Die Zeit existiert nicht: wahr oder falsch?

Die Zeit im Universum

Die Zeit existiert nicht. Zu diesem Ergebnis kommen Forscher aus Australien. Wenn Ihr eine quantenphysikalische Existenzkrise haben wollt, lest euch unbedingt diesen Beitrag durch. 

Die Zeit – es ist so schwer sie zu beschreiben und zu erklären, was die Zeit genau ist. Eines aber ist klar: Die Zeit ist die knappste Ressource im Universum. Selbst Milliardäre können sich logischerweise nicht mehr Zeit dazu kaufen. Und auch wenn wir irgendwann große Durchbrüche in der Medizin erzielen und Menschen nicht mehr sterben müssen, wird das Universum dennoch nur für einen endlichen Zeitraum existieren. Irgendwann ist – so zumindest der aktuelle Stand der Kosmologie – Schluss. Das Universum wird auf die ein oder andere Art und Weise sterben.

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Was ist die Definition von Zeit? 

Zeit ist also ein knappes Gut, das steht fest. Aber dennoch dürfte es den meisten von uns schwer fallen, zu beschreiben, was Zeit eigentlich ist. Ist Zeit physikalisch greifbar? Wo hier im Raum ist die Zeit? Für unsere Zwecke reicht folgende Definition: Das Universum bewegt sich nicht nur räumlich, sondern auch zeitlich, und zwar von einem Anfangspunkt, dem Urknall, hin zu einem Endpunkt. Die Zeit ist also ein linearer Ablauf der Dinge. Der bekannte Physiker John Wheeler hat es so formuliert: “Die Zeit ist das, was verhindert, dass alles gleichzeitig passiert.” In unserem Alltag ist die Zeit ein Fakt, egal, ob wir sie definieren können oder nicht. 

Ausdehnung des Universums
DIe Ausdehnung des Universums

Doch nun kommen einige australische Physiker mit einer wirklich schockierenden Nachricht um die Ecke: Die Zeit gibt es gar nicht! Aber wo wäre dann der Anfang dieses Beitrags und wo das Ende? Ganz so einfach ist die Sache nicht. Um die Nicht-Existenz der Zeit zu verstehen, müssen wir uns mit einigen Grundlagen der Physik vertraut machen. 

Die theoretischen Werkzeugkkästen der Physiker

Zum einen gibt es die einsteinsche Physik, vor allem die allgemeine und spezielle Relativitätstheorie und zum anderen die Quantenmechanik. Während die klassische einsteinsche Physik wunderbar die großen Abläufe im Kosmos erklärt, die Einflüsse von Zeit und Raum, ist die Quantenmechanik die klassische Theorie für die Abläufe im ganz Kleinen. Oftmals stehen klassische Physik und Quantenmechanik im scheinbaren Widerspruch. Kleinste Teilchen können etwa eine sogenannte Superposition einnehmen. Sie können also gleichzeitig zwei verschiedene Zustände aufweisen. In der klassischen Physik ist das undenkbar. Der Physiker Erwin Schrödinger hat etwa sein berühmtes Gedankenexperiment, Schrödingers Katze, aufgestellt, um darzulegen, dass die quantenmechanischen Regeln nicht auf die klassische Physik anwendbar sind. Eine Katze kann nicht gleichzeitig tot und lebendig sein. Ein Elementarteilchen hingegen kann gleichzeitig verschiedene Drehrichtungen, sogenannte Spins haben. Und erst, wenn man hinschaut, legt es sich auf eine fest. Schrödingers Katze war also nur ein Gedankenexperiment, um die Unmöglichkeit der Übertragbarkeit von quantenmechanischen Grundsätzen auf die normale Physik darzulegen.

Der Physiker Erwin Schrödinger und sein berühmtes Katzen-Experiment

Wie lösen wir den Konflikt zwischen Klassischer Physik und Quantenmechanik? 

Könnte es nicht eine vereinheitlichte Theorie geben, die beides unter einen Hut bringt? Die gibt es und die nennt sich String-Theorie. Bei der String-Theorie werden die kleinsten Teilchen des Kosmos durch Strings, also auf Deutsch Fäden, ersetzt, die in bis zu elf Dimensionen schwingen können. Eine extremst ausgetüftelte Theorie, an der Astrophysiker nun schon seit Jahrzehnten forschen – und keine definitiven Beweise für die Existenz der Strings gefunden haben. Deswegen haben sich im Laufe der Zeit auch andere Ansätze entwickelt, um die Regeln der klassischen Physik, vor allem die Schwerkraft, auch auf Quantenebene zu übertragen.

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Was ist die Schleifenquantengravitation?

Eine der bekanntesten Ideen ist die Schleifenquantengravitation, die davon ausgeht, dass das Gefüge von Raum und Zeit aus einem Netzwerk extrem kleiner diskreter Teile, sogenannter “Schleifen”, besteht. Die Hauptidee der Schleifenquantengravitation ist, dass der Raum selbst kein universales Gefäß ist, in dem sich die Naturgesetze abspielen, sondern, dass der Raum selbst ein Objekt ist, das den Gesetzen der Quantenphysik folgt. 

Den Quantenzustand des Raums beschreibt man dabei mit einem Netz von winzigen Schleifen, die jeweils einen gewissen Zustand haben können – ähnlich dem Spin eines Elementarteilchens in der Quantenphysik. Dadurch, dass der Raum selbst ein Quantenobjekt ist, lässt sich die Gravitation als Zustand der einzelnen Schleifen erklären und damit nur als eine quantenphysikalische Veränderung des gesamten Raums. So hätte man dann Relativitätstheorie und Quantenphysik unter einen Hut gebracht. 

Existiert die Zeit gar nicht?

Warum überhaupt diese kosmologischen Theorien in diesem Beitrag? Weil es in den meisten der Verbindungstheorien von klassischer Physik und Quantenmechanik, zum Beispiel in der Schleifenquantengravitation, keine Zeit gibt. Sie wird als Faktor einfach abgeschafft. Aber bedeutet dass auch, dass die Zeit nicht existiert? Weder in der Quantenmechanik noch in der Schleifenquantengravitation werden beispielsweise Schokokekse als Faktor erwähnt. Sie spielen für diese Theorien komischerweise keine Rolle. Dennoch sind wir uns ziemlich sicher, dass Schokokekse existieren. Doch diese Theorien beschreiben sehr wohl kleinste Teilchen, die sich dann zum Beispiel zu Schokokeksen zusammensetzen können. Schokokekse stehen also nicht im Widerspruch zur physikalischen Theorie.

Die Zeit im Universum
Existiert die Zeit?

Doch bei der Zeit sieht das anders aus. Keine der großen physikalischen Theorien sieht Teilchen vor, aus denen die Zeit bestehen könnte. Es gibt nichts, woraus sie sich zusammensetzen könnte. Wenn also die Zeit als Faktor in der Schleifenquantengravitation nicht vorkommt und auch keine Faktoren ersichtlich sind, aus denen Zeit sich zusammenbauen könnte, dann müssen wir davon ausgehen, dass die Zeit nicht existiert. Und vielleicht erklärt das auch, weshalb wir am Anfang solche Schwierigkeiten hatten, zu definieren, was Zeit ist. Weil es sie nicht gibt. 

Und jetzt? Was machen wir nun mit unserem Leben ohne Zeit? Dr. Sam Baron, einer der australischen Forscher, die in ihrem neuen Buch für die Nicht-Existenz der Zeit argumentieren, löst das Dilemma wie folgt auf: “Während die Physik die Zeit abschafft, scheint sie die Kausalität intakt zu lassen: den Sinn, in dem eine Sache eine andere bewirken kann. Vielleicht sagt uns die Physik also, dass Kausalität und nicht Zeit das grundlegende Merkmal unseres Universums ist.” Vielleicht war es schon immer nur die Kausalität, die unser Leben weitergebracht hat und nicht die Zeit. Eine Sache bewirkt eine Andere. Aktion und Reaktion. Wenn Ihr etwa unseren Newsletter abonniert, dann freuen wir uns – keine zeitliche Folge, sondern eine rein kausale. 

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W-Boson: Ist das Standardmodell der Physik falsch?

Wissenschaftler der Teilchenphysik haben Hinweise entdeckt, dass es eine ganz neue Physik geben könnte. Diese kann unser Verständnis des Universums völlig auf den Kopf stellen. 

Das Fermilab in Illinois in den USA ist eine Forschungseinrichtung, die vor allem der physikalischen Grundlagenforschung dient. Man könnte sagen: Hier werden kleinste Teilchen zur Kollision gebracht, um die Grundzüge unser physikalischen Realität zu verstehen. Denn, wenn wir herausfinden, wie kleinste Elementarteilchen miteinander wechselwirken, dann ist das der Schlüssel dazu, wie das Universum eigentlich funktioniert. Aber wie läuft das genau ab? Wie bringt man Teilchen zum Kollidieren und was für Erkenntnisse zieht man dann daraus? 

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Um die Wechselwirkung zwischen Elementarteilchen zu untersuchen, benötigt man riesige Teilchenbeschleuniger. Bis zum Jahre 2011 wurde am Fermilab zu diesen Zwecken der Tevatron-Teilchenbeschleuniger genutzt, der einen Umfang von sechs Kilometern aufwies. In diesen großen Anlagen können Teilchen beinahe auf Lichtgeschwindigkeit beschleunigt und zur Kollision gebracht werden. Im Tevatron ließ man vor allem Protonen und Anti-Protonen kollidieren. 

Darstellung einer Teilchenkollision

Aber wie misst man dann den Effekt, wenn zwei Teilchen miteinander kollidieren? Dafür sind in Teilchenbeschleunigern wie dem Tevatron eine Vielzahl von sogenannten Teilchendetektoren installiert, die die Flugbahn der kollidierten Teilchen messen können. Durch die Flugbahn wiederum kann man Rückschlüsse auf den Effekt der Kollision ziehen und insbesondere darauf, welche neuen Teilchen eventuell durch die Kollision entstanden sind. Grundsätzlich stehen die Ergebnisse solcher Teilchenkollisionen immer im Einklang mit dem sogenannten Standardmodell der Physik. 

Das Standardmodell ist im Prinzip die Gesamtheit der Erkenntnisse, die wir heutzutage im Hinblick auf die Physik von Elementarteilchen für richtig halten. Das Standardmodell beschreibt vor allem die uns bekannten Elementarteilchen, also die allerkleinsten Bausteine der Materie, und die Wechselwirkungen zwischen diesen Teilchen, also insbesondere die starke Wechselwirkung, die schwache Wechselwirkung und die elektromagnetische Wechselwirkung. Wenn sich das Standardmodell als fehlerhaft herausstellen sollte, müssten wir im Prinzip alle unsere Annahmen über den Kosmos in Frage stellen. Warum aber glauben die Teilchenphysiker, dass Daten des Fermilabs das Standardmodell der Physik ins Wanken bringen könnten?

Aus Teilchenzerfällen im Tevatron-Beschleuniger haben die Physiker am Fermilab die Masse des W-Bosons neu ermittelt – so genau wie nie zuvor. Da könnte man jetzt ganz unbedarft fragen…

Was ist ein W-Boson?

Teilchenbeschleuniger Tevatron

Ein W-Boson ist ein Elementarteilchen, also eines der kleinsten bekannten Bausteine der Materie. Das W-Boson ist verantwortlich für die sogenannten „geladenen Ströme“ der schwachen Wechselwirkung, einer der fundamentalen Wechselwirkungen der Physik. Das W-Boson ist kein normales Elementarteilchen, im Gegensatz zum Beispiel zu den Elementarteilchen, aus denen Ihr oder alles, was Ihr kennt, besteht. Es ist ein sogenanntes Eichboson. Das bedeutet, dass es nur in hochenergetischen Experimenten der Teilchenphysik zum Vorschein kommt und nicht im normalen Alltag. 

Das Standardmodell der Physik stimmt nicht mehr? Egal, immer schön positiv bleiben

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Halten wir fest, dass das W-Boson ein Elementarteilchen ist, dass die schwache Wechselwirkung, also eine der vier Elementarkräfte der Physik überträgt. Es ist ein Trägerteilchen einer der Grundkräfte der Physik. Und gemäß des Standardmodells der Physik besitzt ein W-Boson eine gewisse Masse, nämlich ungefähr die 80-fache Masse eines Protons, also eines positiv geladenen Elementarteilchens. 

Doch jetzt das Unerwartete: Die Auswertung der Versuche am Fermilab haben eine andere Masse des W-Bosons ergeben. Es ist demnach signifikant schwerer, als es der Theorie nach sein dürfte. Das klingt erstmal unspektakulär, doch das würde bedeuten, dass das Standardmodell der Physik falsch liegt – und wenn das Standardmodell der Physik falsch ist, dann würde das im Prinzip all unsere Annahmen über die Naturgesetze des Kosmos betreffen. Das Gewicht des kleinen W-Boson hat also massive Auswirkungen auf unser Verständnis des gesamten riesigen Kosmos. 

Innenansicht vom Tevatron

Die Messungen am Fermilab beruhen auf Daten des schon erwähnten Tevatron-Teilchenbeschleunigers, in dem Protonen und Antiprotonen mit hoher Geschwindigkeit zur Kollision gebracht wurden. Bei diesen Kollisionen entstehen W-Bosonen, die nach kurzer Zeit entweder in ein Elektron und Neutrino oder ein Myon und Neutrino zerfallen. Was es mit diesen Teilchen im einzelnen auf sich hat, würde die Länge des Beitrags sprengen, wichtig ist auch nur, dass aus der Flugrichtung und Energie dieser Zerfallsprodukte ermittelt werden kann, wie schwer das W-Boson sein muss. Und das Ergebnis der Forscher: Das W-Boson besitzt eine Masse von 80,4335 Megaelektronenvolt – es dürfte gemäß des Standardmodells aber nur 80,357 Megaelektronenvolt besitzen. 

Wie ist das also zu erklären? Vielleicht handelt es sich nur um einen Messfehler? Unwahrscheinlich, denn die Daten der Physiker beruhen auf 4,2 Millionen solcher Teilchenzerfälle im Tevatron-Beschleuniger, die zwischen 1985 und 2011 registriert wurden. Der beteiligte Physiker Ashutosh Kotwal sagt dazu: “Dieser Datensatz ist viermal so groß wie bei früheren Messungen und hat eine doppelt so hohe statistische Genauigkeit. Wir haben unser Ergebnis einer enormen Menge an Überprüfungen und Tests unterzogen.“ 

Also spricht einiges dafür, dass kein Messfehler vorliegt, sondern tatsächlich das physikalische Standardmodell unvollständig ist. Das muss nicht zwingend bedeuten, dass alle unsere physikalischen Annahmen falsch sind, aber dass es noch unbekannte physikalische Prozesse gibt, vielleicht noch nicht entdeckte Elementarteilchen, und das Standardmodell erweitert oder angepasst werden muss. Es könnte auch bedeuten, dass es noch unentdeckte Wechselwirkungen auf subatomarer Ebene gibt, die das W-Boson beeinflussen und zu den unerwarteten Ergebnissen führen. 

Bisher haben sich solche Messergebnisse, die das Standardmodell in Frage stellen, immer als unkorrekt beziehungsweise Messfehler herausgestellt, aber diesmal sieht es so aus, als wäre das physikalische Standardmodell erstmals in realer Gefahr. Physiker und Sprecher des Fermilabs David Toback sagt: “Wenn die Diskrepanzen zwischen erwartetem und gemessenem Wert auf ein neues Teilchen oder eine noch unbekannte subatomare Wechselwirkung zurückgehen, dann besteht eine gute Chance, dass sie in künftigen Experimenten entdeckt werden.”

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