Eine gigantische radioaktive Anomalie auf dem Mond wurde entdeckt – und zwar von chinesischen Mondsatelliten. Was schlummert unter der Oberfläche unseres Trabanten und erzeugt eine immense Hitze?
Es sieht so aus, als würde der Mann im Mond eine Sauna betreiben – zumindest brachte die nun entdeckte Hitze-Anomalie die Forscher ganz schön zum Schwitzen. Aber immer der Reihe nach, schauen wir uns erstmal allgemein die Geologie des Mondes an. Denn die Frage, ob es auf dem Mond ähnliche geologische Phänomene wie auf der Erde gibt, also zum Beispiel Vulkanismus, treibt die Geowissenschaftler schon lange um.
Wie man schon mit bloßem Auge sehen kann, ist der Mond von zahlreichen Kratern übersät, die durch den Einschlag von Meteoriten entstanden sind. Diese Krater sind das offensichtlichste geologische Merkmal des Mondes. Aber neben den Kratern gibt es auch sogenannte Mare, lateinisch für „Meere”. Diese dunklen, glatten Bereiche auf der Mondoberfläche bieten aber wenig Potential für Badespaß, sondern sind vor Milliarden von Jahren durch Lavaströme entstanden.
Die Mare des Mondes
Die Mare entstanden vor etwa drei bis vier Milliarden Jahren, als der Mond vulkanisch aktiv war, so viel ist wohl sicher. Während dieser Zeit floss geschmolzene Lava an die Oberfläche und bildete diese flachen Ebenen. Diese Lava, die aus dem Inneren des Mondes stammte, füllte also größere Einschlagkrater auf und bildete die charakteristischen dunklen Flecken auf der Mondoberfläche. Aber jetzt kommt der Clue: Diese vulkanische Aktivität hielt nur einen begrenzten Zeitraum an, bisher geht man davon aus, dass der Mond seine vulkanisch aktive Phase schon lange hinter sich hat. Die Analyse von Mondgesteinsproben, die während der Apollo-Missionen zurückgebracht wurden, hat bestätigt, dass die Mond-Mare hauptsächlich aus Basalt bestehen, einer Gesteinsart, die durch vulkanische Aktivität entsteht. Basalt ist das Ergebnis von Lavaströmen, die sich abkühlen und verfestigen. Wir wissen aus erster Hand, dass der Mond einst massive vulkanische Aktivität besessen hat. Wie dieser Mondvulkanismus aber genau ausgelöst wurde, ist noch unklar. Eine der gängigsten Theorien zur Entstehung der Mare und des Basalts besagt, dass der Mond in seiner frühen Geschichte einen ganzen Magma-Ozean besaß.
Gemäß dieser Theorie wurden durch den Einschlag großer Meteoriten Risse in der Mondkruste verursacht, wodurch geschmolzenes Magma an die Oberfläche gelangen konnte. Dieses Magma bildete dann die Basaltflüsse, füllte die Krater und die Mare entstanden.
Thorium auf dem Mond
Vielleicht ist der Mondvulkanismus aber gar kein Schnee von gestern, denn was Wissenschaftler nun entdeckt haben, ist wirklich erstaunlich. Anhand der Daten der chinesischen Mondsatelliten Chang’e 1 and Chang’e haben Wissenschaftler herausgefunden, dass ungewöhnliche Wärmeemissionen auf der Rückseite des Mondes abgestrahlt werden. Dass diese Region speziell ist, wusste man schon länger, deswegen hat sie auch einen sehr speziellen Namen, nämlich Compton-Belkovich-Thoriumanomalie. In diesem Gebiet herrscht eine hohe Konzentration des schwach radioaktiven Elements Thorium und diese erhöhte Strahlung konnte man bereits 1998 mit der NASA-Sonde Lunar Prospector feststellen.

Astronomen glauben, dass es auf der Rückseite des Mondes noch länger Vulkanismus gab. Während er auf der erdzugewandten Seite tatsächlich vor ein paar Milliarden Jahren aufhörte, kam es auf der erdabgewandten Seite wohl noch vor einer Milliarde Jahre zu heftigen Lavaströmen und Ausbrüchen, einer davon formte die Compton-Belkovich-Thoriumanomalie.
Hitze auf dem Mond
Doch die chinesischen Mondsatelliten haben nun neben der Strahlungsanomalie auch noch eine Hitzeanomalie entdeckt. Sie entdeckten eine anomale Wärme, die etwa 20-mal höher ist als der Durchschnitt für das Mondhochland. Was verbirgt sich bloß hier und erzeugt Hitze? Ist es wie in dem Film Moonfall, in dem der Mond in Wahrheit eine Alien-Raumstation ist? Oder haben wir hier eine gigantische Wärmepumpe entdeckt? Der beteiligte Forscher Matthew Siegler sagt: „Wir fanden heraus, dass der so genannte Compton-Belkovich-Vulkan im Mikrowellenbereich am Glühen ist. Das bedeutet, dass er heiß ist, nicht unbedingt an der Oberfläche, wie man es im Infrarot sehen würde, sondern unter der Oberfläche.”

Unter der Compton-Belkovich-Anomalie versteckt sich also eine bislang unbekannte, gigantische Wärmequelle. Die wahre Erklärung dafür ist wohl… Granit. Analysen dieser Hitzequelle deuten darauf hin, dass es sich um eine tief vergrabene, riesige Masse aus erstarrtem Magma handelt, die vor etwa 3,5 Milliarden Jahren abgelagert wurde. Magma breitet sich aus, verdrängt das bestehende Gestein, kühlt dann irgendwann ab und bildet dann einen gigantischen unterirdischen Blob. Geowissenschafts-Amateure verwenden statt des höchstwissenschaftlichen Fachbegriffs Blob auch das Wort Batholith für eine sehr große unterirdische Ansammlung von magmatischen Gesteinen. Auf der Erde sehen wir sowas recht häufig in vulkanischen Gebieten, aber auf dem Mond hatte man sowas bislang noch nie entdeckt.
Matthew Siegler sagt: „Batholithen sind viel größer als die Vulkane, die sie an der Oberfläche speisen. Die Berge der Sierra Nevada zum Beispiel sind ein Batholith, der von einer Vulkankette im Westen der Vereinigten Staaten übriggeblieben ist, die vor langer Zeit existierte.”
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Also die geheimnisvolle Wärmequelle ist ein gigantischer Granit-Batholit, ein Zeitzeuge des vergangenen Vulkanismus, der immer noch Hitze ausstrahlt. Dieser Granit-Blob ist super interessant, denn soweit wir von der Erde wissen, braucht es für die Entstehung von Granit sehr viel Wasser. Und für die nun entdeckte Granit-Ansammlungen, die wohl einen Durchmesser von 50 Kilometern hat, bräuchte es sehr viel Wasser. Ohne Wasser wäre die Entstehung dieser Anomalie nur durch absolut extreme Bedingungen möglich wie extreme Hitze und mächtige geologische Prozesse wie Plattentektonik, die es aber auf dem Mond auch nicht gibt. Mit anderen Worten: Der Fund des Granitpfropfens, dieser Hitze-Anomalie, ist ein starkes Indiz dafür, dass es auf dem Mond, zumindest im Inneren, mal immense Mengen Wasser gab.
Matthew Siegler fasst es gut zusammen: „Wenn man kein Wasser hat, braucht man extreme Situationen, um Granit zu bilden. Hier ist also ein System ohne Wasser und ohne Plattentektonik – aber es gibt Granit. Gab es Wasser auf dem Mond – zumindest an dieser einen Stelle? Oder war es nur besonders heiß?”
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