Schwarzes Loch bricht aus Galaxie aus

Schwarzes Loch auf der Flucht

Ein Schwarzes Loch ist aus seiner Galaxie ausgebrochen! Wie konnte das passieren und stellen solche marodierenden Schwarzen Löcher eine Gefahr für uns da?

Schwarze Löcher sind unheimlich. Durch ihre immense Schwerkraft und massive Dichte entsteht ein Bereich, aus dem selbst mit Lichtgeschwindigkeit kein Entkommen mehr möglich wäre und niemand hat irgendeine Ahnung, was in diesem Bereich jenseits des Ereignishorizonts geschieht. Nun wird es noch beunruhigender, denn eines der Schwerkraftmonster ist auf freiem Fuß und rast unkontrolliert durch den Kosmos.

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Die Geschwindigkeit des Schwarzen Lochs bei dieser Flucht in die Freiheit ist so hoch, dass es die Distanz zwischen der Erde und dem Mond in nur 14 Minuten zurücklegen würde. Es begann alles mit einem Anfangsverdacht und zwar als Astronomie-Professor Pieter van Dokkum der Uni Yale sich eine Aufnahme des Hubble-Teleskops genauer ansah. Auf der Aufnahme war eine Art heller Streifen zu sehen. Er hielt dies für ein sogenanntes Artefakt in der Aufnahme, verursacht durch kosmische Strahlung.

Hubble-Aufnahme des Schwarzen Lochs und der Sternenspur (NASA, ESA, Pieter van Dokkum (Yale); Image Processing_ Joseph DePasquale (STScI))
Hubble-Aufnahme des Schwarzen Lochs und der Sternenspur (NASA, ESA, Pieter van Dokkum (Yale); Image Processing_ Joseph DePasquale (STScI))

Schwarzes Loch auf der Flucht

Als ein Forscherteam dann die Bildartefakte rausfilterte, war der Streifen immer noch zu sehen. Nach und nach kam raus: Was hier für einen Bildfehler gehalten wurde, ist eine der spannendsten Entdeckungen seit langem. Ein schweres Schwarzes Loch, herausgeschleudert aus seiner Galaxie, das einen Schweif von neu entstehenden Sternen hinter sich herzieht. Wow. 

Wir haben bereits eine Aufnahme des Verdächtigen und wissen dadurch auch einiges über ihn. Dieses Schwarze Loch auf der Flucht wiegt wohl etwa 20 Millionen Sonnenmassen, damit ist es mehr als viermal schwerer als das zentrale Schwarze Loch unserer Galaxis, Sagittarius A*. Bei dieser Masse können wir also wirklich sagen, dass wir es hier mit einem – und jetzt passt auf – SCHWERverbrecher zu tun haben. Können wir auch den Tathergang rekonstruieren? Was würde Sherlock Holmes schlussfolgern, wenn er das sehen würde… und Physik studiert hätte? Ein Schwarzes Loch außerhalb seiner Galaxie, eine Spur von jungen Sternen zwischen ihm und seiner Wirtsgalaxie… hier wurde eindeutig das Schwarze Loch durch eine Kollision mit vermutlich ein oder zwei anderen Sterneninseln aus seiner Galaxie herausgeschleudert. 

Schwarzes Loch, Weißes Loch, Astro-Tim

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Galaxienkollision als Grund

Und das Team um Professor Dokkum geht davon aus, dass es hier zu einer wirklich seltenen und bizarren Dreifachkollision kam. Denn wenn zwei Schwarze Löcher kollidieren, etwa wenn zwei Galaxien miteinander verschmelzen, dann vereinen sie sich in der Regel zu einem noch schwereren Schwarzen Loch. Wenn aber drei Schwarze Löcher sich treffen, dann kann es passieren, dass eines herausgeschleudert wird. 

Künstlerische Darstellung des fliehenden Schwarzen Lochs (NASA, ESA, Leah Hustak (STScI))
Künstlerische Darstellung des fliehenden Schwarzen Lochs (NASA, ESA, Leah Hustak (STScI))

Aber woher kommt die Spur an jungen Sternen, die das Schwarze Loch hinter sich zurücklässt? Als das Schwarze Loch aus der Galaxie herausmarodierte, riss es natürlich jede Menge Gas mit heraus und es bewegte sich auch durch die wasserstoffhaltigen Außenbereiche der Galaxie, dem sogenannten Halo. Viel Gas wurde dabei in den gravitativen Schlund des Schwarzen Lochs gesogen, aber durch die immense Geschwindigkeit wurden auch große Wasserstoffareale einfach durch das Schwarze Loch zusammengequetscht. Und wenn man genügend Wasserstoff zusammenquetscht, erhält man einen Stern. 

Schwarzes Loch hat 200.000 Lichtjahre großes Sternenband

Unser Tatverdächtiger hat bei seiner Flucht vom Tatort also sehr viele Spuren hinterlassen, eine Spur von komprimierten Wasserstoff, aus dem neuen Baby-Sterne entstanden. Und die Indizienkette hier ist wirklich lang, das Band aus Sternen, das das Schwarze Loch hinter sich herzieht, erstreckt sich über 200.000 Lichtjahre! Damit ist es in etwa so groß wie unsere gesamte Galaxis, die Milchstraße. Professor van Dokkum sagt: “Das Gas vor dem Schwarzen Loch wird durch den Überschallstoß des Schwarzen Lochs, das sich mit sehr hoher Geschwindigkeit durch das Gas bewegt, erschüttert. Wie das genau funktioniert, ist aber nicht wirklich bekannt. Es ist reiner Zufall, dass wir darüber gestolpert sind.”

Um den Fall abzuschließen, brauchen wir aber noch mehr handfeste Beweise. Und da kommt das James-Webb-Teleskop ins Spiel, das sich das runaway Black hole, wie die NASA es nennt, in der nahen Zukunft mal genauer anschauen soll. Dann wird es vor allem interessant zu sehen, ob sich unsere Hypothese mit der Dreierkollision der Schwarzen Löcher bestätigen lässt. Eins steht jedenfalls fest: Wir sind vor dem Übeltäter sicher, denn das ganze Geschehen spielte sich in einer Entfernung von 7,5 Milliarden Lichtjahren ab. Dieses Schwarze Loch wird also nicht in die Nähe unseres Sonnensystems kommen, aber das Wissen um die grundsätzliche Existenz von Schwarzen Löchern kann einen natürlich ein wenig beunruhigen…

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Gasblase fliegt um Schwarzes Loch

Künstlerische Darstellung eines Schwarzen Lochs

Eine Gasblase bewegt sich um das Schwarze Loch im Zentrum unserer Milchstraße – und zwar mit rund einem Drittel der Lichtgeschwindigkeit. Was hat es damit auf sich?

Eine Gasblase rast mit einer wahnsinnigen Geschwindigkeit um das Schwarze Loch. Bevor wir uns anschauen, was es damit auf sich hat, springen wir kurz in der Zeit zurück. Vor vier Monaten ist etwas wirklich Galaktisches geschehen. Die erste Aufnahme vom zentralen Schwarzen Loch unserer Galaxis wurde veröffentlicht. Unten seht Ihr das Foto von dem supermassiven Schwarzen Loch im Zentrum der Galaxis, Sagittarius A*. Die helle Akkretionsscheibe aus Material, das von der Schwerkraft des Schwarzen Lochs erfasst wird, ist sehr gut zu erkennen.

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Sagitarrius A* ist ein echtes Schwergewicht und besitzt knapp vier Millionen Sonnenmassen. Wie Ihr sicherlich wisst, beeinflusst die Masse eines Objekts die Raumzeit. Sie wird verformt wie ein Trampolin, auf dem sich ein schweres Objekt befindet. Im Umkreis eines solchen Schwerkraftmonsters wie Sagittarius A* verhält sich die Raumzeit sehr bizarr. 

Foto vom Schwarzen Loch Sagittarius A*
Das erste Foto von einem Schwarzen Loch: Sagittarius A* und die Akkretionsscheibe

90.000 km/s schnelle Gasblase

Dazu passt der Fund, den Astronomen im Umkreis dieses Schwarzen Lochs gemacht haben. Sie entdeckten etwas, das mit einer hohen Geschwindigkeit um den Schlund von Sagittarius A* rast – und zwar mit rund 30 Prozent der Lichtgeschwindigkeit. Das sind umgerechnet knapp 90.000 Kilometer pro Sekunde. 

Um was für eine mysteriöse Struktur könnte es sich hier handeln? Der Astrophysiker Maciek Wielgus vom Max-Planck-Institut für Radioastronomie sagt: “Wir glauben, dass wir es mit einer heißen Gasblase zu tun haben, die Sagittarius A* auf einer Bahn umkreist, die der des Planeten Merkur ähnelt, aber in nur etwa 70 Minuten eine volle Schleife macht.”

schneller als der Merkur

Es geht also ganz konkret um eine Gasblase, die mit einem Bruchteil der Lichtgeschwindigkeit um ein supermassives Schwarzes Loch kreist. Zum Vergleich können wir uns den Merkur anschauen. Der Planet umkreist die Sonne in derselben Entfernung wie die Gasblase das Schwarze Loch. Der Merkur fliegt auf seiner Bahn mit einer Geschwindigkeit von knapp 50 Kilometern pro Sekunde. Das ist 1.800 mal langsamer als die Geschwindigkeit der Gasblase. Aber was ist denn diese Gasblase eigentlich genau und wie entsteht sie?

Dass es in der Nähe des Schwarzen Lochs solche Gasansammlungen gibt, ist nicht ungewöhnlich. Wie wir schon auf der Aufnahme von Sagittarius A* gesehen haben, bilden sich um Schwarze Löcher Akkretionsscheiben, in denen alles mögliche herumgewirbelt wird, was dem Schwarzen Loch zu Nahe kam. Gas, Staub, Licht, Planeten, Sterne und so weiter. Diese Gasblase scheint aber speziell zu sein. 

Flares am Schwarzen Loch ließen Gasblase entstehen

An der Erstellung der ersten Aufnahme von Sagittarius A* war unter anderem das ALMA-Radioteleskop in Chile beteiligt. Als die Forscher dessen Daten isoliert ausgewertet haben, entdeckten sie im Radiobereich, dass Sagittarius A* im Jahre 2017 ein wenig Flatulenzen hatte. Es spuckte einen sogenannten Flare aus, eine Eruption, die meistens durch vorbeiziehende Objekte getriggert wird. Man geht davon aus, dass solche Flares das Ergebnis der Wechselwirkung von heißem Gas mit einem Magnetfeld im Bereich des Schwarzen Lochs sind. 

Darstellung von der NASA von Flares aus einem Schwarzen Loch
Flares: Heiße Gasausbrüche aus einem Schwarzen Loch

Die Forscher bemerkten, dass das heiße Gas stark polarisiertes Licht aussendete, das die Signatur der Synchrotronbeschleunigung aufwies – beides tritt in Gegenwart eines starken Magnetfeldes auf. Man kennt das von der Erde von einigen Teilchenbeschleunigern. In denen befinden sich die Teilchen auf einer Kreisbahn, in die sie durch magnetische Felder gezwungen werden, und in denen bei der Bewegung die Magnetfeldstärke synchron mit der Teilchenenergie erhöht wird – deswegen Synchrotron. Daher wusste man, dass der Gasblob sich so verhält, als hätte ihn ein starkes Magnetfeld beeinflusst. Quasi ein Synchrotronteilchenbeschleuniger, den niemand künstlich erschaffen hat, sondern der auf natürlichem Wege um Sagittarius A* entstanden ist, da Schwarze Löcher oftmals eben gewaltige Magnetfelder aufweisen. 

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Maciek Wielgus sagt: “Was wirklich neu ist, ist, dass solche Flares bisher nur in Röntgen- und Infrarotbeobachtungen von Sagittarius A* deutlich zu sehen waren. Hier sehen wir zum ersten Mal einen sehr starken Hinweis darauf, dass umlaufende Hot Spots auch in Radiobeobachtungen vorhanden sind.”

Wird die Bubble vom Schwarzen Loch verschluckt?

Sagittarius A* erschafft durch seinen Magnetismus also eine festgelegte Kreisbahn, in der die Objekte innerhalb der Akkretionsscheibe gezwungen sind, mit immenser Geschwindigkeit immer und immer weiter zu rotieren. Ob der Gasblob irgendwann verschluckt wird, also sich über den Ereignishorizont bewegt, die Grenze, hinter der selbst Lichtgeschwindigkeit nicht mehr entkommen, ist nicht klar. Denn es gibt ein böses Vorurteil über Schwarze Löcher, nämlich dass sie alles verschlucken, egal wie groß, egal wie weit weg. Dabei haben auch Schwarze Löcher eine bestimmte Schwerkraft und wenn man den richtigen Abstand hält, kann man einen stabilen Orbit um ein Schwarzes Loch halten. Es ist sogar denkbar, dass es Planeten gibt, die um ein Schwarzes Loch orbitieren, so wie unsere Erde um die Sonne. Und die wird ja schließlich auch nicht von der Sonne eingesogen. Solche Planeten bezeichnet man als Blanets, ein Kofferwort aus Planet und Black Hole. 

Szene aus dem Film Interstellar mit dem Schwarzen Loch
Schwerkraftmonster: Das Schwarze Loch Gargantua aus dem Film Interstellar

Besonders gut dargestellt wird das im Science-Fiction-Film Interstellar, auf dem die Protagonisten gleich mehrere solcher Blanets besuchen, die um das Schwarze Loch Gargantua kreisen. Jedenfalls könnte es sein, dass die heiße Gasblase sich wie ein Blanet stabil um Sagittarius A* dreht, da sie durch das Magnetfeld in eine feste Kreisbahn gezwungen wird. In dem Fall wird sie sich noch für sehr lange Zeit weiter bewegen – ein wenig wie ein Uhrzeiger. Nur dass sie nicht wie eine normale Uhr 60 Minuten für eine Umdrehung braucht, sondern 70. Und dass die Uhr nicht gerade an die Wand passen würde, sondern so groß ist wie die Merkurbahn. 

Ihr wollt mehr über dieses Thema erfahren? Dann schaut direkt mal in das Video von Astro-Tim rein:

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