Direkt neben uns, in unserem Nachbarsternsystem, haben Forscher einen neuen faszinierenden Exoplaneten entdeckt.
Unsere Sonne ist nur einer von mehreren hundert Milliarden Sternen in der Milchstraße. Fast jeder Punkt, den wir in der Nacht am Himmel sehen, ist eine andere weit entfernte Sonne. Der nächste Stern an uns dran innerhalb unserer Galaxis heißt Proxima Centauri. Er ist Teil eines Dreifachsternsystems mit dem Namen Alpha Centauri – ein Umstand, der ab und an für etwas Verwirrung sorgt. Denn das System Alpha Centauri besteht aus den drei Sternen Alpha Centauri A, Alpha Centauri B und Proxima Centauri und der ist von diesen drei Sternen mit einem Abstand von 4,2 Lichtjahren eben am nächsten an unserem Sonnensystem gelegen.

Um Proxima Centauri drehen sich Planeten und einer davon, Proxima b, ist ein erdähnlicher Planet, der sich in der sogenannten habitablen Zone befindet – die Bedingungen, die dort herrschen, ermöglichen also grundsätzlich flüssiges Wasser und Sauerstoff. Der nächste Exoplanet könnte also eine zweite Erde sein und Leben beherbergen. Wenn das mal kein unglaublicher kosmischer Zufall ist! Und nun haben Forscher einen weiteren Planeten um Proxima Centauri entdeckt, den sie auf den kreativen Namen Proxima Centauri d getauft haben. Proxima d ist ein überaus erstaunlicher Planet, denn er benötigt für einen Umlauf um seinen Stern nur fünf Tage – ein Jahr auf Proxima d dauert 5 Erdentage, er ist also ganz schön schnell unterwegs und dementsprechend ist er auch sehr nah an seinem Stern dran, nämlich nur vier Millionen Kilometer. Das entspricht etwa einem Zehntel des Abstands vom Merkur zur Sonne.
Allerdings ist Proxima Centauri ein roter Zwergstern und daher kleiner und weniger heiß als unsere Sonne. Auf Proxima d werden daher trotz der Nähe zu seinem Stern im Schnitt nur Temperaturen von 86 Grad erreicht. Der Planet ist auch sehr klein und leicht und besitzt nur etwa ein Viertel der Erdmasse. Ob es auf dem neu entdeckten Exoplaneten Leben geben könnte, ist nicht bekannt, aber angesichts der Temperaturen erscheint es eher unwahrscheinlich. Andererseits: Wer weiß schon, unter welchen Bedingungen außerirdisches Leben gedeihen kann?

Wie konnten die Forscher einen derart kleinen Planeten, der so nah an seinem Stern ist, überhaupt entdecken? Auf die Spur brachte sie ein verdächtiges Signal, das vor zwei Jahren bei Spektralmessungen mit dem ESPRESSO-Spektrografen am Very Large Telescope in Chile aufgefallen war. ESPRESSO steht für Echelle Spectrograph for Rocky Exoplanet and Stable Spectroscopic Observations und für den Spektrografen wird das Licht aller vier Acht-Meter-Hauptteleskope des Very Large Telescope kombiniert um dann spezielle Gitter für die Erzeugung von Spektren zu nutzen. Mit Hilfe des ESPRESSO-Spektrografen konnten leichte Unregelmäßigkeiten in der Bewegung von Proxima Centauri nachgewiesen werden. Solche Unregelmäßigkeiten können bedeuten, dass ein Planet den Stern minimal durch seine Schwerkraft anzieht. Denn nicht nur Sterne ziehen ihre Planeten an, sondern auch umgekehrt Planeten ihre Sterne, wenn auch wesentlich schwächer. Den Nachweis eines Exoplaneten durch die Schwerkraftwirkung auf seinen Stern bezeichnet man als Radialgeschwindigkeitstechnik. Und dass die Forscher mit dieser Technik einen so kleinen Planeten nachweisen konnten, ist sensationell, denn Proxima d sorgt durch seine Schwerkraft bei seinem Stern für eine Bewegung im Zentimeter-Bereich. Die Forscher konnten auf fast vier Lichtjahre Entfernung eine Veränderung von knapp vierzig Zentimeter messen. Pedro Figueira von der Europäischen Südsternwarte sagt:
„Das zeigt, dass die Radialgeschwindigkeitstechnik das Potenzial hat, leichte Planeten wie unseren eigenen zu entdecken, die vermutlich die häufigsten in unserer Galaxie sind und die möglicherweise Leben, wie wir es kennen, beherbergen können.“
– Pedro Figueira
Besonders knifflig war die Entdeckung über die Radialgeschwindigkeitsmethode, da die Unregelmäßigkeiten in der Bewegung von Proxima Centauri auch auf eine andere Ursache hätten zurückzuführen sein können. Denn Proxima Centauri ist unfassbar aktiv und schleudert permanent heftige Sternenwinde ins All. Diese Ausbrüche sind auch der Grund dafür, dass viele Astronomen Leben auf den Planeten in dem System für unmöglich halten, dieses Leben könnte nämlich permanent durch heftige Sternenstürme ausgelöscht werden.

Ein wenig Hoffnung für Leben auf den Proxima-Centauri-Planeten gibt es aber doch, denn letztes Jahr fanden Forscher heraus, dass diese Sternenausbrüche meist in Richtung Nord- und Südpol von Proxima Centauri erfolgen und nicht Richtung Planeten. Durch 117 Spektralmessungen der Radialgeschwindigkeit mit dem ESPRESSO-Spektrografen konnten die Forscher letztlich ausschließen, dass die Unregelmäßigkeiten durch die Ausbrüche erzeugt werden und beweisen, dass ein Exoplanet die Ursache ist. Der beteiligte Forscher João Faria vom Institut für Astrophysik und Weltraumforschung in Portugal sagt:
“Die Entdeckung zeigt, dass unser nächster stellarer Nachbar voller interessanter neuer Welten zu sein scheint, die in Reichweite weiterer Studien und zukünftiger Erkundungen liegen.”
João Faria
Noch mehr Informationen über unseren neuen Nachbar-Exoplaneten gibt es in diesem Video: