Am 16. Juli 1994 hielt die Welt den Atem an. Forscher aus aller Herren Länder starrten gebannt auf die Bildschirme und beobachteten die größte Explosion, die jemals in unserem Sonnensystem aufgezeichnet wurde. Der Komet Shoemaker-Levy 9 war in den Jupiter eingeschlagen und hat dabei die Energie von 50 Millionen Hiroshima-Bomben freigesetzt!
Lasst uns den Beitrag mit der Liebesgeschichte zwischen Carolyn und Eugene beginnen, die alles andere als ein klassisches Liebespaar waren. Sie saßen nicht abends auf der Couch und pafften Pfeife und schauten gelangweilt die Nachrichten oder wühlten an Sonntagen in Beeten herum und schlürften dabei Prosecco. Nein, die beiden haben ihr Eheleben etwas anders gestaltet. Sie widmeten ihre gesamte Zeit und Energie dem Himmel.
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Sie eine renommierte Planetenforscherin, die rund 800 Asteroiden entdeckte, er bekannter Geologe und Planetologe, der unter anderem an der Entwicklung der Apollo-Mission beteiligt war. Beide waren super erfolgreich in dem, was sie taten und trugen wesentlich zur Erforschung unseres Sonnensystems bei.
Das Treffen der Shoemakers und Levy
Als die beiden am weltweit bekannten Palomar Observatorium in Kalifornien so in die Sterne guckten, lernten sie eines Tages David Levy kennen, der zu der Zeit als Astronom arbeitete und den Himmel nach Kometen und Asteroiden absuchte und bei einer Astronomischen Tagung in Arizona einen Vortrag über seine Arbeit hielt. Das Ehepaar hörte diesen Vortrag und lud den Astronomen ins Palomar Observatory ein. Hieraus hätte sich jetzt natürlich eine super GZSZ-geeignete Story mit Dreiecksbeziehungen, Eifersüchteleien und am Ende Mord und Totschlag entwickeln können, aber wie gesagt, widmete das Ehepaar ihre Energie lieber den Sternen.
Das Ehepaar und Herr Levy trafen sich also im Observatorium wieder und entschieden sich dazu, in einem gemeinsamen Projekt den Himmel nach Kometen abzuscannen. Seitdem arbeitete Levy mit den Shoemakers zusammen und eines Tages ist ihnen ein richtiger dicker Fang ins Netz gegangen. Am 24. März 1993 bemerkten die Forscher etwas ungewöhnliches auf ihren Bildschirmen. Nach mehreren Untersuchungen stellten sie fest, dass sie einen Kometen in der Nähe des Jupiters aufgenommen hatten, der aufgrund der extremen Gravitation des Planeten in 21 Teile zerbrochen war und sich auf einer sehr ungewöhnlichen Umlaufbahn um den Planeten befand.
Ein seltsamer Komet namens Shoemaker-Levy 9
Den schlauen Füchsen unter euch fallen jetzt schon zwei ungewöhnliche Sachen auf: Erstens, der Komet bewegt sich nicht wie andere Kometen um die Sonne, sondern fliegt in einem sehr elliptischen Orbit um den Jupiter herum. Der Jupiter ist so schwer, dass er einfach mal andere Objekte von ihren Umlaufbahnen ziehen und sie dazu zwingen kann, sich um ihn selbst zu drehen. Tatsächlich sind viele seiner Monde eingefangene Asteroiden, die eigentlich anderes vorhatten und nun verdammt dazu sind, sich auf ewig um den Gasriesen zu drehen.
Und der zweite außergewöhnliche Fakt ist, dass der Komet aufgrund der Gravitationswirkung des Jupiters in einzelne Teile zerbrochen ist. Die seltsame Umlaufbahn und die Fragmentierung eines Kometen sind schon sehr seltsame Eigenschaften. Allein deswegen lohnte sich schon eine weitere Dokumentation der Flugbahn und was die drei Forscher dann entdeckten, war wirklich einmalig: Der Komet sollte mit dem Jupiter kollidieren! Ihr mögt jetzt vielleicht sagen: Ja jut, da schlägt halt son Krümel in die Wolken von nem Planeten ein, is mir doch ejal, dat passiert doch dauernd!
Ja, das stimmt, auch auf der Erde schlagen täglich Steinchen aus dem Weltall ein – und zwar nicht wenige, sondern echt viele. Aber es war eben auch das erste Mal, dass Astronomen einen Kometen entdeckten, der auf eine Kollision mit einem anderen Planeten zusteuerte. Der Impakt von diesem Kometen, den die Forscher übrigens Shoemaker-Levy 9 nannten, ist aber aus vielen Gründen von besonderem Interesse für uns und nein, es geht nicht darum, dass sich diverse Regisseure wie Michael Bay von so einem Impakt-Szenario für ihren nächsten Hollywood-Streifen haben inspirieren lassen, wobei ich sagen muss, dass Armageddon echt ein hervorragender Film ist und Bruce Willis nie besser performt hat als ein Asteroiden sprengender Bohrmeister.
Jupiter im Fokus
Aber zurück zu unserem Kometen. Nachdem bekannt wurde, was mit dem Kometen los war, wurden Teleskope auf der ganzen Welt und auch im All auf den Jupiter ausgerichtet. Das war ein richtiger Promi-Moment für den Gasriesen, so viel Aufmerksamkeit hat er bis dahin noch nie bekommen. Sogar mehrere Raumsonden richteten ihre Antennen in Richtung Jupiter. Die Galileo-Sonde etwa befand sich zufälligerweise grad um die Ecke und konnte den Kometen aus nächster Nähe beobachten, die Ulysses-Sonde und auch Hubble und Voyager 2 ließen sich das Spektakel natürlich nicht entgehen. Ein bisschen wie wenn Helene Fischer auf den Poller Wiesen in Köln performen würde. Nur, dass die Auswirkungen eines Konzerts mit ihr bei weitem nicht so drastisch sind wie die eines Kometeneinschlags. Wobei…

Also, wie gesagt, alle Augen starrten dann ab dem 16. Juli 1994 nach oben und jeder wartete gebannt darauf, was passierte. Und das Ergebnis war wirklich atemberaubend. Als die Fragmente des Kometen auf den Jupiter aufprallten, entstanden massive Explosionen in der Atmosphäre. Und massiv ist ehrlich gesagt noch untertrieben, es gibt kein Wort, dass diese Explosionen nur annähernd beschreiben könnte.
Größte Explosion im Sonnensystem
Die Einschläge waren so energiereich, dass die Teleskope auf der Erde sie locker beobachten konnten, Shoemaker-Levy 9 raste mit einer unfassbaren Geschwindigkeit auf den Planeten zu, mit rund 216.000 Kilometer pro Stunde. Die Fragmente prallten super schnell auf die Wolkenschichten ein und setzten dabei Energie von nicht nur einer Hiroshima-Bombe frei, nicht zwei, nicht zehn, sondern von 50 Millionen Hiroshima-Bomben. Ein Aufprall eines solchen Kometen auf der Erde würde zweifelsfrei zur Auslöschung aller Spezies auf der Erde führen. Außer Bärtierchen. Bärtierchen überleben immer.
Wir haben es hier also mit der größten jemals beobachteten Explosion im Sonnensystem zu tun. Manche Fragmente des Kometen waren zwei Kilometer groß und erzeugten Einschlagkrater in den Wolken, die so groß wie die Erde waren. Riesige Feuerbälle entstanden und schockartige Druckwellen überzogen den Planeten und verursachten massive Störungen in der Atmosphäre, Blitzentladungen, Luftdruckschwankungen und einen Anstieg der Temperaturen auf 30.000 Grad. Schichten aus Gas und Staub wurden durch den Aufprall in die Höhe geschleudert und bildeten gigantische Trümmerwolken, die trotz der enorm hohen Anziehungskraft des Jupiters bis zu 3.000 Kilometer hoch barsten – also die gesamte Größe von Australien – das war wirklich überraschend, weil die Astronomen nicht wirklich damit gerechnet haben, solche Nachwehen der Explosion festhalten zu können.
Komet hinterlässt Löcher in der Jupiter-Atmosphäre
Diese Trümmerwolken stürzten wieder zurück und verglühten in der Atmosphäre. So ein Ereignis macht etwas mit einem, im Falle des Jupiters waren es Narben in Form von großen dunklen Löchern in der Atmosphäre, die noch monatelang von unseren Teleskopen wie zum Beispiel von Hubble zu sehen waren. Dadurch gewannen die Forscher wertvolle Informationen über die atmosphärischen Bedingungen und die geologischen Prozesse auf dem Jupiter.

Für sechs Tage lang war der arme Jupiter diesem enormen Bombardement der 21 Kometenfragmente ausgeliefert und die Forscher konnten vor allem nach dem Einschlag viele Daten und Informationen sammeln und mehr über die Eigenschaften der Atmosphäre von Jupiter, wie etwa die chemische Zusammensetzung, Temperatur oder Dichte erfahren.
Wasser auf Jupiter
Eine Erkenntnis war zum Beispiel, dass die Wolken, die durch den Einschlag entstanden waren, große Mengen an Schwefelverbindungen enthielten, es wurde ganz konkret Schwefelwasserstoff in den Wolken nachgewiesen, vor dem Einschlag war die genaue Menge und Verteilung davon nicht bekannt. Die Forscher konnten auch Silizium, Eisen und Magnesium nachweisen wie auch große Mengen an Wasser, womit wirklich niemand gerechnet hätte. Außerdem konnten die Forscher auch die Verteilung von Wasserdampf und Ammoniak in der Atmosphäre kartieren.
Aber die wohl wichtigste Erkenntnis lautet: Große Objekte aus dem All können jederzeit die Planeten in unserem Sonnensystem treffen, auch wenn der Jupiter scheinbar wie ein Magnet wirkt und alle großen Objekte im Sonnensystem erstmal anzieht und somit die Erde vielleicht sogar vor größeren Einschlägen beschützt. Aber trotzdem ist es kein Wunder, dass in den 90er Jahren der Fokus auf Planetenabwehr gerichtet wurde. Shoemaker Levy 9 war also so eine Art Weckruf für Hollywood-Größen aber auch für die NASA, die im Jahr 1998 das NEO-Programm ins Leben gerufen hat, eine Initiative, die sich auf die Entdeckung, Beobachtung und das Verständnis von Asteroiden und Kometen konzentriert, die sich in der Nähe der Erde befinden.
NEO-Programm zur Planetenverteidigung
Shoemaker-Levy 9 hat also allen nochmal die Bedrohung von potenziell gefährlichen Asteroiden und Kometen ins Bewusstsein gerufen. Mit dem NEO-Programm will die NASA besser vorhersagen können, welche Objekte der Erde wirklich gefährlich werden können und dann Maßnahmen ergreifen, um eine Kollision mit der Erde zu verhindern.
Hier kommt wieder Bruce Willis ins Spiel, denn so science-fiction-mäßig ist seine Aktion auf dem Asteroiden gar nicht. Die NASA hat sich verschiedene Ideen ausgedacht, um einen gefährlichen Asteroiden von der Bahn abzulenken. Möglich wäre es zum Beispiel, den Asteroiden mit einer Sonde zu treffen und durch die Schwerkraft der Sonde eine Bahnabweichung zu erzeugen, was die NASA schon erfolgreich getestet hat im Rahmen des DART-Programms. Oder aber man könnte den Asteroiden mit einem nuklearen Sprengsatz treffen, was natürlich etwas brachialer wäre. So oder so hat Shoemaker-Levy 9 die Forscherwelt aufgerüttelt und uns einige Erkenntnisse beschert über kosmische Einschläge und ihre Auswirkungen auf die Planeten.
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Vielen Dank lieber Astro -Tim für diesen spannenden Bericht . Es ist , als sei man dabeigewesen . War ich zwar nicht ich habe mir nur die DART – Mission von der NASA live im Internet angesehen . War auch ganz schön spannend ! 👩🏻🦳