Die Erde kühlt schneller ab als erwartet

Das ist eine überraschende Nachricht: Unsere Erde kühlt immer schneller aus! 

Je tiefer man in das Innere unseres Planeten vordringt, desto wärmer wird es. Der Aufbau des Erdinneren ist dabei aber noch relativ rätselhaft, denn es gibt keine technische Möglichkeit wirklich bis in die Untiefen des Planeten zu bohren. Die tiefste Bohrung bislang war die Kola-Bohrung in der damaligen Sowjetunion, bei der man eine Tiefe von 12.262 Metern erreichte. Definitiv eine beachtliche Leistung, aber nicht wirklich hilfreich um Erkenntnisse über den Tiefenaufbau des Planeten zu gewinnen, denn selbst der obere Erdmantel beginnt erst in einer Tiefe von 35 Kilometern. Grob zusammengefasst besteht der innere Aufbau der Erde aus folgenden Schichten: Kruste, Mantel, äußerer Kern und innerer Kern. Die Wärme, die aus dem inneren des Planeten nach außen strömt, ist immens wichtig. Sie ist die Basis für geologische Prozesse wie die Plattentektonik und den Vulkanismus und vor allem hält sie den Geodynamo unseres Magnetfelds am Laufen. Im äußeren Erdkern rotiert leitfähige Materie, vor allem geschmolzenes Metall. Diese Masse von geschmolzenem Metall umhüllt den Inneren Erdkern aus festem Metall. Hierdurch entsteht ein Strom, der das Erdmagnetfeld erzeugt. Dieses Magnetfeld ist selbsterhaltend und wenn es fehlen würde, wäre die Erde sehr viel weniger lebensfreundlich und würde heutzutage wohl eher dem Mars ähneln. Denn der Geodynamo erzeugt das Magnetfeld der Erde, welches die Erdoberfläche vor dem Bombardement mit kosmischer Strahlung beschützt. 

So stellt man sich den Aufbau unseres Planeten vor

Wir haben also ein starkes Interesse daran, dass weiterhin Wärme im Erdkern produziert wird und in die äußeren Schichten dringt. Ein Forscherteam der ETH Zürich um den Physiker und Geochemiker Professor Motohiko Murakami hat indes nun erschreckenderweise herausgefunden, dass die Erde viel schneller abkühlt als bisher gedacht. Murakami sagt dazu: 

“Unsere Ergebnisse könnten uns eine neue Perspektive auf die Entwicklung der Dynamik der Erde eröffnen. Sie deuten darauf hin, dass die Erde wie die anderen Gesteinsplaneten Merkur und Mars viel schneller als erwartet auskühlt und inaktiv wird.“

Prof. Motohiko Murakami

Wie ist das Forscherteam zu dieser Erkenntnis gelangt? Das Wärmereservoir im Erdkern ist natürlich nicht unerschöpflich, andernfalls wäre es ja eine Art Perpetuum Mobile. Wärme dringt nach außen und dadurch kühlt der Erdkern nach und nach ab. Die Frage ist, wie schnell das geschieht und entscheidend dafür ist die sogenannte Kern-Mantel-Grenze. Hier treffen heiße geschmolzene Metalle aus dem äußeren Erdkern, vor allem Eisen und Nickel, auf das Gestein des Erdmantels, das rund 1000 Grad kühler ist. Ein bisschen kann man sich das vorstellen wie den Bereich, in dem heiße Vulkanlava ins kalte Meer fließt – nur dass die Kern-Mantel-Grenze natürlich eine noch viel deutlicher Abgrenzung darstellt, sie ist tatsächlich die größte thermische Grenze unseres Planeten. Und genau an dieser Grenze bestimmt sich, wie viel der Wärme aus dem Erdinneren weiter nach außen dringen kann. Anders gesagt: Um herauszufinden, wie schnell die Erde abkühlt, muss herausgefunden werden, wie wie viel Wärme an der Grenze zwischen Kern und Mantel abgefangen wird. Und dafür hat das Forscherteam aus Zürich sich etwas Schlaues überlegt: Sie haben das dort vorherrschende Mineral eingehender untersucht. 

Bridgmanit: Häufigstes Mineral der Erde in Meteorit entdeckt - DER SPIEGEL
Bridgmanit entsteht unter dem extremen Druck im Erdinneren – Foto: Chi Ma/Caltech

Im Erdinneren tummeln sich jede Menge kuriose Mineralien, die nur dort unten aufgrund des immensen Drucks entstehen können. Eins davon ist Bridgmanit. Es ist grundsätzlich nur im Erdmantel zu finden und an der Oberfläche allenfalls eingeschlossen in Meteoriten, die auf der Erde eingeschlagen sind. Bridgmanit ist das dominierende Mineral in der Kern-Mantel-Grenze und bislang war höchst umstritten, wie gut es Wärme leitet. Das Problem: Man kann sich nicht eben einfach mal zur Kern-Mantel-Grenze graben und das Bridgmanit dort untersuchen. Deswegen haben die Forscher Folgendes getan: Sie erzeugten einfach selbst Bridgmanit-Kristalle und zwar mit extremem Hochdruck und Hitze unter Laborbedingungen.

Wird verarbeitet …
Erledigt! Sie sind auf der Liste.

Jeweils einen der Kristalle platzierten sie in einer Diamantstempelzelle und setzten sie dem Druck von 80 Gigapascal aus. Mithilfe eines Lasers heizten sie die Kristallprobe nun allmählich bis auf rund 2.200 Grad auf. Im Prinzip haben sie also die Bedingungen an der Kern-Mantel-Grenze nachgestellt – und mit einem Spektroskop zeichneten sie dann währenddessen die vom Kristall ausgehende Strahlung auf, daraus kann man dann Hitze, Wärmefluss und Zustand des Kristalls ablesen. Das Ergebnis enthüllte dann: Bridgmanit leitet die Wärme anderthalb mal besser ab als man bislang angenommen hatte. Und das heißt: Die Kern-Mantel-Grenze lässt viel mehr Wärme durch als man bislang dachte, der Erdkern kühlt wesentlich schneller aus. 

Die Kern-Mantel-Grenze ist durchlässiger als bislang angenommen

Nicht nur das Erddynamo wird also früher den Geist aufgeben, als bislang berechnet, auch die Plattentektonik, der Drift der Kontinente, die Gebirgsbildung und der Vulkanismus werden schneller zum erliegen kommen als angenommen. Und wie schnell? Das weiß man leider trotzdem nicht, da solche geologischen Prozesse sich über gewaltige Zeiträume abspielen, die sich sehr schwer konkret berechnen lassen. Unter anderem spielen dafür auch noch der Zerfall radioaktiver Elemente im Erdkern eine Rolle und die genaue Bewegung der sogenannten Mantelkonvektion. Auch wenn der Erdkern schneller abkühlt als gedacht, wird seine Hitze uns also noch viele Erdzeitalter erhalten bleiben.

Noch mehr Informationen über das Abkühlen unseres Planeten erhaltet Ihr in diesem Video:

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