Faszinierende Bergwelten im Erdinneren entdeckt

Bergwelten im Inneren der Erde

Wow, was für eine Entdeckung: Unter uns im Erdinneren befindet sich eine ganz eigene Welt mit Bergen, die teilweise fünf mal höher als der Mount Everest sind. Was hat es mit dieser bergigen Welt im Untergrund auf sich?

Habt Ihr schon mal “Eine Reise zum Mittelpunkt der Erde” von Jules Verne gelesen? Mich erinnert diese unfassbare Entdeckung sehr an die berühmte Abenteuergeschichte des französischen Autors. An der Grenze zwischen Erdkern und Erdmantel existiert eine bisher noch unentdeckte Schicht, bei der es sich um alten Ozeanboden handelt und die übersät ist mit gigantischen Erhebungen. 

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Aber immer der Reihe nach. Die Geschichte beginnt in der Antarktis. Ein Forscherteam der Universität Alabama hat in der Nähe des Südpols mit einem neuen Analyseverfahren seismische Wellen aufgezeichnet, die von Erdbeben auf der anderen Seite des Planeten durch das Erdinnere gewandert sind und schließlich von den Messstationen in der Antarktis aufgefangen wurden. Und die Forscher staunten nicht schlecht, als sie die Ergebnisse auswerteten. Der beteiligte Forscher Dr. Edward Garnero sagt: “Bei der Analyse von Tausenden von seismischen Aufzeichnungen aus der Antarktis fand unsere hochauflösende Bildgebungsmethode überall, wo wir sondierten, dünne, anomale Materialzonen im CMB.” 

Was ist im Erdkern los?

CMB steht für Core–mantle boundary, also die Grenze zwischen dem Erdkern und dem Erdmantel. Genau in dieser mysteriösen Zwischenzone im Erdinneren entdeckten die Forscher also plötzlich seltsame Anomalien. Worum könnte es sich hier handeln? Die Forscher hatten direkt eine Idee. Es handelt sich wohl um untergetauchten Ozeanboden, der nach und nach den kompletten Bereich zwischen Kern und Mantel bedeckt hat. 

Schwarzes Loch, Weißes Loch, Astro-Tim

Kennst du schon das neue plüschige Schwarze Loch? Das zum Weißen Loch werden kann?

Dort, wo sich unter dem Ozean Erdplatten treffen, entstehen riesige Tiefseegräben wie beispielsweise der Marianengraben. Wenn diese Platten aufeinander treffen, nennt man das Subduktion und im Laufe von langen Zeiträumen der Erdgeschichte schiebt sich die eine Platte unter die andere. Im Marianengraben etwa werden auf diese Art und Weise auch gigantische Mengen Wasser in das Erdinnere gerissen, die dann einen noch relativ unbekannten unterirdischen Kreislauf durchgehen und aus Tiefseevulkanen an einer anderen Stelle des Ozeans wieder ausgespuckt werden.

Darstellung von Subduktionszonen (Surachit _ Wikimedia Commons) (1)
Darstellung von Subduktionszonen (Surachit _ Wikimedia Commons) (1)

ULVZ in der Erde

Dieser ganze Prozess könnte auch eine essentielle Rolle bei der Entstehung des Lebens gespielt haben, da man vermutet, dass die ersten Organismen in genau solchen Tiefseevulkanen entstanden sind. Nun sieht es so aus, als hätten diese abgesunkenen Meeresböden im Laufe der Zeit eine eigene Schicht im Erdinneren gebildet. Auf der Darstellung unten seht Ihr, wie man sich diese neu entdeckte Schicht vorstellen kann. Wissenschaftler brauchen aber immer einen sehr hochtrabenden und komplizierten Namen für Dinge, deswegen nennen sie diese Anomalie ULVZ. Das steht für Ultra-Low-Velocity-Zone, also Bereiche der Kern-Mantel-Grenzen, in denen seismische Wellen plötzlich nur noch extrem langsam voran kommen. 

Darstellung der entdeckten Schicht um den Erdkern (Edward Garnero _ Mingming Li _ Arizona State University)
Darstellung der entdeckten Schicht um den Erdkern (Edward Garnero _ Mingming Li _ Arizona State University)

Bisher ging man davon aus, dass diese ULVZs nur in kleinen Bereichen fleckenartig auftreten, doch die neuen Forschungsergebnisse weisen daraufhin, dass die komplette Kern-Mantelgrenze durch den abgesunkenen Meeresboden von einer Ultra-Low-Velocity-Zone bedeckt ist. Die Hauptautorin der nun veröffentlichten Studie, Dr. Samantha Hansen, sagt: “Seismische Untersuchungen wie unsere liefern die höchstauflösende Darstellung der inneren Struktur unseres Planeten, und wir stellen fest, dass diese Struktur weitaus komplizierter ist als bisher angenommen.”

Wie können wir uns diese ULVZ-Region vorstellen? 

Sehr unregelmäßig, denn wie die Daten zeigen, schwankt ihre Dicke zwischen eins und zehn Kilometern. Diese Anomalien sitzen also wie Gebirgsketten auf dem Erdkern auf. Und diese immensen Höhenunterschiede bedeuten, dass wir im Erdkern Berge sehen, die an manchen Stellen bis zu fünfmal höher sind als der Mount Everest, wie ich euch unten visualisiert habe. 

Die Berge in der ULV-Zone sind größer als der Mount Everest
Die Berge in der ULV-Zone sind größer als der Mount Everest

Wir haben also Anomalien zwischen Erdkern und Erdmantel gefunden, die aus abgesunkenem Ozeanboden entstanden sind und gigantische Gebirgsketten im Inneren des Planeten bilden. Solche Erkenntnisse sind wichtig, um das geophysikalische Gesamtsystem unseres Planeten zu verstehen. Diese jule-vernschen “Berge” im Erdinneren könnten eine wichtige Rolle dabei spielen, wie die Wärme aus dem Kern entweicht, und das ist immerhin der Teil des Planeten, der das Magnetfeld antreibt. 

Das Erdmagnetfeld wiederum ist unser Beschützer gegen die gefährliche und energiereiche Partikelstrahlung der Sonne. Unter anderem könnte uns in Zukunft Gefahr drohen, wenn es zu einem Polsprung käme, sich die magnetischen Pole umkehren und dadurch das Erdmagnetfeld für längere Zeit völlig verrückt spielen könnte. Je besser wir die Funktionsweise des Erdkerns verstehen, desto mehr Gewissheit kriegen wir auch bezüglich solcher magnetischer Apokalypse-Szenarien. 

Wie finden wir mehr über die Zone heraus?

Stellt sich natürlich die Frage, wie wir jetzt noch mehr darüber heraus finden könnten. Die seismischen Daten sind nur eine indirekte Beobachtungsmethode und mal eben hingraben wird sehr schwierig. Aber wie wär’s wenn wir uns an einen Vulkan stellen, und einfach darauf warten, dass Material aus den Ultra-Low-Velocity-Zonen ausgespuckt wird? Kein Witz, Material aus den alten Ozeanböden kann in Mantelplumes oder Hot Spots mitgerissen werden, die dann durch Vulkanausbrüche zurück an die Oberfläche gelangen. Manchmal ist Wissenschaft ganz einfach. 

Durch die Analyse des Materials aus bestimmten Vulkanausbrüchen könnten wir tatsächlich mehr Informationen über die geheimnisvolle Welt unter unseren Füßen erhalten. Ich finde, Dr. Samantha Hansen hat es sehr schön formuliert: “Es gibt noch so viel Unbekanntes über die Welt unter unseren Füßen, und selbst kleinräumige Strukturen wie die ULVZs, die wir aufgenommen haben, können eine wichtige Rolle für die Funktionsweise unseres Planeten spielen.”

Ihr wollt mehr über dieses spannende Thema erfahren? Dann schaut euch das neue Video von Astro-Tim an:

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