Lokale Blase: Riesige Magnetstruktur um Sonnensystem kartiert

Lokale Blase Magnetfeld

Unser Sonnensystem ist umgeben von einer riesigen magnetischen Struktur, von einer echten Super Bubble, in der unser Stern sich befindet und deren magnetische Wirkung absolut faszinierend ist! Alles über die lokale Blase und ihr Magnetfeld lest ihr in diesem Beitrag.

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Unser Sonnensystem befindet sich in der lokalen Blase, einer riesigen rund 1000 Lichtjahre großen Leere, die sich um unseren Stern herum ausbreitet. Und diese Super Bubble ist nicht das Hirngespinst von größenwahnsinnigen Kaugummiherstellern, sondern das Ergebnis einer oder mehrerer Supernova-Explosionen. Und jetzt haben Forscher erstmalig etwas Erstaunliches geschafft. 

Aber bevor wir besprechen, was die Forscher geleistet haben, lasst uns nochmal in die Thematik der Super Bubbles reinspringen. Solche Blasen sind keine Seltenheit in unserer Heimatgalaxie, der Milchstraße. Stellt euch die Galaxis vor wie einen Schweizer Käse – überall sind Löcher vorhanden. Diese Löcher gibt es häufig und sie entstehen, wenn große Sterne explodieren, eine sogenannte Supernova. Bei einer Supernova dehnt sich der Stern wie eine Kaugummiblase immer weiter aus, bis sie irgendwann platzt.

Stau in der Lokalen Blase

Nach der Explosion bleibt kein klebendes Kaugummi zurück, sondern ein wunderschöner Supernovaüberrest. Viel wichtiger für unser Thema ist aber, was während der Explosion passierte: Die Schockwellen der Explosion haben alles, was sich um den Stern herum befand, weggeblasen: Wie von einem galaktischen Schneepflug wurden geladene Staubteilchen und Gase an den sich ausdehnenden Rand der Schockwellen in der lokalen Blase angestaut. Deswegen kleben auch jetzt noch am Rande unserer Super Bubble viele Staubreste und Gase und bilden einige Sternentstehungsgebiete, wo sich Sterne aus dem vorhandenen Material bilden können, wie zum Beispiel die Taurus-Molekülwolke, eine ausgedehnte Ansammlung aus Gas und Staub. 

Darstellung der Lokalen Blase (Leah Hustak (STScI))
Darstellung der Lokalen Blase (Leah Hustak (STScI))

Und da die Schockwellen alles fortgeweht haben, bleibt eine große Leere im Inneren zurück. Oft wird diese auch als lokales Volumen bezeichnet und es ist im Grunde nichts anderes als ein staubfreier Raum in der direkten interstellaren Umgebung eines Sterns. Und dieser Raum um die Sonne herum wird als lokale Blase bezeichnet. Diese hat sich vor ein paar Millionen Jahren gebildet – ja,  das ist keine besonders genaue Angabe, aber so ist es manchmal in der Astronomie. Man weiß noch nicht einmal so genau, ob nur eine Supernova an der Blaserei beteiligt war, oder doch mehrere. Jedenfalls gilt für unsere lokale Blase der Pulsar Geminga als einer der Schuldigen, ein Neutronenstern im Sternbild Zwilling, der vor rund 300.000 Jahren bei einer Supernovaexplosion entstanden und einer der uns am nächsten liegenden Pulsare ist. Dieser Geminga hat ordentlich durchs Sonnensystem durch gefegt und für die relativ geringe Dichte an interstellarer Materie gesorgt. 

Sonne sitzt in einer leeren Blase

Ok, wir wissen jetzt , dass die lokale Blase durch die Explosion eines oder mehrerer großer Sterne entstanden und der Raum um unsere Sonne gähnend leer ist und die Sonne in einer riesigen Bubble sitzt. Theo O’Neill vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics sagt dazu: „Das Weltall ist voll von solchen Suberbubbles, die die Bildung von neuen Sternen und Planeten fördern und die Struktur von Galaxien beeinflussen. Indem wir mehr über die physikalischen Prozesse lernen, die unsere lokale Blase prägen, lernen wir auch mehr über die Evolution und Dynamik solcher Suberbubbles allgemein.“ 

Über Aufbau und Größe dieser Blase ist dank der Arbeit der Forscher vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics schon seit Anfang 2022 einiges bekannt. Die Blase ähnelt einem zerquetschtem Kaugummi, hat eine Größe von rund 1000 Lichtjahren und die Sonne befindet sich ziemlich genau in der Mitte in der Lokalen Blase in einer Region namens Lokale Flocke. 

Magnetfelder der lokalen Blase

Und jetzt kommt die grandiose News: Die gesamte Blase wird von komplexen Magnetfeldern durchzogen. Astronomen des Center for Astrophysics Harvard & Smithsonian haben zum allerersten Mal eine 3D-Karte veröffentlicht, die das Magnetfeld der Blase in bisher unbekannten Details zeigt. Ist das nicht cool? Es ist doch immer wieder unglaublich, wie weit die Forschung ist und wozu Menschen im positiven Sinne fähig sein können. 

Übrigens, wir kennen ja schon das Magnetfeld der Erde, das unseren Planeten vor der gefährlichen Sonnenstrahlung schützt. Ohne das Magnetfeld würden die Lichtteilchen der Sonne einfach unkontrolliert auf Städte einprasseln und das könnte den ein oder anderen Lockdown, äh Blackout zur Folge haben. Also, danke liebes Magnetfeld. 

Magnetfeld als Schutzschild

Und das Magnetfeld, das jetzt kartiert wurde, ist im Grunde auch eine Art Schutz, denn es schützt uns und unser gesamtes Sonnensystem vor der gefährlichen kosmischen Weltraumstrahlung. Insofern ist es gut und wichtig, bestens über dieses Gebilde Bescheid zu wissen. Die Forscherin Alyssa Goodman sagt dazu: „Wir wissen schon lange, dass Magnetfelder eine wichtige Rolle für viele astrophysikalische Phänomene spielen. Aber sie zu untersuchen ist notorisch schwierig.“ 

Magnetfeld der lokalen Blase (Theo O’Neill _ Milkyway3d.org
Magnetfeld der lokalen Blase (Theo O’Neill _ Milkyway3d.org)

Und jetzt haben die Forscher einen weiteren Meilenstein geschafft und eben diese 3D-Karte des Magnetfelds der lokalen Blase erstellt. Dafür haben die Astrophysiker Daten über die Polarisation von Strahlung in der Milchstraße des Planck-Satelliten, eines Mikrowellenteleskops der ESA, analysiert. Die Strahlung schwingt in bestimmte Richtungen und diese Richtungen geben Aufschluss darüber, wo sich der Staub am Rand der lokalen Blase aufhält und wie er magnetisiert ist. Auch der berühmte Gaia-Satellit, der unseren gesamten Himmel dreidimensional optisch durchmustert, war beteiligt und hat die Polarisation von Sternenlicht erfasst. 

Erste 3D-Karte der Heimat-Bubble

Das Ergebnis dieser Datenanalyse war dann letztendlich die erste dreidimensionale Magnet-Karte unserer Heimat-Blase. Und das richtig coole: Die Forscher haben eine interaktive Karte davon frei zugänglich ins Netz gestellt haben. Es ist ja immer wichtig, sich nicht nur in seiner eigenen Bubble zu bewegen, sondern auch mal einen Blick von außen drauf zu wagen. 

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Aber was sehen wir jetzt bei der Darstellung der Blase? In der interaktiven Karte könnt ihr das Magnetfeld an und abklicken und sehen, dass die Oberfläche, also das Drumherum der Super Bubble, stark magnetisiert ist. Im Inneren hingegen finden wir kaum magnetische Aktivität. Und die Ausrichtung und Intensität des Magnetfelds deckt sich weitgehend mit der bereits vermessenen Topographie der Blase. 

Mit den Erkenntnissen der neuen 3D-Karte können die Forscher unsere Super Bubble nun ganz neu erforschen. Das neue Wissen ist zum Beispiel wichtig, um mehr über die Bildung von Sternen oder Planeten zu erfahren. Magnetfelder haben einen großen Einfluss auf die Strömungen von Gasen und Staub – die Grundlage für jede Sternenneubildung. Das heißt, dass die Magnetfelder quasi die Fließbänder regulieren können, über die Gas und Staub in Sternenfabriken transportiert werden. Heißt nichts anderes, dass Magnetfelder beeinflussen können, wo ein neuer Stern entsteht. Oder um es mit den Worten der Forscherin Goodman zu sagen: „Mit dieser Karte können wir endlich näher erforschen, wie die Magnetfelder die Sternbildung in Super Bubbles beeinflussen.“ 

Noch mehr Superblasen im All

Und nicht nur das, die Magnetfelder haben vermutlich noch viel mehr Auswirkungen, die uns derzeit noch gar nicht bewusst sind. Immerhin ist der Weltraum ja wie der bereits erwähnte Schweizer Käse voll mit solchen Superblasen, die eben die Bildung von Sternen und Planeten beeinflussen und somit auch Auswirkungen haben auf das gesamte Erscheinungsbild einer Galaxie. Diese 3D-Karte ist also ein weiterer Schritt in die richtige Richtung, um das kosmische Phänomen der lokalen Blase noch weiter zu untersuchen. 

Diese neue Karte ist absolute Pionierarbeit. Denkt mal an die ersten Karten der Erde zurück, als die Seefahrer mit ihren Eindrücken aus der Neuen Welt zuückkamen und alles kartierten. Das war damals revolutionär und wir leben jetzt in einem Zeitalter, in dem nicht mehr die Erde, nicht mehr der Mond, nicht mehr andere Planeten, sondern interstellare Räume kartiert werden können. Es ist doch absolut faszinierend, wie viel Wissen der Mensch sich immer weiter aneignet und dass die Neugierde einfach nicht zu bändigen ist.

Wollt ihr noch mehr über dieses Thema erfahren, dann schaut euch unbedingt mal dieses Video an:

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Riesige Blasen-Struktur umgibt unser Sonnensystem

Unser Sonnensystem befindet sich in einer gigantischen kosmischen Blase. Forscher fanden nun mehr über ihre spektakuläre Entstehung heraus.

Unser Sonnensystem ist Teil der Milchstraße. Wir sind eins von mehreren hundert Milliarden, nach einigen Schätzungen vielleicht sogar bis zu ein Billion, Sternsystemen in der Galaxis. Und wir befinden uns ganz am Rande der Milchstraße, sind also nur galaktische Randerscheinung – ganz im Gegensatz zur Selbsteinstufung vieler Menschen als Zentrum des Universums. 

Die Galaxie ist durchzogen vom interstellaren Medium, einer Mischung aus Staub, Gas und kosmischer Strahlung. An einigen stellen verdichtet sich das interstellare Medium zu gut sichtbaren Molekülwolken. Unser Sonnensystem befindet sich in einer Art Aussparung des interstellaren Mediums, in der sogenannten lokalen Blase. Sie wurde erst vor wenigen Jahrzehnten durch eine Kombination aus optischer, Radio- und Röntgenastronomie entdeckt und nach und nach fand man heraus, dass sie eine riesige Region darstellt, die etwa 10 Mal weniger dicht ist als das durchschnittliche interstellare Medium in der Milchstraße. Eine riesige Hülle, in der unser Sonnensystem drin ist – das klingt ein wenig nach einer anderen Struktur, die unser Sonnensystem umgibt: Die Heliosphäre.

Die Heliosphäre schützt uns vor der kosmischen Strahlung

Wo ist also der Unterschied zwischen der Lokalen Blase und der Heliosphäre? Die Heliosphäre ist ebenfalls eine Hülle um unser Sonnensystem herum, aber sie ist wesentlich kleiner. So klein, dass sogar schon von Menschen gebaute Objekte sie verlassen haben, namentlich die Voyager Sonden, die jenseits der Heliosphäre durch den interstellaren Raum düsen. Innerhalb der Heliosphäre verdrängt der Sonnenwind, also ein Partikelstrom, der von der Sonne ausgestoßen wird, das interstellare Medium nahezu komplett. Man könnte also sagen, dass die lokale Blase eine Enklave innerhalb des interstellaren Mediums ist und die Heliosphäre eine Enklave innerhalb der Lokalen Blase. In der Lokalen Blase ist das interstellare Medium weniger dicht, in der Heliosphäre ist es fast vollständig verdrängt. 

Einem Team von Forschern des Harvard & Smithsonian Center for Astrophysics ist es nun gelungen, die Blase so genau zu kartographieren wie noch nie zuvor. Und sie fanden heraus, dass unsere Lokale Blase eng verbunden ist mit der heftigen Explosion von riesigen Sternen! Aber immer der Reihe nach. Es ist gar nicht so einfach etwas über eine Struktur herauszufinden, in der man drin ist. Man stelle sich nur mal vor, man wolle das eigene Haus vermessen, kann aber das Wohnzimmer nicht verlassen. Um dennoch etwas über die Lokale Blase in Erfahrung zu bringen, nutzten die Forscher Daten des Gaia-Weltraumteleskop – dieses Weltraumteleskop dient der Kartierung der Positionen und Bewegungen von Sternen in der Milchstraße mit der bislang mit Abstand höchsten Präzision. Sie erstellten anhand der GAIA-Daten eine Karte des Gases und der jungen Sterne im Umkreis von etwa 650 Lichtjahre um unser Sonnensystem herum. Das brachte schon mal eine interessante Erkenntnis: Sie fanden heraus, dass sich alle jungen Sterne, also Sterne, die erst ein paar hundert Millionen Jahre alt sind – was für Sterne noch jung und knackig ist – und alle Sternentstehungsgebiete an der “Oberfläche” der lokalen Blase befinden. Die Erklärung dafür ist spektakulär: Innerhalb unserer Blase muss es einst jede Menge Supernova-Explosionen gegeben haben.

Die Lokale Blase entstand durch Supernova-Explosionen

Wenn sich eine Supernova nach außen ausdehnt, komprimiert sie das Material, in das sie expandiert und schiebt es verdichtet immer weiter nach draußen. Dadurch entstehen dichte Ansammlungen von molekularem Gas am Rand des Ausdehnungsgebiet, die im interstellaren Medium schweben und dann unter ihrer eigenen Schwerkraft zusammenbrechen. Wenn dichte Gasnebel kollabieren, entstehen neue Baby-Sterne. Durch Supernova-Explosionen wurde das interstellare Medium also in bestimmte Bereiche zusammengequetscht, wodurch ein riesiger Leeraum entstanden ist, unsere lokale Blase. 

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Die Forscher konnten anhand der GAIA-Daten aber noch viel mehr Details über die Entstehung der Lokalen Blase zurückrechnen. Sie fanden heraus, dass die Geschichte der Blase vor etwa 14,4 Millionen Jahren begann, zunächst mit einer Periode der Sternentstehung, gefolgt von den Supernovae massereicher, kurzlebiger Sterne. 14,4 Millionen Jahren ist im kosmischen Maßstab gar nichts, quasi nur ein Augenblick. Zum Vergleich: Unsere Galaxis ist wohl schon über 10 Milliarden Jahre alt. Das Team hat errechnet, dass die Blase durch ungefähr 15 Supernova-Explosionen über diesen Zeitraum von 14,4 Millionen Jahren entstanden ist. Und die Blase dehnt sich immer noch nach außen aus, mit einer Geschwindigkeit von etwa 6,7 Kilometern pro Sekunde. 

Catherine Manea | astrobites
Durch Daten des GAIA-Teleskops gelang eine genaue Kartierung der Lokalen Blase

Bleibt noch eine große Frage: Warum ist unser Sonnensystem ausgerechnet im Zentrum der Lokale Blase? Antwort: Das ist ein reiner Zufall! Zu erklären ist das mit der Bewegung unseres Sonnensystems durch die Galaxis. Unser Sonnensystem rast um das Zentrum der Milchstraße mit einer Geschwindigkeit von 900.000 Kilometern pro Stunde. Wir benötigen 225 Millionen Jahre einmal um das Zentrum der Milchstraße herum, das bezeichnet man als ein galaktisches Jahr – und durch eben jene Bewegung ist unser Sonnensystem in die lokale Blase hineingeschlittert. Der Physiker und Astronom João Alves von der Universität Wien beschreibt es so:

“Als die ersten Supernovae, die die lokale Blase erzeugten, ausbrachen, war unsere Sonne weit vom Geschehen entfernt. Aber vor etwa fünf Millionen Jahren führte der Weg der Sonne durch die Galaxie genau in die Blase, und jetzt sitzt die Sonne – nur durch Zufall – fast genau im Zentrum der Blase.” 

João Alves

Überall in der Galaxis befinden sich riesige Löcher, riesige Blasen im interstellaren Medium – eben überall dort, wo es zu vielen Supernova-Explosionen kommt und das interstellare Medium verdrängt wurde. Wenn man sich die Milchstraße also komplett mit Blasen durchlöchert vorstellt, dann erscheint es plötzlich gar nicht mehr so unwahrscheinlich, dass unser Sonnensystem auf seiner galaktischen Wanderung eben in das Zentrum einer solchen Blase hinein getrieben ist. Vielleicht wird es in einigen Millionen Jahren diese Blase verlassen und irgendwann eine neue erreichen. 

Noch mehr über die gigantische kosmische Blase um uns herum erfahrt Ihr in diesem Video:

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