James Webb: Unglaubliche Fotos des Jupiters

James Webb Teleskop und der Jupiter

Der Jupiter ist der Gigant unter den Planeten des Sonnensystems. Und dank James Webb sehen wir ihn nun wie noch nie zuvor. Das neue Foto vom Jupiter wird euch aus den Socken hauen!

Sicherlich habt Ihr schon oft beeindruckende Aufnahmen des Gasriesen Jupiter gesehen. Eins der ersten wirklich hochaufgelösten und detailreichen Bilder des Jupiters lieferte uns die Raumsonde Voyager 1 im Jahre 1979. 

Voyager-Aufnahme vom Jupiter

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Jupiter: Von Voyager bis Juno

Aus den Bildern konnten die Wissenschaftler sogar ein Video des Anflugs von Voyager 1 auf den Jupiter erstellen. Es muss ein unglaubliches Gefühl gewesen sein, durch die Voyager Sonden erstmalig in diese fremde und ferne Welt der Gasplaneten einzutauchen und das erste Mal in der Menschheitsgeschichte überhaupt diese Planeten in diesem Detail sehen zu können.

Seitdem hat sich natürlich viel in der Jupiterforschung getan. Der Höhepunkt war die Mission der Raumsonde Juno, deren einziger Zweck es ist, den Jupiter und seine Monde genauer zu erforschen. Seit dem Jahre 2016 befindet sie sich in einem Orbit um den Jupiter und die Mission geht noch bis mindestens 2025. In all diesen Jahren hat sie beeindruckende Aufnahmen des Gasriesen und seiner Monde erstellt, wie beispielsweise diese unwirklich erscheinende Aufnahme von Jupiters Südpol. 

Tolle Jupiter-Aufnahme der Juno-Sonde

Einmalige Jupiterfotos von James Webb

Und nun haben wir wieder einen technischen Sprung nach vorne gemacht und sehen den Jupiter in einem ganz neuen Licht. Das James-Webb-Teleskop hat sich den Gasriesen mal genauer angeschaut und diese Aufnahme hier gemacht. 

Wunderschöne Aufnahme des Jupiters

Das Wichtigste an dem Bild ist natürlich: Es ist unfassbar schön. Wenn man es sich dann genauer ansieht, erkennt man viele Details, die es noch unglaublicher machen. Zunächst mal fällt auf, dass wir die Gasschichten und Stürme des Jupiters sehr deutlich und kontrastreich sehen. Wie wir schon im Anflug der Voyager Sonden festgestellt haben, besteht die Oberfläche des Jupiters aus rotierenden Gasbändern. Im Prinzip ist der gesamte Jupiter ein einziger gigantomanischer Sturm. 

Doch zwischen den Gasbändern bilden sich manchmal noch Einzelstürme aus, wie beispielsweise der große rote Fleck, der größte Sturm des Jupiters, der zwar in den letzten Jahren geschrumpft ist – aber wie wir auf der James-Webb-Aufnahme sehen, besitzt er immer noch eine ziemlich stattliche Größe. Er erscheint hier besonders hell, da James Webb im Infrarotbereich arbeitet und die dichten, hohen Wolken dieses gigantischen Wirbelsturms besonders viel Strahlung zurückwerfen. Heidi Hammel von der Association of Universities for Research in Astronomy sagt: “Die Helligkeit kennzeichnet zudem die große Höhe dieser Wolken: Ähnlich wie die äquatorialen Bereiche des Planeten hat auch der Große Rote Fleck in großer Höhe liegende Wolkenschleier.”

Stürme auf dem Jupiter; Galaxien im Hintergrund

Aber auch all diese anderen kleinen Flecken sind Stürme, die im Gegensatz zum großen roten Fleck klein erscheinen, aber dennoch jeden Sturm auf unserer Erde locker in den Schatten stellen würden. 

Polarlichter auf dem Jupiter

Wir sehen noch mehr auf dieser James-Webb-Aufnahme. Der vielleicht beeindruckendste Aspekt ist das hier: Wunderschöne Polarlichter am Nord- und Südpol des Jupiters. Polarlichter sind kein rein irdisches Phänomen. Sie entstehen, wenn der energiegeladene Sonnenwind auf das Magnetfeld eines Planeten trifft und von diesen Magnetlinien zu den planetaren Polen transportiert wird. Dort kollidiert der Sonnenwind mit Molekülen der Atmosphäre und ionisiert sie, sie beginnen dann zu leuchten. 

Da der Jupiter ein Gasplanet ist, gibt es viel mehr Material, das ionisiert werden kann – dementsprechend haben wir massive Polarlichter, die wir auf dieser James-Webb-Aufnahme eindrucksvoll sehen können. Natürlich ist die molekulare Zusammensetzung der Gasschichten des Jupiters ganz anders als die der oberen Atmosphärenschichten der Erde, so dass die Polarlichter im optischen Bereich meistens andere Farben haben, wie wir auf dieser Aufnahme des Hubble-Teleskops sehen. Denn je nachdem, welche Gase mit dem Sonnenwind interagieren, entstehen andere Farben. Auf dem James-Webb-Bild ist das aber nicht relevant, da wir ja ohnehin nur den Infrarot-Bereich und nicht den optischen Bereich sehen, den unsere Augen normalerweise wahrnehmen können. 

Die Ringe des Jupiters

Wenn wir unseren Blick mal etwas neben den Jupiter richten, sehen wir auf dieser Wahnsinnsaufnahme aber noch mehr. Das hier ist das unscheinbare Ringsystem des Jupiters. 

Die Ringe des Jupiters

Viele Leute wissen gar nicht, dass auch der Jupiter Ringe besitzt, weil natürlich der Saturn mit seinem mächtigen Ringsystem den anderen meistens die Show stiehlt. Jupiters Ringe sind eine Million Mal lichtschwächer als der Planet selbst und daher auf normalen Teleskopaufnahmen meist nicht zu sehen. Doch die revolutionäre Sensitivität von James Webb ermöglicht es, sie so deutlich sichtbar zu machen. Neben und zwischen diesen Ringen verbergen sich wie auch beim Saturn jede Menge Monde. Man kennt schon 80 Monde des Jupiters, es gibt aber mit Sicherheit noch viel mehr, die wir noch nicht entdeckt haben. Und auf dem James-Webb-Bild sehen wir einige dieser jovianischen Trabanten, etwa Amalthea und Adrastea. Es handelt sich um zwei sehr kleine Monde des Jupiters. Böse Zungen würden sie als kleine Steinchen bezeichnen, aber auf dieser Aufnahme haben sie einen strahlenden Auftritt. 

Die Monde des Jupiters und die Polarlichter

Und es gibt noch einen unglaublichen Aspekt auf dem Bild: Wir sehen im Hintergrund sogar ferne Galaxien. Sterneninseln gefüllt mit Milliarden Sternen außerhalb unserer Milchstraße. Dass das James-Webb-Teleskop solche Deep-Space-Objekte gemeinsam mit einem nahen Planeten im Vordergrund auf einem Bild abbilden kann, ist unfassbar. Überhaupt übersteigt diese Aufnahme die Erwartung der meisten Planetenforscher um ein Vielfaches. Denn James Webb ist nicht primär auf die Erforschung der Planeten unseres Sonnensystems ausgelegt, sondern eben auf den Deep-Space-Bereich, ferne Exoplaneten, Galaxien, die Zeit nach dem Urknall und so weiter. Diese Aufnahme des Jupiters beweist, dass wir uns von James Webb einige revolutionäre Erkenntnisse über unser Sonnensystem erhoffen können. Die Astronomin Imke de Pater, die die Beobachtungen des Jupiters mit dem Webb-Teleskop geleitet hat, sagt: “Um ehrlich zu sein, hätten wir nicht erwartet, dass die Aufnahmen so gut sein würden. Es ist wirklich bemerkenswert, dass wir Details auf dem Jupiter erkennen können, aber auch seine Ringe, winzigen Trabanten und sogar Galaxien – alles in einer Aufnahme.”

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Wie James Webb Fotos macht

Interessanter Fakt noch am Rande: Man stellt sich das meistens so vor, dass James Webb ein Objekt anvisieren würde und dann ein tolles Bild einfach zurückschickt, die Astronomen drucken es, pinnen es an den Kühlschrank und alle freuen sich. So einfach funktioniert das aber gar nicht. In Wahrheit sendet James Webb seine Aufnahmen als riesige Datenpakete von Zahlen und Helligkeitswerten. Diese Datensuppe muss dann von fleißigen Wissenschaftlern mithilfe spezieller Software in Bilder umgerechnet werden und ins sichtbare Farbspektrum übertragen werden. Hinter einem solchen Bild, wie wir es nun sehen, steckt immens viel Arbeit. Aber das ist es definitiv wert, denn um das noch mal zu rekapitulieren: Auf dieser einen Aufnahme des Jupiters konnten wir in ganz neuem Licht die heftigen Stürme, Polarlichter, das Ringsystem, Monde und sogar ferne Galaxien sehen.

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Mysteriöser Außenseiter: Neue Erkenntnisse zu Planet 9

Darstellung von Planet 9

Wer kennt noch Planet 9? Dieses mysteriöse Himmelsobjekt weit draußen im Sonnensystem? Jetzt gibt es Neuigkeiten! Und das ändert wirklich alles bei der Suche nach diesem geheimen Planeten.

Die Suche nach neuen Planeten in unserem Sonnensystem war schon immer einer der spannendsten und prestigeträchtigsten Aspekte der Astronomie. Die Planeten Uranus und Neptun etwa wurden erst im 18. beziehungsweise 19. Jahrhundert entdeckt. 1930 dann entdeckte man in den fernen Bereichen des Sonnensystems den Pluto und die Freude war riesig. 

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Lange Zeit dachte man, dass damit alle Planeten des Sonnensystems entdeckt wären. Doch seit einiger Zeit haben Astronomen da Zweifel. Das Sonnensystem ist viel größer als die meisten Leute denken, es reicht noch weiter über den Pluto hinaus, wohl bis hin zur ominösen Oortschen Wolke, eine schalenförmige Ansammlung von Staub, Steinchen, Kometen und Gas, die unser Sonnensystem umgibt. Dieses noch nicht hundertprozentig bewiesene Gebilde ist so gigantisch, dass die Sonde Voyager 1 es erst in 300 Jahren erreichen wird – und erst in sage und schreibe 30.000 Jahren wird Voyager 1 die Oortsche Wolke komplett durchquert haben. Irgendwo in diesen unendlichen Weiten unseres Sonnensystems könnte sich doch gut noch ein Planet verbergen. Und es gibt sogar Indizien auf diesen geheimnisvollen Planet 9. 

Darstellung der Oortschen Wolke

Gravitative Störungen hinter dem Pluto

Untersuchungen der Asteroiden in den Bereichen hinter dem Pluto ergaben, dass deren Umlaufbahnen in einer merkwürdigen Weise gebündelt zu sein scheinen, als ob sie durch ein größeres Objekt gravitativ gestört würden. Aus diesen Bahnstörungen kann man auf die Eigenschaften des potentiellen Planeten 9 zurückrechnen. Demnach müsste er eine Masse von etwa fünf Erden und einen Bahnabstand von einigen 100 bis 1.000 Astronomischen Einheiten haben. Mit anderen Worten: Seine Größe und Entfernung wären genau so, dass er bei Himmelsdurchmusterungen unfassbar schwer zu entdecken wäre. Dementsprechend ist das bisher auch noch niemandem gelungen und daher haben sich nun zwei britische Astronomen von der Open University mal mit einer neuen Methode auf die Suche begeben. 

Sie suchten das äußere Sonnensystem nach Infrarotdaten ab. Eine ziemlich schlaue Idee, da Planet 9 zwar vermutlich zu weit entfernt wäre, um ihn optisch finden zu können, aber die abgestrahlte Infrarotstrahlung müsste mit empfindlichen Teleskopen eigentlich auffindbar sein. Als die beiden Forscher die Daten durchgingen, sah es dann auch direkt so aus, als hätten sie gleich mehrere Treffer gelandet. In der veröffentlichten Forschungsarbeit heißt es: “Wir haben eine Methode zum Auffinden von Riesenplaneten im äußeren Sonnensystem erforscht, indem wir ihre thermische Emission und Eigenbewegung im fernen Infrarot ermittelt haben, die mit dem InfraRed Astronomical Satellite und dem AKARI Space Telescope aufgenommen wurden. Wir fanden 535 potenzielle Kandidaten mit passenden Signaturen der spektralen Energieverteilung.”

Viele Kandidaten für Planet 9

535 Kandidaten für Planet 9?! Das ist ja wie beim Vorsingen einer gewissen RTL-Castingshow. Nur wie auch dort, ist es sehr zweifelhaft, ob einer der Kandidaten sich wirklich als Superstar entpuppt. Die Planet-9-Kandidaten sehen auf den ersten Blick allesamt sehr vielversprechend aus. Ausgehend von der Energieverteilung ihrer Spektren wiesen die meisten dieser Kandidaten Bahnabstände von weniger als 1.000 astronomischen Einheiten und Massen von weniger als der des Neptuns auf – das alles entspricht genau den Eigenschaften, die man für Planet 9 annimmt. Aber wie kann das sein, dass all diese Kandidaten so gut passen? Gibt es etwa nicht nur Planet 9, sondern auch Planet 10,11, 12, 13, 14, 15…

Wo ist denn nun unser rätselhafter Planet 9? Die Ergebnisse machten die britischen Astronomen etwas stutzig. Und ihnen kam eine mögliche Erklärung in den Sinn: Der galaktische Zirrus. Das ist kein neuer Superheld von Marvel oder The Boys, viel mehr handelt es sich um galaktische fadenförmige Strukturen, die im Weltraum über einem Großteil des Himmels zu sehen sind und Licht im fernen Infrarotbereich aussenden. Diese Strukturen bestehen größtenteils nur aus winzigen Staubteilchen, Kohlenstoff, der irgendwann mal in Supernova-Explosionen entstanden ist und in den Weltraum gepustet wurde. Der Name kommt daher, dass diese Strukturen augenscheinlich eine gewisse Ähnlichkeit mit Cirrus-Wolken haben, wie man sie manchmal auf der Erde sehen kann. 

Cirrus-Gas im Sternbild Orion

Im inneren Bereich unseres Sonnensystems kommt dieser galaktische Zirrus nicht vor, weil die Sonne diese Staubkörnchen verdrängt. Doch ab einer Entfernung von 1.000 astronomischen Einheiten beginnt der Zirrus. Ihr ahnt vielleicht schon, was das für unsere 535 Kandidaten bedeuten könnte. Die britischen Forscher sind ihre Daten einzeln per Hand durchgegangen und haben nach und nach festgestellt, dass es sich bei allen Kandidaten um Infrarotstrahlung aus dem galaktischen Zirrus handelt. Sie alle waren nur Infrarotstrahlung vom galaktischen Rauch. Was anfangs so vielversprechend aussah, entpuppte sich also im wahrsten Sinne des Wortes als Schall und Rauch.

Rächt sich bald auch Planet 9? Pluto tut es bereits.

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Die beiden Forscher schreiben dazu: “Die Untersuchung der Infrarotbilder dieser Kandidaten deutet darauf hin, dass keiner von ihnen überzeugend genug ist, um eine Weiterverfolgung zu rechtfertigen, da sie sich alle innerhalb oder in der Nähe von galaktischen Zirruswolken befinden, die höchstwahrscheinlich die Quelle des Ferninfrarotflusses sind.”

Planet 9 existiert vermutlich doch nicht – oder ist er ein Schwarzes Loch?

War die gesamte Forschungsarbeit also umsonst? Nein, denn im Umkehrschluss können wir eine ziemlich gewichtige Erkenntnis daraus ziehen. Wenn es keine einzige Infrarotsignatur gibt, die auf Planet 9 hinweist, dann spricht leider vieles dafür, dass Planet 9 nicht existiert. Denn, wenn sogar galaktische Staubkörner stärkere Infrarotstrahlung aussenden als dieser Planet, dann würde ich sagen, gibts ihn nicht. In einem Artikel bei Universe Today wurde es sehr schön formuliert: “Es stellt sich also heraus, dass diese Kandidaten keine Planeten sind, sondern die Echos eines schwachen Nebels. Damit ist Planet 9 so gut wie ausgeschlossen. Die Hoffnung auf einen weiteren Planeten hat sich in den Wolken verloren.”

Bliebe noch die Außenseitertheorie, dass Planet 9 in Wahrheit ein Mini-Schwarzes-Loch ist, das sich im äußeren Sonnensystem versteckt hält. Das würde erklären, weshalb die Bahn der dortigen Asteroiden gestört ist, wir von diesem Objekt aber keine Strahlung wahrnehmen. Aber ich gebe zu, dass das schon sehr sehr unwahrscheinlich ist. 

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Die Erde dreht sich plötzlich schneller

Bild von der Erde im Weltall

Jetzt wird’s rasant: Unsere Erde dreht sich plötzlich schneller – und die Wissenschaftler sind ratlos. Was das für uns bedeutet und weshalb unser Planet plötzlich den Turbo einlegt, erfahrt Ihr in diesem Beitrag. 

Unsere Erde dreht sich in 24 Stunden einmal um sich selbst. So lernt es jedes Kind. Aber ist das so? Vor Kurzem ist etwas sehr Seltsames passiert. Am 29. Juni drehte sich die Erde um 1,59 Millisekunden weniger als 24 Stunden um sich selbst. 1,59 Millisekunden – nicht viel, aber absoluter Rekord. 

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Seit Beginn der Messungen der Rotationsgeschwindigkeit unseres Planeten mit Atomuhren war der 29. Juni der kürzeste Tag überhaupt. Damit hat die Erde ihren eigenen Geschwindigkeitsrekord gebrochen, den sie erst 2020 aufgestellt hatte. Sehr mysteriös, denn eigentlich ging man davon aus, dass unsere Erde sich im Laufe der Zeit immer langsamer bewegt. Man nahm an, dass diese allmähliche Verlangsamung unseres Planeten vor allem auf den Mond zurückzuführen ist, dessen Umlaufbahn und Schwerkraft um die Erde eine Gezeitenreibung erzeugt, die die Rotation sowohl der Erde als auch des Mondes allmählich verlangsamt. Diese nun plötzliche Beschleunigung stellt die Wissenschaftler vor ein großes Rätsel. Warum wird die Erde schneller, obwohl sie langsamer werden müsste? 

Die Erde und die Zeit

Schnellere Drehung: Die Pole sind schuld

Eventuell könnten die Pole verantwortlich sein. Genau genommen der geographische Nord- und Südpol, also nicht die magnetischen Pole. Die geografischen Pole sind fix an Ort und Stelle, die Erdachse bildet eine Linie durch sie hindurch, also eine Achse, um die der Planet rotiert. Aber sie rotiert nicht perfekt. Wie ein Spielzeugkreisel wackelt sie, wenn sie sich dreht. Man bezeichnet dies als das Chandler-Wackeln, benannt nach dem amerikanischen Astronomen Seth Carlo Chandler. Am Nordpol kommt es durch das Wackeln zu einer Verschiebung von rund sechs Metern. Es handelt sich um einen periodischen Effekt, das heißt, dass es 433 Tage dauert, bis ein Wackeln vollständig abgeschlossen ist. Das Chandler-Wackeln ist also ein winziger Effekt, der in unserem Alltag keine große Rolle spielt.

Das Chandler-Wackeln: Die Erde wackelt wie ein Kreisel

Für Astronomen hingegen ist es wichtig, diesen Effekt zu kennen, da man ansonsten beispielsweise Teleskope längerfristig nicht perfekt auf einen Punkt am Himmel ausrichten kann. Der Wissenschaftler Leonid Zotov beschäftigt sich schon lange mit dem Phänomen und beschreibt es so: “Das Chandler-Wackeln ist eine Komponente der momentanen Drehachsenbewegung der Erde, der sogenannten polaren Bewegung, die die Position des Punktes auf der Erdkugel verändert, an dem die Achse die Erdoberfläche schneidet.”

Was erzeugt das Chandler-Wackeln?

Die Ursache für das Chandler-Wackeln ist nach wie vor nicht ganz klar. Mittlerweile sind sich die meisten Wissenschaftler einig, dass es durch ein Zusammenspiel von vielen Effekten entsteht, die auf unseren Planeten wirken. Schwankungen des Drucks auf dem Meeresboden sowie des atmosphärischen Drucks, die Bewegung der gewaltigen Wassermassen der Weltmeere sowie der Einfluss der Gravitation des Mondes und selbst Erdbeben werden als Erklärungen für möglich gehalten. Es spricht viel dafür, dass all diese Prozesse zusammen das Chandler-Wackeln erzeugen. Und das ist ein gutes Zeichen, denn es zeigt, dass unsere Erde vital und in Bewegung ist. Leonid Zotov sagt: “Die Pole bewegen sich, weil die Erde kein toter Planet ist. Die polare Bewegung wird durch geophysikalische Prozesse im Erdsystem verursacht, insbesondere durch Strömungen im Ozean, Winde in der Atmosphäre und interne Prozesse im Inneren der Erde. Aber niemand hat erwartet, dass die Erde sich beschleunigen würde.”

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Es noch viele Unklarheiten, aber als einigermaßen sicher kann man wohl Folgendes zusammenfassend festhalten: Überraschenderweise beschleunigt sich die Rotation der Erde und das kann wohl am Chandler-Wackeln liegen, einem Effekt der veränderten Bewegung der Pole. 

Keine Schaltsekunde mehr

Das Ganze könnte tatsächlich gravierende Auswirkungen auf die Art und Weise haben, wie wir die Zeit messen. Denn die Rotationsgeschwindigkeit der Erde um sich selbst ist ein wesentlicher Faktor für die Zeitbemessung. Seit 1962 werden Unregelmäßigkeiten in der Rotationsgeschwindigkeit der Erde genau gemessen und zwar mit Atomuhren. Was regelmäßig vorkam war, dass die Erde etwas länger als 24 Stunden für eine Rotation benötigte und daher müssen manchmal Schaltsekunden hinzugefügt werden, um die langsamere Drehung auszugleichen. Zuständig für sowas ist der Internationale Dienst für Erdrotation und Referenzsysteme, kurz IERS. 

Arbeiten an einer Atomuhr

Seit 1972 wurden 28 Mal Schaltsekunden hinzugefügt. Und es wurde schon bestätigt, dass es für Ende diesen Jahres keine Schaltsekunde geben wird, was ja auch nicht wirklich überraschend ist, da die Erde sich ja beschleunigt. Es könnte nun zum ersten Mal überhaupt dazu kommen, dass der Trend in die andere Richtung geht und dass wir eine negative Schaltsekunde brauchen. Das gab es noch nie und wird nun vom IERS geprüft. Schon in den nächsten Tagen soll es dazu eine Pressemitteilung geben und es kann gut sein, dass wir die ersten Menschen sein werden, die im Zeitalter der negativen Schaltsekunde leben. Wie wahrscheinlich ist es, dass es so kommt? Leonid Zotov sagt: “Ich hoffe, dass die Erdbeschleunigung aufhört und wir keine negative Schaltsekunde einführen müssen, aber wer weiß? Die Vorhersage von Schwankungen der Erdrotation ist fast so schwierig wie die Vorhersage von Aktienkursen.”

Wenn es so kommt, dass die Uhren, die auf den Atomuhren basieren, eine Sekunde überspringen müssen, dann ist das keine Kleinigkeit. Viele von euch, die beruflich mit IT-Systemen zu tun haben, können sich sicherlich vorstellen, was das für erhebliche Komplikationen in vielen technischen Abläufen hervorrufen könnte. Die ganze Sache erinnert ein wenig an die Weltuntergangstheorien, die 1999 vor Beginn des neuen Jahrtausends in die Welt gesetzt wurden, dass die gesamte Technik des Planeten durch den Sprung auf die Jahreszahl 2000 abstürzen würde. Das ist offensichtlich nicht geschehen und auch die negative Schaltsekunde würde nicht zum Weltuntergang führen, aber eben doch eine Herausforderung für die IT-Systeme der Welt darstellen.

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