Mit Grönlands Geologie die Jupitermonde erkunden

Entdeckung unter Grönland

Was hat eine Entdeckung unter dem grönländischen Eis mit außerirdischem Leben auf den Jupitermonden zu tun? Jede Menge und in diesem Beitrag gehen wir der Sache auf den Grund.

Reisen wir zurück ins Jahr 1979. Die Sonde Voyager 1 erreichte den Jupiter und untersuchte den Gasplaneten und seine Monde. Eine der wichtigsten Erkenntnisse betraf den Mond Europa. Am 5. März 1979 näherte sich Voyager 1 dem Mond auf 932.000 Kilometer. Im April 1979 folgte dann Voyager 2 und näherte sich ebenfalls dem Mond. Durch die Daten der beiden Sonden fand man heraus: Auf dem Mond Europa gibt es einen unterirdischen Ozean. Eine absolute Sensation, denn Ozeane aus flüssigem Wasser außerhalb der Erde auf fremden Himmelskörpern galten damals noch als Science Fiction. 

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Was sind Schwarze Raucher?

Seitdem wird munter darüber spekuliert, ob es in diesem Europa-Ozean nicht außerirdisches Leben geben könnte. Viele Forscher glauben, dass das Leben auf der Erde in Tiefseevulkanen entstanden ist, in sogenannten Schwarzen Rauchern. Hier könnten die ersten anorganischen Stoffe den Sprung zu primitiven Lebensformen gemacht haben – und wenn es auf Europa einen unterirdischen Ozean und mit den Gezeitenkräften des Jupiters auch eine kräftige Energiequelle gibt, sind die Voraussetzungen für die Entstehung von Leben so gut wie auf der Erde. 

Doch bevor die Alien-Euphorie jetzt zu groß wird: Die Eiskruste von Europa, also die dicke Schicht aus Eis, die über dem Ozean liegt, ist sehr massiv und erstreckt sich über 20 bis 30 Kilometer. Selbst wenn wir es schaffen würden, auf Europa zu landen und ein Loch zu bohren, wäre es nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft unmöglich, diese Eisdicke zu überwinden. Zum Vergleich: Das tiefste Loch, das jemals auf der Erde gebohrt wurde, war die Kola-Bohrung in der Sowjetunion. Und da schaffte man es “nur” auf knapp 12,2 Kilometer. Die Bohrung auf einem fremden Himmelskörper wäre wesentlich anspruchsvoller als auf der Erde. 

Darstellung der Eisschicht auf dem Mond Europa

Warum die Doppelkämme in Grönland so interessant sind

Kann es aber wirklich sein, dass in dem Europa-Ozean außerirdisches Leben herumpaddelt, wir es aber niemals zu Gesicht bekommen werden, weil die Eiskruste zu dick ist? Müssen wir uns unsere Träume von der Entdeckung von außerirdischem Leben abschminken? Vielleicht nicht. Denn eine Entdeckung eine Grönland ändert alles. Reisen wir mal zurück vom weit entfernten Mond Europa ins irdische Grönland. 

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Im Nordwesten Grönlands gibt es eine interessante Doppelkamm-Formation, Bergkämme, die sich über viele Kilometer erstrecken und durch flache Täler getrennt sind. Ein Team der Universität Stanford untersuchte die grönländischen Doppelkämme und erkundete den Bereich unter der Erdoberfläche mit Hilfe von Radartechnologie. Sie fanden heraus, wie diese Doppelkämme entstanden sind. Sie vermuten, dass Schmelzwasser an der Oberfläche Grönlands in einen Hohlraum innerhalb des dicken Eisschildes abfloss und dann dort wieder gefror. Solche Hohlräume gibt es überall im grönländischen Eis, da es immer wieder Stellen mit porösem Eis gibt. Diese Stellen kollabieren und hinterlassen einen leeren Raum. Wenn dann Schmelzwasser in einen solchen Hohlraum fließt und dort wieder gefriert, dann dehnt es sich aus. Das passiert mit Wasser, wenn es gefriert, denn die Moleküle im Eiskristall beanspruchen mehr Raum als im flüssigen Wasser. Deswegen kann auch gefrorenes Wasser, also Eis, auf flüssigem Wasser schwimmen, weil die Dichte niedriger ist. Und die Ausdehnung beim Gefrieren in den Hohlräumen bedeutet, dass das nun gefrorene Wasser unter extremem Druck die darüber liegenden Eis- und Erdschichten nach oben drückt – an der Oberfläche entstehen dann diese Kammstrukturen. Und genau solche Kammstrukturen gibt es auch auf dem Mond Europa.

Doppelkämme in Grönland

Auf Europa: Hohlräume mit flüssigem Wasser

Der gesamte Jupitermond Europa ist überzogen mit Kammstrukturen, also mit diesen eisigen Berg- und Tallandschaften. Erkenntnisse über ähnliche Strukturen auf der Erde liefern uns gleichzeitig Indizien über die Verhältnisse auf Europa. Und diese Entdeckung könnte bedeuten, dass es auf Europa auch solche Wassertaschen gibt, also Hohlräume voller noch flüssigem oder gerade erst gefrorenem Wasser. Und dann müssten wir uns nicht 30 Kilometer in die Tiefe bohren, sondern könnten direkt unter der Oberfläche Wasser finden. 

Ein paar Unterschiede gibt es aber doch, denn auf Europa gibt es kein Schmelzwasser, das abfließen könnte, da die Oberfläche sehr kalt ist. Aber das Wasser könnte von unten in die Hohlräume gepresst werden, ein bisschen wie bei einer Bialetti-Kanne. Die Analogie passt gut, denn auf Europa gibt es ein komplexes Eisvulkan-System. Das Wasser aus dem flüssigen Ozean könnte tatsächlich in die Hohlräume geschossen werden. Und dieses Wasser wäre ein interessantes Forschungsobjekt. Hauptautor der Studie der Stanford University Dr. Dustin Schroeder sagt: “Flüssiges Wasser in geringer Tiefe ist räumlich und zeitlich in der Eishülle Europas allgegenwärtig. Es ist näher an der Oberfläche, wo man interessante Chemikalien aus dem Weltraum, von anderen Monden und den Vulkanen von Io erhält.”

Mission Europa-Clipper der NASA

Wenn wir es schaffen würden, eine Raumsonde auf Europa landen zu lassen, die sich nur ein wenig in das Eisschild in der Kammregion buddeln könnte, könnten wir unglaubliche Dinge entdecken, vielleicht sogar Spuren von außerirdischem Leben. Allerdings liegen Europa-Landungen, geschweige denn Bohrungen, leider noch in weiter Ferne, aber die Mission Europa-Clipper der NASA soll im Jahr 2024 mit einem eisdurchdringenden Radar starten. Jetzt wissen die Betreiber genau, nach was sie Ausschau halten müssen, um herauszufinden, ob der Grönland-Mechanismus die Erhebungen auf Europa erklärt. Wenn sich das bewahrheitet, dann werden die Bemühungen um eine Landung auf Europa sicherlich so richtig an Fahrt aufnehmen. 

Foto des Jupitermonds Europa

Übrigens war das Forscherteam in Grönland gar nicht auf der Suche nach Strukturen, die denen auf Europa ähneln. Das war reiner Zufall und durch die Präsentation von anderen akademischen Kollegen über die Kammstrukturen auf Europa kam ihnen dann der Einfall, dass es hier Ähnlichkeiten geben könnte. Dr. Dustin Schroeder sagt: “Wir haben an etwas völlig anderem gearbeitet, das mit dem Klimawandel und seinen Auswirkungen auf die Oberfläche Grönlands zu tun hat, als wir zufällig diese winzigen Doppelkämme auf Europa sahen.” Ein schönes Beispiel dafür, wie oft Zufälle und glückliche Umstände die Wissenschaft weiter bringen.

Ihr wollt mehr über die Entdeckung in Grönland erfahren? Dann schaut euch das neue Video von Astro-Tim an:

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Das Geheimnis des Hiawatha-Kraters

Unter dem massiven Eis Grönlands schlummert ein mysteriöser Krater, der den Wissenschaftlern schon lange Rätsel aufgibt. Nun hat man eine absolut überraschende Entdeckung zu diesem Krater gemacht.

Grönland ist ein absolut faszinierender Ort. Es ist die größte Insel der Welt und fast 80 Prozent der Landmasse sind von Eis und Gletschern bedeckt. Wie riesig Grönland ist, sieht man daran, dass selbst der kleine eisfreie Teil der Insel immer noch die Größe von ganz Schweden aufweist. Politisch gehört Grönland als eigenständiger Landesteil zu Dänemark, geographisch liegt es aber in Nordamerika. Das grönländische Eis ist laut Forschern zwischen 400.000 und 800.000 Jahren alt – das ist zwar für unsere Maßstäbe alt, aber in geologischen Zeiträumen betrachtet quasi nur ein Augenblick. Da stellt sich die Frage: Was war eigentlich vor dem Eis und was befindet sich unter dem Eis?

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Unten seht Ihr eine topographische Karte der grönländischen Landfläche unter dem Eisschild. Im äußersten Nordwesten Grönlands befindet sich der Hiawatha-Gletscher. 2015, also vor gar nicht so langer Zeit, machten Forscher dort eine unglaubliche Entdeckung: Unter dem Gletscher befindet sich ein Krater von epischem Ausmaß. 

Topographische Karte des grönländischen Landes

Den Krater entdeckte man bei einer Untersuchung durch die NASA-Mission IceBridge, bei der die Dicke des Eisschilds mit Hilfe von Radargeräten aus der Luft gemessen wurde. Der Hiawatha-Krater erstreckt sich über 31 Kilometer und liegt unter der bis zu einem Kilometer dicken grönländischen Eisdecke. 31 Kilometer – das kann nur durch einen extremst heftigen Einschlag verursacht werden. Zum Vergleich: Der Chicxulub-Krater, bei dem man als Verursacher den Meteor vermutet, der letztlich das Massenaussterben der Dinosaurier einleitete, besitzt einen Durchmesser von 180 Kilometern. Der Hiawatha-Krater ist also schon wesentlich kleiner, aber trotzdem in der Größenordnung der weltverändernden Einschläge. 

Löste der Hiawatha-Krater die Dryas-Kaltzeit aus?

Umso erstaunter waren die Wissenschaftler nach der Entdeckung des Kraters 2015 natürlich: Denn jetzt hatte man die Situation, das man zuerst den Krater gefunden hat und sich dann erst auf die Suche nach den weltweiten Auswirkungen des Einschlags machen musste – beim Chicxulub-Krater war es ja genau andersrum. Die Existenz von Dinosauriern und deren Massenaussterben war lange bekannt, aber der zugehörige Krater fehlte. Und deswegen sprießten nach der Entdeckung des Hiawatha-Kraters die wildesten Hypothesen aus dem Boden, besonders populär war die Idee, dass der Einschlag verantwortlich war für eine ominöse Kaltzeit, die vor 13.000 Jahren begann. 

Die Größe des Hiawatha-Kraters

Anhand der Untersuchung von fossilen Baumstämmen hatten Forscher herausgefunden, dass es in Europa vor 13.000 Jahren zu einem extremen Umschwung im Klima kam, der Flora und Fauna grundlegend verändert hat. Dieser Kälteeinbruch wurde benannt nach einer arktischen Pflanze und heißt Dryas-Kaltzeit. Es hat also irgendwie alles gepasst und alle waren glücklich: Die Erklärung für die Dryas-Kaltzeit war mit dem Hiawatha-Krater gefunden. 

Ganz so einfach ist die Sache dann leider doch nicht. Denn nun haben Forscher noch mal einige Mineralkristalle aus dem Krater genauer unter die Lupe genommen. Die untersuchten Kristalle wurden von Schmelzwasser aus dem Kraterbereich an den Rand des Gletschers geschleppt. Und das Ergebnis von deren Untersuchung hat alle Hypothesen über den Haufen geworfen.

Wie alt ist der Hiawatha-Krater? 

Durch eine geochemische Analyse der herausgespülten Kristalle und einer Messung des radioaktiven Zerfalls ihrer Isotopen gelang man zu einem relativ eindeutigen Ergebnis: Der Krater ist nicht 13.000 Jahre alt, sondern 58 Millionen Jahre. Man hatte sich vorher also ganz leicht verschätzt. Vielleicht fragt Ihr euch jetzt, wie man das Alter so genau feststellen kann. Einige der untersuchten Kristalle, genau genommen Zirkonkristalle, wiesen lineare Bruchmuster auf, die als Beleg dafür dienen, dass sie aus der Zeit des Einschlags stammen. Im Zirkon sind Spuren von radioaktivem Uran enthalten, dessen Zerfall in Blei eine genaue Datierung der Proben ermöglicht. 

Der Hiawatha-Gletscher aus der Luft

Der Einschlag des Hiawatha-Meteors geschah also zu einer Zeit, als die Menschen noch nicht mal annäherungsweise auf der Bildfläche der Evolution aufgetaucht waren. Damals war es viel wärmer und Grönland war übersät von dichten Wäldern, von der heutigen Eiswüste keine Spur. Vermutlich lebten dort damals viele prähistorische Lebewesen, deren Tag von dem Einschlag dann ziemlich vermiest wurde. Der Meteorit traf demnach nämlich nicht auf eine dicke Eisschicht, sondern schlug direkt in den Erdboden ein und das muss wohl so die Energiemenge von mehreren Millionen Hiroshima-Atombomben entsprochen haben.

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Zwar nicht aus dem Hiawatha-Krater, aber mindestens genauso cool: Hol dir dein Bruchstück eines Eisenmeteoriten aus dem Campo del Cielo in Argentinien. Mitgeliefert wird ein Echtheitszertifikat. Verschiedene Größen verfügbar. Schau direkt mal in unserem Shop vorbei:

Das neu datierte Datum für den Krater ist natürlich auch ein ziemlicher Schlag für die Vertreter der Dryas-Hypothese. Der Meeresgeologe James Kennett von der University of California, der einer der führenden Vertreter der Dryas-Hypothese war, gibt jetzt klein bei und sagt: “Das ältere Datum für den Krater ist eine Überraschung. Aber die neuen Forschungsergebnisse liefern ein sehr überzeugendes Argument… Ich glaube jetzt nicht mehr, dass es mit der Dryas-Kaltzeit zusammenhängt.”

Ein schönes Beispiel dafür, wie Wissenschaft funktionieren sollte. Man forscht an verschiedenen Hypothesen, klammert aber nicht verbissen daran, sondern ist immer bereit, sich durch neue Fakten umstimmen zu lassen und freut sich sogar über neue Erkenntnisse. Und natürlich – wie könnte es anders sein – sprießen jetzt neue Hypothesen aus dem Boden. 

Hat der Einschlag für ein weltveränderndes geologisches Ereignis gesorgt?

Wenn der Einschlag vor 58 Millionen Jahren stattfand, könnte er dann für ein anderes weltveränderndes geologisches Ereignis verantwortlich sein? Einige an der neuen Altersbestimmung beteiligten Forscher sind da skeptisch und sagen, dass der anderthalb bis zwei Kilometer große Meteorit, der Hiawatha verursachte, zwar regional verheerend gewesen sei, aber es keine Anzeichen dafür gebe, dass die Staubwolke und die Brände, die dem Einschlag gefolgt sein könnten, das globale Klima vor 58 Millionen Jahren gestört haben könnten. Es gibt aber auch andere Meinungen. Sidney Hemming, Geochemikerin an der Columbia University, hat eine interessante Idee. Vor 55,8 Millionen Jahren ereignete sich das sogenannte Paläozän-Eozän-Temperaturmaximum. 

Das Paläozän-Eozän-Temperaturmaximum bezeichnet einen weltweiten Temperaturanstieg, der etwa 100.000 bis 200.000 Jahre andauerte, geologisch gesehen ist das relativ kurz. Die globale Durchschnittstemperatur stieg um sechs bis acht Grad. Vor 58 Millionen Jahren schlug der Hiawatha-Meteorit ein, vor 55,8 Millionen Jahren begann ein globaler Temperaturanstieg. Wäre doch gelacht, wenn man die dazwischen liegenden 2,2 Millionen Jahre nicht wegoptimieren könnte, um eine spektakuläre wissenschaftliche Hypothese aufstellen zu können. Genau das schlägt Sidney Hemming vor, die sagt, dass man sich mit den genauen Zeitangaben nicht so sicher sein könnte und dass der Hiawatha-Einschlag doch die Ursache für das Paläozän-Eozän-Temperaturmaximum sein könnte. Aber Stand der Dinge jetzt muss man einfach sagen, dass es weiterhin ein absolutes Rätsel ist, ob und wenn ja, welche Auswirkungen der Hiawatha-Einschlag auf die Umwelt hatte. Das Ganze ist also irgendwie eine Art geologischer Kriminalfall und es bleibt spannend.

Wollt Ihr mehr über den spannenden Hiawatha-Krater erfahren? Dann klickt mal das Video an:

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