Was passiert mit den Jetstreams?

Jetstream

Kollabieren die Jetstreams? Etwas sehr Mysteriöses geschieht gerade mit den großen Windströmungen des Planeten und Wissenschaftler sind völlig perplex. Was da genau vor sich geht und welche Auswirkungen das Verhalten der Jetstreams auf uns hat, erfahrt Ihr in diesem Beitrag.

Das klingt apokalyptisch: Die Jetstreams der Erde verhalten sich chaotisch. Jetstream bezeichnet einen starken, schmalen Luftstrom in der Atmosphäre, der unseren Planeten in großen, wellenförmigen Bändern umkreist. Er entsteht aufgrund von Temperatur- und Druckunterschieden zwischen den polaren Regionen und den Tropen. An den Äquatorregionen wird die Luft stärker von der Sonneneinstrahlung erwärmt als in den Polregionen. Diese Temperaturunterschiede führen zur Bildung von Hoch- und Tiefdruckgebieten. Und da die Luft immer von einem Gebiet mit höherem Druck zu einem Gebiet mit niedrigerem Druck strömt, entstehen horizontale Luftströmungen. Das ist übrigens ein sehr schöner Beweis für die Kugelform der Erde. Auf einer flachen Erde, auf der die Sonneneinstrahlung überall gleich wäre, wäre das Phänomen dieser Temperatur- und Druckunterschiede unerklärlich.

Sichtbarer Jetstream über Kanada (Ellywa _ Wikimedia Commons)
Sichtbarer Jetstream über Kanada (Ellywa _ Wikimedia Commons)

Erddrehung und Luftströmungen

Jetzt kommt noch die Rotation der Erde hinzu. Durch den Corioliseffekt werden die Luftströmungen in Ost-West-Richtung abgelenkt und formen den Jetstream. Es gibt zwei Hauptäste: den Polarjetstream in höheren Breiten und den Subtropenjetstream in niedrigeren Breiten. Ziemlich komplex, deswegen noch mal kurz zusammengefasst: Durch unterschiedliche Sonneneinstrahlung und Temperaturen kommt es dazu, dass Luftströmungen sich vom Äquator Richtung Pol bewegen, und aufgrund der Erddrehung wird er dabei Richtung Osten abgelenkt. So entsteht der Jetstream. Und deswegen dauert ein Flug von New York nach Frankfurt zum Beispiel auch kürzer als von Frankfurt nach New York, weil Flugzeuge auf dem Weg von den USA zurück nach Europa den Jetstream als eine Art Luft-Highway benutzen können.

Jetstream auseinandergebrochen

Der Jetstream als globale Windströmung ist immens wichtig und hat große Auswirkungen auf das Wettergeschehen, beeinflusst die Richtung von Luftmassen, Temperatur- und Feuchtigkeitsänderungen sowie die Bildung von Hoch- und Tiefdruckgebieten. Und deswegen könnte man es als ein wenig beunruhigend auffassen, wie der Jetstream sich gerade verhält. Die Wissenschaftsjournalistin Carly Cassella schreibt: „Der südliche Teil des Jetstreams über Nordamerika ist völlig auseinandergebrochen und befindet sich derzeit in einer bösartigen Revolution, die eine Hitzewelle sondergleichen ausgelöst hat.”

Hitzwelle über Nordamerika im Juni 2023 (MetDesk)
Hitzwelle über Nordamerika im Juni 2023 (MetDesk)

Wir können das selbst nachprüfen auf earth.nullschool.net und sehen, dass sich unter dem aktuellen Verlauf des Jetstreams eine Art Abspaltung gebildet hat. Meteorologen sprechen von einem Hitzedom. Und die Temperaturen dort sind rekordverdächtig, in Mexiko wurden teilweise sommerliche 49,5 Grad gemessen.

Rekordhitze durch Jetstream

Genauso energiegeladen ist die Hitzeglocke über Nordamerika und die ist wohl dem seltsamen Verhalten des Jetstreams geschuldet. Dadurch, dass er auf der Nordhalbkugel gerade so seltsam und fragmentiert verläuft, konnte sich dieses abgetrennte Warmgebiet erst bilden. Der Meteorologe Jeff Berardelli schreibt bei Twitter: „Wenn ich mir diesen Jetstream ansehe, kommt mir das Wort Wahnsinn in den Sinn. Diese Konstellation, die wahrscheinlich durch die Klimaerwärmung verstärkt wird, führt zu einer Rekordhitze, die so extrem ist, dass selbst Experten erstaunt sind!”

Fest steht, dass der Jetstream gerade instabil und fragmentiert erscheint. Statt einer kontinuierlichen west-östlichen Strömung sind die Jetstream-Bänder nun stärker gewellt und weisen Abweichungen auf, die zu Blockaden und extremen Wetterereignissen führen können. Also was ist hier los? Warum verhält sich der Jetstream so mysteriös?

Jetstream über Nordamerika am 27.06.2023
Jetstream über Nordamerika am 27.06.2023

Auswirkungen auf den Jetstream

Die Erwärmung des Klimas kann grundsätzlich Auswirkungen auf den Jetstream haben. Denn, wenn sich die Temperaturen auch in weiter vom Äquator entfernten Regionen erwärmen, dann verändert das die Luftströmungen zwischen Äquator- und Polregion. Ohne Temperaturunterschiede gibt es keine so starke Unterscheidung mehr zwischen den Hoch- und Tiefdruckgebieten von Äquator- und Polregion, damit keine so starken Luftströmungen mehr und damit ein schwächerer Jetstream. Es kann also eine der Ursachen sein.

Es gibt aber gerade ein viel akuteres Ereignis, das als Hauptursache auf der Hand liegt: El Niño ist ein natürliches Klimaphänomen, das durch Erwärmung der Oberflächentemperaturen im äquatorialen Pazifik gekennzeichnet ist. Obwohl es erstmal nur ein lokales Ereignis ist, hat es globale Auswirkungen, da sich Ozean- und Windströmungen verändern.

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Was passiert bei El Niño?

Während eines El Niño-Ereignisses werden die normalen Temperaturunterschiede zwischen dem östlichen und westlichen Pazifik verringert, was zu einer Veränderung der Druckverhältnisse führt. Diese Veränderungen beeinflussen den Jetstream und können zu seiner Instabilität und Fragmentierung beitragen. Infolgedessen werden die Jetstream-Bänder in höheren Breiten gestört und abgelenkt, was zu ungewöhnlichen Wetterphänomenen führen kann. Zum Beispiel können Hochdruckgebiete über bestimmten Regionen blockiert werden, was zu langanhaltenden Hitze- oder theoretisch auch Kältewellen führen kann.

Gleichzeitig können Tiefdruckgebiete in anderen Regionen hängen bleiben, was zu starken Regenfällen oder sogar Überschwemmungen führen kann, weswegen El Niño tatsächlich in einigen Regionen der Welt vermehrt zu Hurricanes führt, in anderen aber die Wirbelsturmhäufigkeit sogar verringert. Diese Veränderungen im Jetstream beeinflussen das Wetter weltweit. In einigen Regionen können sie zu Dürren, Hitzewellen oder Waldbränden führen, während andere Regionen mit heftigen Stürmen, starken Regenfällen, Hitze- und Kälteperioden konfrontiert sind. Die Auswirkungen können sowohl auf lokaler als auch auf globaler Ebene spürbar sein.

Unter Meteorologen herrscht Einigkeit, dass vor kurzem die neue El Niño-Phase begonnen hat. Die Jahre vorher waren vom gegenteiligen Phänomen La Niña geprägt, was die Temperaturen eher gesenkt hat. Jetzt gerade stehen wir am Anfang der neuen El Niño-Phase und der zeitliche wie faktische Zusammenhang mit dem Verhalten des Jetstreams und auch der Temperaturanomalie im Nordatlantik ist mehr als deutlich. Das dürfte also die Hauptursache sein, der Klimawandel verstärkt den Effekt womöglich.

Auf der Website der NOAA, der amerikanischen Wetter- und Ozeanografiebehörde, heißt es zum Einfluss von El Niño auf den Jetstream: „Da sich die Position des warmen Wassers entlang des Äquators über dem Pazifik hin und her verschiebt, verschiebt sich auch die Region mit der größten Verdunstung von Wasser in die Atmosphäre mit. Dies hat tiefgreifende Auswirkungen auf die durchschnittliche Position des Jetstreams.”

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Die kuriosen Wetterphänomene, die wir gerade erleben, stehen wohl alle mit der neuen El-Niño-Phase in Verbindung. Warum ist sowohl die Fragmentierung des Jetstreams als auch die Temperaturanomalie im Nordatlantik so ungewöhnlich stark? Entweder, weil der Klimawandel dieses Mal die El Niño-Effekte massiv verstärkt oder weil wir eine besonders mächtige, starke El Niño-Phase erleben. Um es genau zu sagen, müssen wir das weiter beobachten und Daten sammeln. Aber egal, welche der beiden Optionen es ist, wir können uns auf so einige besondere Wetterereignisse in der nächsten Zeit einstellen.

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El Niño: mehr als nur Wetter

Das Wetterphänomen El Nino

El Niño kommt und es sieht so aus, als würde er das Erdklima schon sehr bald durcheinanderbringen. Auf was wir uns genau einstellen müssen und ob oder wie wir uns schützen können, erfahrt Ihr in diesem Beitrag.

El Niño und La Niña sind zwei Klimaphänomene, die im Pazifik auftreten und weltweit Auswirkungen auf das Wetter haben können. Unter normalen Bedingungen pusten die Passatwinde entlang des Äquators nach Westen und nehmen warmes Wasser von Südamerika nach Asien mit. Das kalte Wasser steigt aus der Tiefe auf und ersetzt das warme Wasser an der Oberfläche. Daraus ergibt sich eine schöne Ozeanströmung und ein funktionierendes System. 

Dieser Kreislauf kann aber gestört werden. Diese Störung nennt man dann El Niño. El Niño tritt auf, wenn die Passatwinde schwächer werden. Das führt dazu, dass das warme Wasser zurück in Richtung der Westküste Amerikas gedrückt wird. Das ganze System der Ozeanströmungen, das maßgeblich von den Passatwinden angetrieben wird, funktioniert dann nicht mehr. 

Weltweite Auswirkungen von El Niño (NOAA _ Wikimedia Commons)
Weltweite Auswirkungen von El Niño (NOAA _ Wikimedia Commons)

Das hat gravierende globale Auswirkungen. Die warmen Oberflächentemperaturen beeinflussen das Wetter weltweit und können Dürren, Überschwemmungen und tropische Stürme verursachen. Was für ein Chaos El Niño anrichten kann, schauen wir uns gleich noch genauer an. 

Die Dauer von El Niño und La Niña

La Niña hingegen tritt auf, wenn die Passatwinde stärker als üblich sind und mehr warmes Wasser nach Asien transportieren, während das kalte Wasser an der Oberfläche bleibt. Das kann ebenso massive Auswirkungen auf das globale Wetter haben. El Niño und La Niña treten normalerweise zyklisch alle paar Jahre auf und können mehrere Monate bis zu einem Jahr andauern. 

Das globale Wetter ist ein sehr komplexes System. Jeder kleine Mechanismus beeinflusst einen anderen und Ereignisse am anderen Ende der Welt können letztlich zu Temperaturschwankungen bei uns führen. Das globale Wetter und Klima funktioniert wie ein perfektes Uhrwerk und wenn in so einem Uhrwerk plötzlich ein Zahnrad beginnt, sich in die andere Richtung zu drehen, dann ist das eher suboptimal. 

El Niño und der Jetstream

El Niño ist ein solches Zahnrad im globalen Uhrwerk. Ein lokales Ereignis im zentralen und östlichen Pazifik, das die Ozean-Atmosphäre-Wechselwirkungen beeinflusst. Durch die Erwärmung des Pazifikwassers und die Veränderungen der Luftströmungen bringt El Niño das gesamte Uhrwerk durcheinander. El Niño kann beispielsweise die Position des Jetstreams verändern. Der Jetstream ist ein schneller Windstrom in großer Höhe, der durch Temperaturunterschiede zwischen Äquator und Polen angetrieben wird und die Position und Stärke von Hoch- und Tiefdruckgebieten beeinflusst, was wiederum massive Auswirkungen auf das Wetter hat. 

El Niño zeigt sich in aktuellen Daten des ESA Earth Observatory
El Niño zeigt sich in aktuellen Daten des ESA Earth Observatory

Wenn El Niño die Position des Jetstreams verändert, kann das zu veränderten Niederschlags- und Temperaturmustern führen, und sogar Wirbelstürme im Pazifik begünstigen, die wiederum Einfluss auf das Wetter in anderen Teilen der Welt haben können. Es kann sogar durch Temperatur- und Feuchtigkeitsveränderungen zu massivem Waldsterben kommen. 

Die Auswirkungen von El Niño erinnern ein wenig an den Schmetterlingseffekt, der besagt, dass es unvorhersehbar ist, welche gigantischen Effekte auf ein Gesamtsystem noch so winzige Veränderungen haben können. 

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Und all das gilt natürlich auch für La Niña. Veränderungen der Winde und Meeresströmungen im Pazifik führen zu Stürmen, gefährlichen Wetterphänomenen, Temperaturschwankungen und dadurch natürlich auch massiven wirtschaftlichen Schäden. 

Der Zyklus von El Niño

Aber wie sieht dieser Zyklus denn genau aus und können wir uns darauf einstellen? Und warum wird El Niño uns wohl schon nächstes Jahr so richtig überrumpeln? Der gesamte Zyklus trägt den leicht zu merkenden Namen El-Niño-Southern-Oscillation-Zyklus, kurz ENSO. Er besteht aus den drei Phasen, die wir schon kennen: In der El-Niño-Phase werden die Passatwinde schwächer, und warmes Wasser aus dem westlichen Pazifik wird in den östlichen Pazifik gedrückt. Dadurch steigen die Meerestemperaturen im östlichen Pazifik an, was Auswirkungen auf das globale Klima hat. Diese Phase dauert in der Regel neun bis zwölf Monate an. 

Anomalie der Meeresoberflächentemperatur während eines starken El Niños im Jahre 1997
Anomalie der Meeresoberflächentemperatur während eines starken El Niños im Jahre 1997

Dann haben wir natürlich die Normalphase, in der Temperaturen im Pazifik eben normal sind und die Passatwinde in westlicher Richtung wehen. Diese Phase dauert meist mehrere Jahre an. Und dann die La-Niña-Phase, quasi der Anti-El-Niño: Die Passatwinde werden stärker, und kaltes Wasser aus den tiefen Schichten des Pazifiks steigt an die Oberfläche. Dadurch sinken die Meerestemperaturen im östlichen Pazifik, was ebenfalls Auswirkungen auf das globale Klima hat. Diese Phase dauert in der Regel ebenfalls neun bis zwölf Monate an. 

Wettermodelle zeigen, dass El Niño mit annähernd sicherer Wahrscheinlichkeit diesen Herbst wieder auftreten wird und die Folgen werden dann ab 2024 deutlich zu spüren sein. Hans Joachim Schellnhuber, Direktor Emeritus des Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung sagt: „Die letzten drei Jahren waren durch La Niñas geprägt. Diese La Niñas haben die globalen Temperaturen um etwa -0,1 Grad gesenkt. Wenn dieses Jahr wieder einmal El Niño zum Zuge kommt, dann ist mit einem deutlichen Sprung in den globalen Temperaturen zu rechnen.“ 

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Das heißeste Jahr steht kurz bevor

Und tatsächlich ist schon die Rede davon, dass dadurch 2024 das heißeste Jahr seit Beginn der Temperaturaufzeichnungen werden könnte. Solche Prognosen sind natürlich immer mit Vorsicht zu genießen, aber es ist dennoch faszinierend zu sehen, dass wir durch Modellierung der globalen Wind- und Strömungssysteme sowas vorhersehen und uns dadurch vielleicht sogar wappnen können.

Natürlich können wir diese Phänomene nicht aufhalten, denn es handelt sich um natürliche und auch wichtige Bestandteile des globalen Wind- und Strömungssystem. Viele Lebewesen in den Ozeanen haben ihre Lebensweise sogar an die El-Niño- und La-Niña-Ereignisse angepasst. Aber wir können Vorsorge treffen, indem wir etwa in den Regionen, die dadurch von großer Trockenheit betroffen sind, effizientere Wassermanagementsysteme einführen und in der Landwirtschaft den Anbau von trockenheitsresistenten Pflanzen fördern. Oder man könnte in den Regionen, die durch El Niño sturmgefährdet sind, sicherere Infrastrukturen errichten. 

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