Immer weniger Sterne: Stirbt der Kosmos?

Darstellung des Kosmos

Astrophysiker sind angesichts neuer Daten absolut ratlos und sagen: Das Universum stirbt. Müssen wir unsere Annahmen über den Kosmos wieder einmal komplett über den Haufen werfen? 

Direkt mal zu Beginn eine unfassbare Zahl: 4×1048. Ausgesprochen wird das wie folgt: Vier Billion Billion Billion Billion Billion Billion Billion. Hierbei handelt es sich um die Anzahl aller Photonen im gesamten Universum. Photonen sind Teilchen des Lichts. Diese Gesamtanzahl der kosmischen Photonen gibt Auskunft darüber, wie viel Licht die Sterne des Universums bisher abgestrahlt haben. Die Zahl klingt gigantisch. Aber bei der immensen Größe des Universums bietet all dieses Licht ungefähr so viel Erhellung wie eine 60-Watt-Glühbirne aus vier Kilometern Entfernung. 

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Seit 2008 untersucht das Fermi Gamma-ray-Weltraumteleskop den Weltraum im Gamma-Bereich. In diesem Bereich können wir besonders heftige, energiereiche kosmische Prozesse wie Supernovae oder Kollisionen von Sternen beobachten. Anhand der über die Jahre gesammelten Daten des Fermi-Weltraumteleskops konnte ein Team von Astronomen der Clemson University in den USA die Anzahl aller Photonen des gesamten Universums ausrechnen. Das funktionierte folgendermaßen: Die Astronomen schätzten zunächst die Größe des sichtbaren Universums. Ein mehrdimensionaler Raum mit einem Durchmesser von vielen Milliarden Lichtjahren, der mindestens eine bis zwei Billionen Galaxien und eine Billion Sterne enthält. Die meisten dieser Sterne und Galaxien sind viel zu weit entfernt und zu schwach, um sie mit den besten Teleskopen wie James Webb detailliert analysieren zu können. Aber das spielt keine Rolle, denn die gesamte Energie, die jemals von allen Sternen des Universums abgestrahlt wurde, ist immer noch da und füllt den Kosmos mit einer Art Nebel, einem Meer von Photonen, das als extragalaktisches Hintergrundlicht bekannt ist. Wir schwimmen also permanent in einem Ozean aus all dem Sternenlicht, das es jemals gab.

Weltraumteleskop im Kosmos
Weltraumteleskope berechnen die Sternendichte

Das extragalaktische Hintergrundlicht

Und dieses extragalaktische Hintergrundlicht hat es in sich – im wahrsten Sinne des Wortes. Denn in diesem diffusen Lichtabdruck ist die gesamte Geschichte der Geburt und des Todes von Sternen im Universum geschrieben, von seinen Anfängen vor 13,8 Milliarden Jahren bis heute. So ein bisschen wie ein uralter Baum, in dessen Maserung Ihr die Einflüsse seit Anbeginn der Zeit ablesen können. Deshalb war das extragalaktische Hintergrundlicht das perfekte Beobachtungsobjekt für die Astronomen der Clemson University und das Fermi Teleskop. Um noch genauere Informationen über die Entwicklung der gesamtkosmischen Photonen zu erhalten, haben sie auch den Einfluss sogenannter Blazare untersucht. 

Was ist ein Blazar? 

In einigen Galaxien geht in ihrem Zentrum wirklich die Post ab. Dort befinden sich supermassive Schwarze Löcher, die in einer gewaltigen Akkretionsscheibe Material herumwirbeln. Es entsteht so viel Energie, das diese in heftigen Ausbrüchen fortgeschleudert wird. Solche hyperaktiven Schwarzen Löcher, also solche aktiven Galaxienkerne bezeichnet man als Quasar. Und es gibt Quasare, deren Energieausbrüche genau in Richtung Erde zeigen. Solche Quasare, deren Energieausbrüche in Richtung Erde erfolgen, nennt man Blazare. Und die Energieausbrüche der Blazare hinterlassen deutliche Spuren im extragalaktischen Hintergrundlicht. 

Um zu unserem Baum-Beispiel zurückzukehren – das ist so, als könnte man überall im Querschnitt des Baums deutliche Macken sehen, die von heftigen singulären Ereignissen herrühren. Vaidehi Paliya, Leiterin der Studie, sagt: “Mit Hilfe von Blazaren haben wir das gesamte Sternenlicht in verschiedenen Zeiträumen gemessen. Wir haben das gesamte Sternenlicht jeder Epoche gemessen – vor 1 Milliarde Jahren, vor 2 Milliarden Jahren, vor 6 Milliarden Jahren und so weiter – bis zurück zur ersten Sternentstehung.” Durch die Analyse des extragalaktischen Hintergrundlichts und der Stärke der Blazarausbrüche über die Jahrmilliarden hinweg, konten die Astronomen ein sehr akkurates Bild der Photonenzahl und damit der Sternentstehung im Kosmos über die komplette Zeitspanne seiner Existenz hinweg erstellen. Anders gesagt: Die Forscher wissen nun, wann wie viele Sterne im Kosmos entstanden sind und wie viel Licht dabei jeweils abgestrahlt wurde. Und jetzt die deprimierende Nachricht: Der Kosmos stirbt. 

Darstellung eines Sternentstehungsnebels
Im Nebel: Hier entstehen zahlreiche Sterne

Immer weniger Sterne: Der Kosmos stirbt

Die Astronomen konnten aus den Ergebnissen ablesen, dass die Sternentstehungsrate auf dem absteigenden Ast ist. Die Rate von neu entstehenden Sternen erreichte schon vor Milliarden Jahren ihren Höhepunkt und seitdem werden im gesamten Kosmos immer weniger Sterne geboren. In der Milchstraße entstehen pro Jahr nur sieben neue Sterne. Warum die Sternenentstehung so sehr zurückgeht und das Universum von seinen aktiven jungen Jahren in den Herbst seines Lebens übergegangen ist, ist für die Forscher ein großes Rätsel. 

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Natürlich gab es vor Milliarden Jahren noch viel mehr kosmisches Material, vor allem gigantische Wasserstoffwolken, aus denen neue Baby-Sterne entstehen konnten. Und jetzt, wo es schon sehr viele Sterne gibt, mangelt es einfach an Produktionsmaterial – aber das alleine reicht nicht als Erklärung für die so überraschend niedrige Sternentstehungsrate. 

Weniger Sterne, weniger Leben

Die Metapher mit dem “Sterben” des Universums ist tatsächlich akkurat, denn der Prozess der Sternentstehung ist letztlich der Prozess, dem wir unser Leben verdanken. Die Planetenforscherin Dr. Ashley King sagt: “Fast alle Elemente im menschlichen Körper sind in einem Stern entstanden, und viele von ihnen haben mehrere Supernovae überstanden. Eine ganze Reihe verschiedener Sterne haben die Elemente beigesteuert, die wir in unserem eigenen Sonnensystem, auf unserem Planeten und in unserem Körper vorfinden.” Es klingt zwar kitschig, aber im Grunde bestehen wir alle aus Sternenstaub. 

Darstellung der Elemente im menschlichen Körper
Wir sind aus Sternenstaub: Elemente im menschlichen Körper

Nur unter den extremen Bedingungen innerhalb von Sternen konnten die meisten Elemente überhaupt erst entstehen. Sterne sind also die Schmieden für die Elemente des Lebens – und nicht zuletzt spenden sie natürlich für Leben essentielles Licht und Wärme. Man kann also sagen: Weniger neue Sterne bedeutet weniger Quellen für neues Leben.

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HD1: Die mysteriöseste Galaxie aller Zeiten

HD1: Die am weitesten entfernte Galaxie

Die Galaxie HD1 macht Forscher sprachlos. Denn sie dürfte eigentlich gar nicht existieren. Müssen wir vielleicht die komplette Geschichte des Kosmos inklusive Urknall über den Haufen werfen? 

Wir alle sind Zeitreisende. Jeder Blick in den Kosmos ist ein Blick zurück in der Zeit. Wir sehen andere Himmelskörper so, wie sie aussahen, als das Licht sich auf den Weg gemacht hat. Den Jupiter seht Ihr im Durchschnitt so, wie er vor 43 Minuten aussah. Die Sonne, wie sie vor rund acht Minuten aussah. So lange braucht das Licht zu uns. 

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Dieser Blick in der Zeit zurück wird bei anderen Galaxien noch beeindruckender. Selbst unsere Nachbargalaxie, Andromeda, also die Galaxie, die am nächsten an unserer Milchstraße dran ist, ist stolze 2,5 Millionen Lichtjahre entfernt. Falls Ihr Astrofotografie betreibt, habt Ihr die Andromeda-Galaxie sicherlich schon mal vor die Linse bekommen. Ich finde den Gedanken faszinierend, dass wir auf solchen Fotos eine Galaxie sehen, wie sie vor Millionen von Jahren aussah. Das entspricht gar nicht unserer normalen Wahrnehmung, denn im Alltag sehen wir die Dinge natürlich meistens live. 

Wie ein Luftballon: Die Expansion des Universums

Diese unfassbare Tatsache, dass wir in der Zeit zurückblicken können, können wir uns zunutze machen, um sogar bis in die Anfangszeit des Kosmos zurückzuschauen. Richtig gehört: Wir können mit modernen Teleskopen das Licht einfangen, das vor Milliarden von Jahren ausgesandt wurde und so die ersten Galaxien des Kosmos beobachten. Eine Zeitreise von epischem Ausmaß, die keine Science Fiction ist, sondern mit den aktuellen technischen Mitteln problemlos möglich ist.

Die am weitesten entfernte Galaxie: HD1

Und nun haben Astronomen etwas ganz Besonders entdeckt: Die älteste und am weitesten entfernte jemals gefundene Galaxie überhaupt. Unten seht Ihr ein Originalfoto dieser uralten Galaxie namens HD1. Aufgenommen wurde es mit Hilfe des Spitzer-Weltraumteleskops, dem Subaru-Teleskop auf Hawaii und der ALMA-Teleskopanlage in Chile. Unfassbar, dass wir von dieser ältesten Galaxie, einer Zeitzeugin der Epoche kurz nach dem Urknall, eine echte Aufnahme haben. 

Aufnahme der Galaxie HD1

HD1 ist wohl 300 Millionen Jahre nach dem Urknall entstanden, das Licht reiste also 13,5 Milliarden Jahre von ihr zu uns auf dieses Foto. Das ist aber nicht ihre tatsächliche Distanz von uns aus gesehen, da der Kosmos selbst schneller als Lichtgeschwindigkeit expandiert. Dadurch ergibt sich eine tatsächliche Entfernung von über 33 Milliarden Lichtjahren, obwohl das Universum erst 13,8 Milliarden Jahre alt ist. Wie gesagt: Das ist kein Widerspruch zur Relativitätstheorie, denn der Kosmos selbst hält sich nicht an die Regel, das in ihm Lichtgeschwindigkeit das schnellste ist. 

HD1: zu hohe UV-Strahlung

Das Alter von HD1 ist auch der Grund für ihre starke Rotverschiebung. Je weiter sich eine Galaxie von uns entfernt, desto mehr wird das Licht, das von ihr ausgeht, gestreckt und in den roten Bereich des Lichtspektrums verschoben. Das nennt man eben Rotverschiebung und da der Weltraum expandiert, kann man anhand der Rotverschiebung einer Galaxie herausfinden, wie weit sie von uns weg ist, also wie weit sie bereits gemeinsam mit dem Kosmos wegexpandiert ist. Doch wenn man diese Rotverschiebung durch die Expansionsbewegung ausrechnet, dann kommt man zu dem Ergebnis, dass HD1 unglaublich hell im UV-Bereich strahlt – und das hat die Astronomen sprachlos gemacht, denn von den frühen Galaxien des Kosmos ist man eine solch hohe UV-Strahlung absolut nicht gewohnt. HD1 ist also ein echtes Mysterium vom Anbeginn der Zeit, dessen Geheimnisse wir nun, Milliarden Jahre später versuchen zu entschlüsseln. 

Klar ist, dass innerhalb von HD1 hochenergetische Ereignisse stattfinden müssen – oder besser gesagt: in der Vergangenheit stattgefunden haben, die diese immense UV-Strahlung verursachen. Nur ist es natürlich immens schwierig, etwas über die Ereignisse in einer Galaxie herauszufinden, die Milliarden Lichtjahre entfernt ist. Der beteiligte Forscher Fabio Pacucci vom Harvard University & Smithsonian Astrophysical Observatory beschreibt es so: “Es ist, als würde man die Nationalität eines Schiffes anhand der Flagge erraten, die es führt, während man sich weit weg an Land befindet und das Schiff inmitten eines Sturms und dichten Nebels liegt. Man kann vielleicht einige Farben und Formen der Flagge erkennen, aber nicht in ihrer Gesamtheit. Letztendlich ist es ein langes Spiel der Analyse und des Ausschlusses unplausibler Szenarien.”

Ammoniten

Auch irgendwie mysteriös: Die Ammoniten

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HD1: Theorien für energiereiche Strahlung

Die Forscher haben aber zwei Theorien, die die energiereiche Strahlung von HD1 erklären könnten: Entweder befand sich im Zentrum von HD1 ein mächtiger Quasar oder es handelt es sich hier um eine sogenannte Starburst-Galaxie. Fangen wir mal mit dem Quasar an. Quasare gehören zu den unglaublichsten Objekten im Universum. Es handelt sich um aktive Galaxienkerne, in denen ein Schwarzes Loch umliegende Sterne und Gasnebel verschlingt und heftige Energieausbrüche in den Kosmos schleudert. Um das Schwarze Loch sammelt sich eine sogenannte Akkretionsscheibe, in der so viel Energie steht, dass sie dann in Jets fort geschossen wird. Wenn das die Erklärung für die starke UV-Strahlung von HD1 wäre, dann hätten wir gleich noch einen Rekord: Dann wäre HD1 auch der bisher fernste und älteste je beobachtete Quasar. 

Künstlerische Darstellung eines Quasars

Aber es gibt ein Problem: Anhand der Strahlung von HD1 kann man ausrechnen, dass ein aktives Schwarzes Loch im Zentrum dieser Galaxie rund 120 Millionen Sonnenmassen schwer sein müsste. Für ein Schwarzes Loch, das so früh nach dem Urknall entstanden ist, ist das aber ein erstaunliches Gewicht. Um nicht zu sagen: Es ist im Prinzip ein unmögliches Gewicht, denn in dieser frühen Phase des Universums gab es eigentlich noch nicht genügend Zeit, um so viel Masse zu verschlucken, um so schwer zu werden. Und das ist es, was die Astronomen so ratlos macht: Wie kann der Quasar nur 300 Millionen Jahre nach dem Urknall so schwer sein? Ist vielleicht mit unserer Theorie des Alters des Universums irgendetwas nicht in Ordnung? Der bekannte Astrophysiker Avi Loeb sagt: “Ein paar 100 Millionen Jahre nach dem Urknall muss ein Schwarzes Loch in HD1 aus einem massiven Keim mit einer noch nie dagewesenen Geschwindigkeit gewachsen sein. Einmal mehr scheint die Natur einfallsreicher zu sein als wir.” 

Oder gibt es noch einen anderen Erklärungsansatz für die kuriosen Eigenschaften von HD1? Eine andere Erklärung wäre, dass es sich um eine Starburst-Galaxie handelt. Das sind Galaxien, in denen es zu einer ungewöhnlich hohen Bildung von neuen Sternen kommt. Viele Galaxien werden durch Zusammenstöße mit anderen Galaxien zu Starburst-Galaxien, weil durch die Kollision jede Menge Wasserstoff und Helium in die Galaxie gespült werden, woraus dann neue Sterne bestehen. Die erhöhte Sternentstehung könnte also erklären, weshalb HD1 so viel Energie aussendet. 

Starburst: Die Antennen-Galaxie

Population-III-Sterne: Die ältesten Generationen

Aber auch hier gibt es ein Problem: Für die gemessene Strahlungsmenge müsste HD1 mehr als 100 Sterne pro Jahr erzeugen, das ist mindestens zehnmal mehr als man für solche frühen Galaxien erwarten würde. Eine Erklärung könnte sein, dass in HD1 eine ganz besondere Art von Sternen entstanden ist, sogenannte Population-III-Sterne. Das sind Sterne der ältesten Generation, die im Gegensatz zu heutigen Sternen, wie wir sie beispielsweise aus der Milchstraße kennen, massereicher, leuchtstärker und heißer waren. Weil die Population-III-Sterne mehr UV-Licht produzieren, könnte das also die extreme UV-Helligkeit von HD1 erklären. 

Bisher konnte man solche Population-III-Sterne noch nie direkt nachweisen, auch das wäre also ein absoluter Meilenstein. Möglich wäre auch eine Kombination aus beiden Erklärungsansätzen: HD1 könnte eine relativ hohe Sternentstehungsrate und einen relativ schweren Quasar im Zentrum besessen haben. Die ganze Sache bleibt aber extrem rätselhaft. 

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Statt Urknall: Die kosmische Inflation

Urknall oder Kosmische Inflation

Ist der Urknall doch nicht der Anfang des Universums? Das behaupten immer mehr Wissenschaftler. Aber würde das nicht all unsere Erkenntnisse über den Kosmos über den Haufen werfen? 

Irgendwie ist es schon ein wenig seltsam, wenn man länger drüber nachdenkt: Wir sitzen hier auf dieser Kugel, die um einen gigantischen Wasserstoffball rotiert und die Atome in unserem Kopf sind genau richtig angeordnet, so dass wir in der Lage sind, uns Gedanken über den Kosmos zu machen. Dieser Kosmos beinhaltet Milliarden von Galaxien, gigantische Sterneninseln, von denen die meisten sich voneinander weg bewegen, weil der Kosmos als Ganzes expandiert. Seien wir mal ehrlich: Das klingt doch so, als hätte sich irgendein höheres Wesen diese Szenen nur ausgedacht. 

Und es wird noch kurioser: Nach Ansicht der meisten Astrophysiker hat die Expansion des Kosmos in einem singulären Ereignis begonnen: dem Urknall. Alles, was existiert, all die Materie des Universums, all die Energie, alles, woraus Planeten und Sterne bestehen, alles woraus Ihr besteht, war in einem winzigen Punkt ohne Ausdehnung zusammengequetscht, in einer Singularität. Aus ominösen Gründen begann dieser Punkt zu expandieren und nun, 13,8 Milliarden Jahre später, sind wir irgendwie hier gelandet. 

Woher stammt der Name Urknall?

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Das Wort Urknall ist übrigens irreführend und wurde ursprünglich von den Kritikern der Theorie entwickelt. Der belgische Physiker und Priester George Lemaître entwickelte im frühen 20. Jahrhundert die Urknalltheorie und nannte das Ganze Uratom. Damals ging allerdings die komplette Mainstreamwissenschaft davon aus, dass das Universum statisch sei. Man wollte George Lemaître daher lächerlich machen und entwickelte das Wort Urknall. 

Heute wissen wir, dass George Lemaître grundsätzlich Recht hatte: Der Weltraum ist nicht statisch, seine Expansion kann durch moderne Beobachtungstechnik als definitiv bewiesen gelten und es sieht alles danach aus, als hätte es ein kosmisches Anfangsereignis gegeben. Wir können auch bis fast dahin zurückgucken, aber nicht ganz. Erst ungefähr 380.000 Jahre nach dem Urknall wurde das Universum durchsichtig, das bedeutet, dass plötzlich Strahlung ausgesendet wurde, genauer gesagt kosmische Mikrowellenstrahlung. Bis zu diesem Moment können wir zurückschauen. Wir sehen dort eine gigantische uns überall umgebende Wand von eben dieser Mikrowellenstrahlung. Man nennt dies die kosmische Hintergrundstrahlung. 

War der Urknall wirklich der Beginn von allem?

Da damals das Universum viel kleiner war als heute, ist es für Kosmologen sehr praktisch, diese kosmische Hintergrundstrahlung nach Elementen abzusuchen, um mehr über das frühe Universum zu lernen. Doch hinter die kosmische Hintergrundstrahlung zu schauen, gestaltet sich als schwierig und deswegen ist höchst umstritten, wie genau das Anfangsereignis des Universums aussah und ob es wirklich eine Singularität war, wie meistens behauptet wird. Und tatsächlich sagen immer mehr Astrophysiker: Das mit der Singularität könnte die falsche Fährte sein. Der amerikanische Astrophysiker Ethan Siegel sagt: “Die Vorstellung eines singulären Beginns von Raum, Zeit und Universum war lange Zeit als Urknall bekannt. Doch als wir genau hinsahen, stellten wir fest, dass das Universum eine andere Geschichte erzählte. Die Extrapolation bis zu einer Singularität führt zu Vorhersagen, die nicht mit dem übereinstimmen, was wir beobachten.”

Singularitäten stehen ohnehin ein wenig auf Kriegsfuß mit den Gesetzen der klassischen Physik. Ein unendlich verdichteter Punkt ohne Ausdehnung lässt sich mit den einsteinschen Gesetzen der Relativitätstheorie nicht beschreiben. Deswegen behelfen sich die meisten Astrophysiker einfach, indem sie sagen, dass am Anfang des Universums eben alles noch so kurios war, dass die Gesetze der Physik da nicht wirklich funktioniert haben. Aber selbst wenn man die anfängliche kosmische Singularität als gegebenes Kuriosum hinnimmt, ergeben sich weitere Probleme. 

Was gegen den singulären Start des Weltalls spricht

Laut Ethan Siegel gibt es vor allem drei Umstände unseres Universums, die nicht wirklich zu einem singulären Beginn passen, und zwar: 

  1. Warum gibt es, wenn das Universum diese ultrahohen Energien schon früh erreicht hat, keine hochenergetischen Relikte (wie magnetische Monopole), die durch die Urknalltheorie eigentlich vorhergesagt werden?
  2. Warum hat das Universum in allen Richtungen mit einer Genauigkeit von 99,997 % genau die gleiche Temperatur, obwohl das Universum noch nicht lange genug existiert, um die verschiedenen Regionen zu thermisieren und einen Gleichgewichtszustand zu erreichen?
  3. Warum wurde das Universum in einer vollkommen flachen Umgebung geboren, in der die gesamte Materie- und Energiedichte die anfängliche Expansionsrate perfekt ausgleicht?

Alles etwas kompliziert, aber für den Moment reicht es zu verstehen, dass die Urknalltheorie einige Dinge vorhersagt, die wir im Kosmos nicht feststellen können. Irgendwas passt also nicht so ganz. 

Kosmische Inflation als Alternative zum Urknall

Eine Alternative, die besser zu dem passt, was wir beobachten, könnte die kosmische Inflation sein. Astrophysiker wie Ethan Siegel sehen in ihr den eigentlichen Anfang des Kosmos. Die Idee ist im Prinzip simpel: Statt die Expansion so weit zurückzuführen bis wir in Bereiche kommen, die derart verdichtet und heiß sind, dass sie die Gesetze der Physik sprengen, gehen wir einfach nur so weit zurück, wie die Gesetze der Physik es zulassen. Und dann erhalten wir als Startpunkt des Kosmos nicht eine unendlich verdichtete Singularität, sondern bereits einen größeren Bereich, der gefüllt war mit einer bestimmten, definierbaren Energie und eine bestimmte, definierbare Dichte besaß und daher absolut im Einklang mit den physikalischen Gesetzen steht. 

Waren auch schon im Urknall drin: Die Ammoniten

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Dieser Inflationszeitraum ging – der Theorie nach – dem plötzlichen massiven Anwachsen des Universums, das wir bis heute spüren, voraus. Den Beginn des plötzlichen Anwachsens könnte man dann immer noch als Urknall bezeichnen, aber er geschah demnach eben nicht mehr aus einer mysteriösen Singularität heraus, sondern aus einem bereits existierenden Raum, einer Art kosmischen Ursuppe gefüllt mit undefinierter Energie. Ethan Siegel formuliert es so: “Vielleicht ging dem heißen Urknall eine Periode voraus, in der eine extrem hohe Energiedichte in der Struktur des Raums selbst vorhanden war, was dazu führte, dass sich das Universum inflationär ausdehnte, und dann, als die Inflation endete, wurde diese Energie in Materie, Antimaterie und Strahlung umgewandelt, wodurch das entstand, was wir als den heißen Urknall sehen: die Nachwirkungen der Inflation.”

Während also derzeit viele die Wirkung der Inflation in ihrem Portemonnaie merken, könnte auch unser gesamtes Universum ein Produkt kosmischer Inflation vor dem Urknall sein. Eine super faszinierende Theorie, die viele kosmologische Beobachtungen besser zu erklären vermag, als die Urknall-Singularitäts-Theorie. Aber ein Problem hat auch die Inflations-Erklärung: Sie liefert keine Antwort darauf, was vor der Inflation war, vor dem Beginn des Kosmos. Wodurch wurde die Inflationsphase ausgelöst? Gab es den energiegefüllten Vor-Urknall-Raum schon immer? Falls nicht, wer oder was hat ihn erschaffen?

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Superlativ im All: Gigantische Galaxie entdeckt

Astronomen haben ein Galaxienmonster entdeckt. Die Sterneninsel Alcyoneus ist die gigantischste jemals entdeckte Galaxie im gesamten Kosmos. 

16,3 Millionen Lichtjahre: Das ist die Ausdehnung der kürzlich entdeckten Riesengalaxie Alcyoneus. Diese neue Sterneninsel ist viel größer als unsere Milchstraße. Diese besitzt nämlich nur eine Ausdehnung von maximal 200.000 Lichtjahren. Die Ausdehnung von Alcyoneus ist damit also knapp 81 mal größer als die unserer Heimatgalaxis. 

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Diese unvorstellbaren Ausmaße sind aber nicht die einzige Kuriosität, die Alcyoneus aufweist. Es handelt sich um eine Radiogalaxie. Der Grundaufbau von Radiogalaxien ist ähnlich wie der Aufbau “normaler” Galaxien – wir haben eine große Ansammlung von Sternensystemen und im Zentrum befindet sich ein supermassives Schwarzes Loch. So ist auch unsere Milchstraße aufgebaut. Bei Radiogalaxien kommt es aber zu heftigen Energieausbrüchen aus dem Zentrum der Galaxie, die besonders gut im Radiobereich beobachtbar sind. Die Energieausbrüche entstehen durch Prozesse in der Nähe des supermassiven Schwarzen Lochs. Hier kann um das Schwarze Loch herum, in der sogenannten Akkretionsscheibe, so viel Energie entstehen, dass es zu heftigen Ausbrüchen kommt, so genannte Jets. 

Schwarzes Loch mit einem Jet

Es kann geschehen, dass Jets eine derart hohe Ausdehnung erreichen, dass sie aus der Galaxie herausragen und mit dem intergalaktischen Medium reagieren. Intergalaktisches Medium ist im Prinzip all das Zeug, was nicht in Galaxien ist, sondern außerhalb herum schwebt, vor allem Wasserstoff. Es ist zwar nicht viel, aber die geringe Menge an Wasserstoff außerhalb der Galaxien genügt, um eine Reaktion mit den ausgestoßenen Jets zu erzeugen. Und dadurch entstehen diese für Radiogalaxien typische Strukturen.

Ok, so weit, so einfach. Jetzt wird es aber etwas knifflig: Den Ausstoß von Energiestrahlung aus dem supermassiven Schwarzen Loch im Zentrum gibt es eigentlich bei fast jeder Galaxie. Und auch fast jede Galaxie bildet zumindest zaghafte Radioenergiestrahlung aus, sogar unsere Milchstraße. Die ungeklärte Frage ist jetzt: Warum nehmen diese Radioausbrüche bei einigen Galaxien wie bei Hercules A oder bei Alcyoneus so derart riesige Ausmaße an? Was unterscheidet diese Riesenradiogalaxien von normalen Galaxien? 

Radiogalaxie Hercules A

Dieses Geheimnis könnten wir durch die Entdeckung des galaktischen Giganten Alcyoneus klären. Der Astronom Martijn Oei vom Observatorium Leiden in den Niederlanden sagt: “Wenn es bestimmte großräumige Umgebungen gibt, die das Wachstum von Riesenradiogalaxien begünstigen, dann werden sich die größten Riesenradiogalaxien wahrscheinlich in diesen Umgebungen befinden.” 

Was verrät uns Alcyoneus über die Geheimnisse der Riesenradiogalaxien? 

Das Zentrum der Galaxie, aus dem die Radioausbrüche herausquellen, nennt man bei Radiogalaxien Wirtsgalaxie. Und die Wirtsgalaxie von Alcyoneus scheint relativ normal zu sein. Es handelt sich um eine ganz normale elliptische Galaxie, die etwa 240 Milliarden Mal so schwer ist wie die Sonne. Die Wirtsgalaxie von Alcyoneus ist also ein galaktisches Leichtgewicht. Die Forscher aus den Niederlanden schreiben dazu: “Abgesehen von der Geometrie sind Alcyoneus und seine Wirtsgalaxie verdächtig gewöhnlich: Die gesamte niederfrequente Leuchtdichte, die stellare Masse und die Masse des supermassiven Schwarzen Lochs sind alle niedriger als bei den mittleren Radiogalaxien, obwohl sie ähnlich sind”

Wie aber lassen sich die Radioausbrüche nun erklären? Im Zentrum von Alcyoneus befindet sich ein supermassereiches Schwarzes Loch, das etwa 400 Millionen Mal so schwer ist wie die Sonne. Und hier wird es interessant: Das ist im Vergleich zu anderen Radiogalaxien nicht besonders schwer, wie die Forscher festgestellt haben. Aber es ist viel schwerer als Sagittarius A*, das zentrale Schwarze Loch unserer Galaxis. Sagittarius A* wiegt nur knapp 4,3 Millionen mal so viel wie die Sonne. Wir haben mit Alcyoneus also eine Galaxie, die viel leichter ist als die Milchstraße und daher vermutlich insgesamt weniger Sterne beinhaltet, aber ein Schwarzes Loch besitzt, dass gemessen an dem Gewicht der Galaxie extremst gewaltig ist. 

Meine Idee ist: Diese Kombination aus leichter Galaxie und schwerem Schwarzen Loch ist die perfekte Voraussetzung für die heftigen Radio-Bommel, da die gewaltigen Energieausbrüche sehr schnell das Ende der kleinen Wirtsgalaxie und damit das intergalaktische Medium erreichen. In einer normal großen Galaxie mit einem nicht so schweren Schwarzen Loch entstehen hingegen viel weniger heftige Radioausbrüche, die sich auch schon abgeschwächt haben, wenn sie das intergalaktische Medium erreichen. Der Schlüssel zum Radiogigantismus von Alcyoneus könnte also die Kleinheit der Wirtsgalaxie gepaart mit dem überdurchschnittlichen Gewicht des zentralen Schwarzen Lochs sein. 

Das kosmische Netz und die Filamente

Eine andere Ursache oder vielleicht auch eine Mitursache könnte laut den Forschern die Position von Alcyoneus im kosmischen Netz sein. Stellt euch mal vor, Ihr wärt ein unfassbar großer Riese, der den gesamten Kosmos von außen sehen könnte. Dann würdet Ihr das hier sehen: Das kosmische Netz.

Das kosmische Netz

Jedenfalls sehen wir, dass der Kosmos durchzogen ist von helleren Linien, das sind die sogenannten Filamente und in denen ordnen sich die allermeisten Galaxien an. Auf irgendeinem dieser Filamanete sitzen gerade wir in unserer Galaxis – und zwischen den Filamenten befinden sich riesige Leerräume, sogenannte Voids. Da ist nicht besonders viel, einfach große gähnende Leere. Je nachdem, wo sich eine Galaxie befindet, also mitten in einer dichten Umgebung mit vielen Galaxien zentral im Filament oder vielleicht an der Schnittstelle zwischen Filamenten und Voids unterscheidet sich die Zusammensetzung des intergalaktischen Mediums. Es besitzt je nachdem eine höhere oder niedrigere Wasserstoffdichte. Und die Idee ist, dass Alcyoneus sich an einer Position des kosmischen Netz befindet, in der das intergalaktische Medium weniger dicht ist, so dass einer Expansion der Radioausbrüche weniger Widerstand gegenüber steht. Ich schätze, dass es eine Mischung aus all diesen Faktoren ist, die es Alcyoneus erlaubt haben, derart gigantische Ausmaße anzunehmen: Anzahl der Sterne, Gewicht des Schwarzen Loches und Position im kosmischen Netz. 

Die Galaxie IC 1101 im Vergleich

Einen Punkt müssen wir noch klären. IC 1101 ist doch eigentlich die größten Galaxie. Bei Galaxien kommt es immer darauf an, auf welche Größe man Bezug nimmt. Ausdehnung, Anzahl der Sterne oder Gewicht der Galaxie. Die Begriffe werden leider oft durcheinander geworfen. IC 1101 ist tatsächlich sehr groß, was all diese Werte angeht. Mit einer Ausdehnung von knapp zwei Millionen Lichtjahren ist IC 1101 gigantisch und besitzt eins der schwersten Schwarzen Löcher im bekannten Kosmos überhaupt. Und bei der Anzahl der Sternsysteme könnte IC 1101 mit unglaublichen 100 Billion tatsächlich auf Platz 1 liegen. Aber was die räumliche Ausdehnung an sich angeht, ist Alcyoneus mit seinen gigantischen Radiowülsten, die sich ja über 16 Millionen Lichtjahre erstrecken, unangefochten auf Platz 1. 

Die Größe der neuen Galaxie

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