Auf dem Neptun, dem am weitesten entfernten Planeten unseres Sonnensystems, geht etwas extrem Merkwürdiges vor sich. Entgegen jeglicher Prognosen fallen die Temperaturen dort drastisch! Welche mysteriöse Kraft bringt den Neptun zum frieren?
Der Neptun ist für uns eine mysteriöse weit entfernte Welt. Der äußerste Planet unseres Sonnensystems befindet sich im Schnitt 4,5 Milliarden Kilometer von der Sonne entfernt und wurde erst von einer einzigen Raumsonde besucht, der Voyager 2. Das ist bereits viele Jahre her. Voyager 2 untersuchte ihn im Jahr 1989. Seit mehr als 30 Jahren hat man den Neptun nicht mehr mit einer Raumsonde besucht. Doch diese Untersuchung damals hat sich gelohnt, denn Voyager 2 entdeckte einen riesigen Sturm auf dem Neptun, den sogenannten Great Dark Spot. Außerdem machte ein vorher unbekanntes Ringsystem ausfindig. Man bestimmte erstmalig die genaue Länge eines Neptuntags – 16 Stunden und 7 Minuten – und man fand Polarlichter auf dem Neptun, die wesentlich komplexer als die auf der Erde sind. Mit anderen Worten: Fast all die spannenden Informationen, die wir über den Neptun wissen, sind über 30 Jahre alt.
Der Neptun wird kälter
Nun hat man aber etwas Neues über den Neptun herausgefunden und das ist fast unerklärlich: Auf dem Neptun wird es kälter und kälter. Seltsam, oder? Auch auf dem Neptun gibt es Jahreszeiten. Die dauern jeweils circa 40 Erdenjahre. Für einen kompletten Umlauf um die Sonne benötigt der Neptun 165 Erdenjahre. 40 Jahre Sommer. Das klingt doch super – auch wenn der Sommer auf dem Neptun nicht ganz so angenehme Temperaturen von ungefähr minus 200 Grad bietet. Hier passt der alte Song von Rudi Carrell: Wann wird’s mal wieder richtig Sommer? Vor allem weil es mysteriöserweise immer kälter wird auf dem Neptun, obwohl gerade neptunischer Sommer herrscht.
Eine neue Studie, in der Beobachtungen der Temperatur des Neptuns aus 17 Jahren zusammengetragen wurden, zeigt: Es gibt einen global gemittelten Rückgang von etwa 8 Grad Celsius zwischen 2003 und 2018, der durch einen deutlichen Rückgang der atmosphärischen Strahlung des Neptun ab dem Jahre 2003 belegt wird. Der Planetenforscher Michael Roman von der University of Leicester in Großbritannien sagt: “Diese Veränderung war unerwartet. Da wir Neptun während seines südlichen Frühsommers beobachtet haben, haben wir erwartet, dass die Temperaturen langsam wärmer werden, nicht kälter.”

Warum wird der Neptun kälter?
Was ist verantwortlich für den neptunischen Klimawandel? Wie konnte man das überhaupt herausfinden, wenn es seit 30 Jahren keine Raumsonde gab, die den Neptun besucht hat? Das ist durch leistungsfähige erdgebundene Teleskope möglich wie etwa das VLT Imager and Spectrometer for mid-Infrared-Teleskop, kurz VISIR-Teleskop, das am Very Large Telescope der Europäischen Südsternwarte in Chile installiert ist und das anhand der Emission von Infrarotlicht eines Himmelskörper dessen Temperatur bestimmen kann. Das Forscherteam um Michael Roman analysierte die Daten, die das VISIR-Teleskop über Jahre gesammelt hatte und zusätzlich auch noch Ergebnisse des Spitzer-Weltraumteleskops der NASA. Herauskam die detaillierteste Studie zu Temperaturmessungen auf dem Neptun, die jemals erstellt wurde. So fand man die Temperaturveränderung heraus. Bleibt nur die Frage, wie die Absenkung der Temperatur mitten im Sommer zu erklären ist. So genau weiß das niemand, aber es muss wohl etwas mit Prozessen in der Neptunatmosphäre zu tun haben.

In der Studie heißt es: “Während Methan das Sonnenlicht absorbiert und die Atmosphäre erwärmt, sind photochemisch erzeugte Kohlenwasserstoffe – vor allem Ethan und Acetylen – starke Infrarotstrahler, die die Stratosphäre abkühlen.” Anders gesagt: Wenn sich die Menge der photochemischen Kohlenwasserstoffe verändert, dann wird mehr im Infrarotbereich abgestrahlt und ein Planet wird kühler.
Ähnliche Prozesse hatte man auch schon auf dem Saturn beobachtet. Hier stellte man fest, dass das Zusammenspiel von Chemikalien in Wolken innerhalb der Atmosphäre deren Temperatur beeinflussen kann. Auf dem Neptun scheint es chemikalische Prozesse zu geben, die derart massiv sind, dass sie die Temperatur des gesamten Planeten beeinflussen. Aber was könnte solch heftige Reaktionen auslösen?
Beeinflusst der Great Dark Spot das Neptunwetter?
Eine Idee wäre, dass es etwas mit den riesigen Stürmen auf dem Neptun zu tun hat. Der Great Dark Spot war nur einer von sehr vielen Neptunstürmen. Er ist schon seit dem Jahre 1994 verschwunden, doch es bilden sich andauernd neue Stürme von unfassbarem Ausmaße. Diese Sturmentstehung auf dem Neptun ist noch sehr rätselhaft und kaum geklärt und es könnte sein, dass dadurch die chemikalischen Reaktionen in der Atmosphäre durcheinander gewirbelt werden und dies zu einer Abkühlung sogar im Sommer führen könnte.

Das Forscherteam der Uni Leicester hat noch eine weitere Idee: Auch die Sonneneinstrahlung könnte eine Überlegung wert sein. Denn die Sonne durchläuft mehrjährige Aktivitätszyklen und ist mal mehr und mal weniger aktiv. Die durch den Aktivitätszyklus der Sonne hervorgerufenen Strahlungsänderungen könnten in irgendeiner noch ungeklärten Weise photochemische Veränderungen in der Neptunatmosphäre auslösen, was wiederum die beobachteten Temperaturschwankungen erklären könnte. Aber das sind alles nur Hypothesen, die atmosphärischen Prozesse auf dem Neptun bleiben für uns vorerst ein großes Rätsel.

Fast um die Ecke vom Neptun: Der Plüsch-Saturn
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Und es wird noch verwirrender: Seit 2018 hat sich die Abkühlung auf dem Neptun umgekehrt und es wird schlagartig wieder wärmer. Die Temperatur schnappte innerhalb weniger Jahre zurück und ist im Schnitt um elf Grad gestiegen. Neptun durchlebt also derzeit ein absolutes Wechselbad der Gefühle. Michael Roman fasst es sehr gut zusammen und sagt: “Dies alles deutet auf ein komplizierteres Bild der Neptunatmosphäre hin und darauf, wie sie sich mit der Zeit verändert. Ich denke, dass Neptun für viele von uns so faszinierend ist, weil wir noch so wenig über ihn wissen.”
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