Amateur-Astronomen haben einen seltsamen Nebel neben der Andromeda-Galaxie entdeckt. Forscher sind sich uneinig, wozu dieser Nebel gehört.
Die Andromeda-Galaxie ist die Nachbargalaxie der Milchstraße und eines der wenigen extragalaktischen Objekte, das man mit bloßem Auge am Nachthimmel sehen kann. Sie ist 2,5 Millionen Lichtjahre entfernt, das ist selbst in galaktischen Maßstäben viel. Und trotzdem brauchen wir kein Teleskop, um uns an ihrer Schönheit zu erfreuen.
Man geht davon aus, dass sie mindestens doppelt so viele Sterne enthält wie die Milchstraße, viele Astronomen sprechen sogar von mindestens 400 Milliarden und maximal bis zu einer Billion Sternsystemen. Bis zu eine Billion Systeme mit Planeten, Monden, Zwergplaneten und allem drum und dran – wie viele Alien-Spezies mag es da wohl in der Andromeda-Galaxie geben? Sicherlich eine ganze Menge, aber wir werden wohl niemals dorthin reisen, um das zu prüfen. Wir können noch nicht mal unsere eigene Galaxis durchstreifen.
Relevanz der Amateur-Astronomie
Der Gedanke, dass es da draußen so viel Faszinierendes gibt, das wir niemals sehen werden, kann einen schon deprimieren. Umso schöner ist es aber, dass Objekte wie die Andromeda-Galaxie schon mit Amateurteleskopen gut ins Visier genommen werden können. Wie wichtig Amateur-Astronomie ist, sehen wir an der aktuellen Entwicklung: Französische Hobby-Himmelsbeobachter haben ein gigantisches, bisher unbekanntes Objekt in der Nähe der Andromeda-Galaxie entdeckt.
Die unten stehende Aufnahme zeigt die Andromeda-Galaxie. In ihrer Nähe liegt scheinbar ein Emissionsnebel, der sich über die halbe Breite der Galaxie erstreckt. Es könnte sich um einen riesigen stellaren Strom aus Helium, Wasserstoff und jungen Sternen handeln, der mit der Andromeda-Galaxie interagiert oder sogar noch in ihrem Halo, also in ihrer galaktischen Hülle liegt.

Andromeda: das Strottner-Drechsler-Sainty-Objekt 1
Um diesen Nebel ranken sich noch sehr viele Mysterien, die die Astronomen verwirren und die wir uns hier genauer anschauen. Aber erstmal klären wir, wie es überhaupt möglich ist, dass Amateur-Astronomen ein solch gigantisches Objekt entdecken und es den Profi-Astronomen und teuersten Teleskopen der Welt bislang verborgen geblieben ist. Entdeckt wurde der Nebel von den Amateur-Astronomen Yann Sainty, Xavier Strottner und Marcel Drechsler. Sie verwendeten dafür einen Sauerstoff-III-Filter, auch bekannt als OIII-Filter. Das Objekt ist jetzt nach den Leuten benannt, die das Objekt fanden und bei der Bildanalyse halfen: das Strottner-Drechsler-Sainty-Objekt 1.
Die Verwendung von einem Sauerstoff-III-Filter ist in der Astrofotografie relativ neu und unüblich. Das könnte auch der Grund sein, weshalb vorher noch niemand die bizarre Struktur in der Nähe von Andromeda gesehen hat. Denn die Art, wie wir den Kosmos mit unseren Augen sehen, ist nur eine Art, das Universum wahrzunehmen. Mit verschiedenen Filtern oder sogar der Beobachtung in ganz anderen Wellenlängen sehen wir die unterschiedlichsten Dinge. Perfektes Beispiel ist das James-Webb-Teleskop, das uns den Kosmos im Infrarotbereich zeigt und uns dadurch im wahrsten Sinne des Wortes ein ganz neues Universum eröffnet.
Professionelle Teleskope haben Nebel übersehen
Ein bei der Astrofotografie verwendeter OIII-Filter lässt vor allem das Licht von ionisiertem Sauerstoff durch und blendet andere Linien des Spektrums aus. So sammelten die Amateur-Sterngucker immer weiter Bilder, die insgesamt eine Belichtungszeit von 111 Stunden haben. Schon bald waren sie sich sicher: Hier haben sie etwas komplett Neues entdeckt, einen gigantischen kosmischen Emissionsnebel, der sogar bei früheren OIII-Durchmusterungen der Andromeda-Galaxie mit professionellen Teleskopen übersehen wurde, darunter auch mit dem 3,6-Meter-CFHT-Teleskop auf Hawaii. Das liegt wohl daran, dass viele Instrumente, die für die professionelle Forschung entwickelt wurden, einfach nicht geeignet sind, so einen schwachen und ausgedehnten Nebel zu entdecken.
Das sogenannte MegaCam-Instrument des CFHT hat ein Sichtfeld von 1 Grad – für professionelle Verhältnisse viel, aber immer noch nicht weit genug, um das gesamte Ausmaß des neuen Objekts zu erfassen, das sich über 1,5 Grad erstreckt. Bei der MegaCam-Durchmusterung von Andromeda wurde auch ein Filter verwendet, der einen relativ breiten Wellenlängenbereich durchlässt – über 10 Nanometer.
Yann Sainty verwendete einen handelsüblichen Antlia-Filter mit einer Bandbreite von nur 3 nm, der das OIII-Signal besser vom Hintergrundrauschen isolierte. Also wirklich eine wahnsinnige Geschichte, die wirklich eine große Motivation für alle Hobby-Astronomen ist, sich auch mal an der Himmelsbeobachtung zu versuchen. Ehe man sich versieht, hat man gigantische kosmische Objekte entdeckt, die selbst den Profi-Teleskopen durch die Lappen gegangen sind. So wurde beispielsweise auch der zweite jemals entdeckte interstellare Asteroid – also nach Oumuamua – von einem Hobbyastronomen entdeckt und trägt seinen Namen: Borisov.
Unklare Position des Nebels
Bezüglich des Strottner-Drechsler-Sainty-Objekts sind allerdings noch jede Menge Fragen offen. Augenscheinlich ist es in der Nähe der Andromeda-Galaxie, aber komplett verifizieren kann man das doch nicht. Einige Astronomen denken, dass es auch ein Nebel innerhalb der Milchstraße sein könnte, dass also die scheinbare Entfernung auf der Aufnahme uns in die Irre führt. Es wird aber auch in Betracht gezogen, dass dies eine Verbindungslinie zwischen Andromeda und Milchstraße sein könnte – denn wie ihr wahrscheinlich wisst, werden diese Galaxien in ferner Zukunft miteinander kollidieren. Es wird noch circa einige Milliarden Jahre dauern und dann verschmelzen die beiden zu einer Super-Galaxie, die man jetzt schon auf den Namen Milkomeda getauft hat. Unserem Sonnensystem wird dabei vermutlich nichts geschehen, da in den Galaxien zwischen den Sternsystem so viel freier Raum ist, dass die Galaxien ohne viele Kollateralschäden ineinander gleiten. Das wird, wie gesagt, noch dauern, aber die Halos der beiden Galaxien, unvorstellbar gigantische Gashüllen, haben schon begonnen zu verschmelzen. Vielleicht sehen wir hier also tatsächlich die erste sichtbare zaghafte Annäherung zwischen unserer Galaxis und Andromeda?

Die Entdecker selber halten das für unwahrscheinlich und schreiben: “Der Bogen scheint viel zu nahe an Andromeda zu liegen, um in dieses Bild zu passen. Wahrscheinlicher ist, dass er innerhalb des Andromeda-Halos liegt und mit den zahlreichen stellaren Strömen zusammenhängt, insbesondere mit dem riesigen Stellaren Strom, dessen östlicher Rand in der Nähe des OIII-Bogens liegt.”
Um die Mysterien des OIII-Nebels zu klären, will ein Team von Astronomen es nun mit einem professionellen Observatorium unter die Lupe nehmen. Damit können sie eine eventuelle Rotverschiebung des Lichts messen, die durch die Bewegung auf die Milchstraße zu oder von ihr weg verursacht wird – und ob diese mit der Bewegung von Andromeda selbst übereinstimmt. Dann werden wir Gewissheit haben, ob sich der Nebel in der Milchstraße, in der Andromeda-Galaxie oder zwischen den beiden befindet.
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