Ein Stern namens Gliese710 ist auf Kollisionskurs mit unserem Sonnensystem. Er rast gerade in diesem Moment auf uns zu. Wissenschaftler befürchten, dass er einiges durcheinanderbringen könnte. Was da genau los ist und ob wir uns Sorgen machen müssen, erfahrt Ihr in diesem Beitrag.
Einer unserer Nachbarsterne innerhalb der Milchstraße wird uns gefährlich nahekommen und potenziell sogar das Leben auf der Erde gefährden. Es klingt wie die Story eines schlechten Science-Fiction-Films, ist aber bittere Realität.
Grundsätzlich haben Sterne eine feste Position innerhalb der Galaxis und mit dieser Position nehmen sie an der galaktischen Bewegung teil. Unser Sonnensystem etwa sitzt auf einem der äußeren Spiralarme der Galaxis und wir umkreisen gemeinsam mit den anderen Sternen das galaktische Zentrum. Eine solche Umdrehung dauert circa 225 Millionen Jahre und man bezeichnet dies als galaktisches Jahr.
Gerade in diesem Moment rasen wir nicht nur mit der Erde um die Sonne, sondern auch mit dem Sonnensystem durch die Galaxis. Und genauso wandern die anderen Sterne auch durch die Milchstraße. Die stellaren Positionen sind aber nicht komplett fest. Jeder Stern verfügt zusätzlich über eine gewisse Eigenbewegung, und das kann dazu führen, dass im Laufe von sehr langen Zeiträumen die Distanzen zwischen einzelnen Sternsystemen leicht variieren. Das führt aber in der Regel nicht zu Kollisionen.
Was sind Rogue Stars?
Anders bei dem Stern Gliese710. Er bewegt sich völlig unabhängig von den anderen Sternen und nimmt nicht an ihrem galaktischen Rhythmus um das Zentrum der Milchstraße teil. Solche Sterne bezeichnet man als Rogue Stars, auf Deutsch könnte man das als Schurkensterne übersetzen. Man unterscheidet zwei Arten von Rogue Stars, innergalaktische und intergalaktische Rogue. Die innergalaktischen befinden sich zwar noch in einer Galaxie, entziehen sich aber dem galaktischen Jahr und fliegen herum, wie sie wollen. Die intergalaktischen haben ihre Galaxie verlassen und treiben nun komplett verloren in den schwarzen Leeren des Kosmos fernab jeder Galaxie.

So ein Schicksal als Ausgestoßener hat Gliese710 noch nicht erlitten. Er befindet sich noch in der Milchstraße – was schlecht für uns ist, denn er rast auf uns zu. Und in kosmischen Maßstäben wird er unser Sonnensystem schon sehr bald marodierend durchqueren. In einer Forschungsarbeit dazu heißt es: “Dieses Ereignis wird die stärkste Störung in der Zukunft und Vergangenheit des Sonnensystems sein. Wir können erwarten, dass dieser Stern den stärksten Einfluss auf die Oortschen Wolke in den nächsten zehn Millionen Jahren haben wird.”
Also was wird genau mit Gliese710 geschehen?
Die Forscher haben errechnet, dass Gliese in 1,25 Millionen Jahren unser Sonnensystem treffen wird. Das ist in kosmischen Maßstäben gar nichts, quasi ein Wimpernschlag. Zum Vergleich: Die Erde existiert bereits seit knapp 4,5 Milliarden Jahren, das Gliese-Ereignis geschieht erst in anderthalb Millionen Jahren. Gliese wird nicht frontal in das Sonnensystem hereinkrachen, sondern er wird die Außenbereiche, und zwar die sogenannte Oortsche Wolke treffen. Die Oortsche Wolke ist ein weit entfernter Bereich, der die letzte Grenze des Sonnensystems darstellt. Hier ist die Schwerkraft der Sonne gerade noch stark genug, um Objekte wie Kometen und Staubteilchen in ihrem Bann zu halten.
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Die Oortsche Wolke ist bislang noch nicht zweifelsfrei nachgewiesen, aber das liegt nur daran, dass unsere technischen Mittel zu schlecht sind, um sie zu sehen. Wir reden hier über kleinste Partikel und Steinchen, die unfassbar weit weg sind; einige Forscher vermuten, dass die Oortsche Wolke sich über ein Lichtjahr erstrecken könnte.
Auch wenn die Oortsche Wolke noch nicht mit einem Teleskop gesichtet wurde, muss es sie geben – denn an einem bestimmten Punkt muss die Grenze liegen, an der die Schwerkraft der Sonne langsam die Überhand verliert und die Schwerkraft anderer Sterne innerhalb der Galaxis stärker wird, und genau an dieser Grenze müssen sich sphärenartig Objekte um unser Sonnensystem anordnen.

Gliese710 trifft auf Oortsche Wolke
In diese Ansammlung von Kometen und Asteroiden wird Gliese hineinmanövrieren und dabei wird er nicht nur die entferntesten Außenbereiche der Oortschen Wolke treffen. Nach neuesten Berechnungen wird er uns seinen ungewollten Besuch in einer Entfernung von nur 62 Lichttagen abstatten, das ist für menschliche Maßstäbe natürlich immer noch weit weg, aber kosmisch gesehen muss man sagen: Er wird hundertprozentig durch unser Sonnensystem rasen.
Von der Erde aus wird das ein spektakulärer Anblick, Gliese wird deutlich am Himmel zu sehen sein. Er wird heller sein als die großen Planeten Jupiter und Saturn, die man deutlich am Nachthimmel sehen kann. Gliese wird man sogar tagsüber am Himmel wahrnehmen können.
Wie gefährlich ist das?
Der Vorbeiflug von Gliese an sich wird das irdische Leben wohl nicht gefährden, es wird nicht zu Schwerkraftveränderungen kommen, die unsere Planetenbahnen durcheinanderwerfen würden. Aber Gliese wird in der Oortschen Wolke für Chaos und Verwüstung sorgen. Er wird dort jede Menge Asteroiden und Kometen aus ihren Bahnen werfen und sie in Richtung des inneren Sonnensystems schleudern.
Es wird damit gerechnet, dass er jedes Jahr mindestens zehn von der Erde aus sichtbare neue, langperiodische Kometen erzeugen wird. Aber es ist natürlich auch denkbar, dass Gliese einige Brocken genau auf Kollisionskurs mit der Erde schicken wird. In ihrer Arbeit gehen die Forscher davon aus, dass die Häufigkeit von Einschlägen auf der Erde um mindestens fünf Prozent steigen wird.
DART-Projekt der NASA
Da wir nicht genau wissen, mit was für Brocken wir zu rechnen haben, steigt auch die Wahrscheinlichkeit eines planetenvernichtenden Einschlags. Zum Glück hat die NASA gerade erfolgreich ihr DART-Projekt abgeschlossen. Sie rammte den armen kleinen Asteroiden Dimorph mit einer Sonde, während eine andere kleine Sonde genau aufzeichnete, wie groß die durch die Kollision entstandene Bahnablenkung von Dimorphos war. Das ist ein wichtiger Schritt für die Abwehr von zukünftigen gefährlichen Asteroiden, denn wir wissen nun, wie man einen Asteroiden treffen muss, um seine Bahn in einem gewissen Maß zu verändern.
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