Landekapsel. Man entschied sich, den Flug vorzeitig abzubrechen und Komarow unter Zuhilfenahme eines Detektorensystems zur Ausrichtung des Raumschiffs für ein Bremsmanöver vorzeitig wieder auf der Erde landen zu lassen.
Die Sensoren haben nicht korrekt funktioniert und lieferten widersprüchliche Daten. Komarow musste also oben bleiben. Welche Höhe er maximal erreichte, wurde von den Sowjets damals nicht bekannt gegeben. Was wir wissen, ist, dass die Mission von Sojus 1 ein suborbitaler Flug war, der sich also nicht in eine Umlaufbahn um die Erde begab, sondern nur eine Kurzzeitmission in den Weltraum darstellen sollte. Einmal Weltraum und zurück, um das neue Raumschiff zu testen und vor allem die Fähigkeit des Kosmonauten zu demonstrieren, das Raumschiff manuell zu steuern und wieder zur Erde zurückzukehren. Schätzungen zufolge erreichte das Raumschiff während des Flugs eine maximale Höhe von etwa 200 Kilometern über der Erdoberfläche.
Wo beginnt der Weltraum?
Der Weltraum beginnt ab der sogenannten Karman-Linie in 100 Kilometer Höhe. Wladimir Komarow war mit dem Sojus 1-Raumschiff also wirklich im Weltraum, wenn man den Schätzungen traut. Aber was geschah dann während des Flugs? Als einzige Möglichkeit blieb nur noch eine manuelle Landeprozedur. Wir reden hier über ein immens komplexes und schwieriges Manöver. Komarow gelang es das Raumschiff manuell in die richtige Position zu bringen und das Bremstriebwerk kurz nach dem Überqueren des Äquators über dem Atlantik manuell zu zünden, wodurch eine Landung in der UdSSR bei Tageslicht möglich wurde.
Die Kommunikation zwischen Komarow und Ground Control, wo er übrigens mit Juri Gagarin sprach, ist heute noch erhalten. Nach dem komplizierten manuellen Manöver sagte Komarow noch: “Der Motor lief 146 Sekunden lang. Alles ist normal. Das Triebwerk hat 146 Sekunden lang funktioniert. Das Schiff war richtig ausgerichtet. Alles ist normal. Ich sitze auf dem mittleren Sitz. Der Sicherheitsgurt ist angelegt.”
Komarow und Sojus 1: Wiedereintritt in Atmopshäre
Zu diesem Zeitpunkt sah noch alles ganz gut aus. Doch während des Wiedereintritts in die Erdatmosphäre gab es ein weiteres schwerwiegendes Problem: Der Hitzeschild der Landekapsel löste sich. Das führte zu einem Überhitzungsproblem und schließlich zum Versagen des Fallschirmsystems. Weder Haupt- noch Reservefallschirm öffneten sich. Das Raumschiff stürzte unkontrolliert auf die Erde und schlug in der Oblast Orenburg auf. Die Kapsel schlug mit einer Geschwindigkeit von 40 Metern pro Sekunde auf und Vladimir Komarow verlor dabei sein Leben.
General Nikolai Kamanin, der vor Ort war, schrieb später: “Kosmonaut Komarow wurde getötet, das Schiff verbrannte. Der Hauptfallschirm des Schiffes öffnete sich nicht, und der Reservefallschirm füllte sich nicht mit Luft. Nach dem Aufprall explodierten die Triebwerke und ein Feuer brach aus. Erst nach Ausgrabungen konnten wir die Leiche von Komarow finden.”

Wladimir Komarow war damit der erste Mensch, der bei einer Weltraummission starb. Sein Tod und das Scheitern des Sojus 1-Flugs war ein schwerer Schlag für die sowjetische Raumfahrtindustrie. Aber, so makaber das auch klingt, er bewahrte damit drei andere Kosmonauten vor dem Tod. Am nächsten Tag sollte ein weiterer Flug erfolgen mit der Sojus 2A mit drei Kosmonauten an Bord. Wie nach dem Absturz aufgedeckt wurde, besaß die Sojus 2A dieselben technischen Mängel wie die Sojus 1, vor allem an den Bremsschirmen. Wäre Sojus 2A wie geplant gestartet, wären wohl bei der Aktivierung des Hauptschirmes auch diese drei Kosmonauten ums Leben gekommen.
Komarow: Pionier und meisterhafter Pilot
Außerdem sollte auch die phänomenale Leistung von Wladimir Komarow in Erinnerung bleiben, denn nur ein wirklich meisterhafter Pilot wie er konnte das schwierige Manöver für die manuelle Landeprozedur durchführen. Für das Versagen der Fallschirme konnte er nichts, dies muss man der sowjetischen Führung anlasten, die Erfolge im Space Race um jeden Preis haben wollte und dabei grundlegende Sicherheitsbedenken hat fallen lassen.

Aus allen verfügbaren Beweisen geht hervor, dass das Sojus-Raumschiff im Frühjahr 1967 noch nicht für einen bemannten Flug bereit war. Das Konstruktionsbüro hatte vor dem Start von Komarow keinen einzigen vollautomatischen Flug erfolgreich durchgeführt. Das war gerade in den ersten Jahren der Raumfahrt eine grundlegende Regel, die fahrlässig und mit entsprechendem Endergebnis gebrochen wurde. Diese Geschichte ist ein Mahnmal für die Gefahren der Raumfahrt, die Verantwortungslosigkeit der politischen Führung und vor allem für den Mut, den die ersten Astronauten und Kosmonauten bewiesen, indem sie diese lebensgefährlichen Missionen absolviert haben.
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