Polsprung: Verändern sich die Pole?

Polsprung

Kommt bald der Polsprung? Das Magnetfeld der Erde spielt verrückt – wir schauen uns in diesem Beitrag an, ob die magnetischen Pole bald kippen und wie groß die Gefahr für uns  ist.

Es mangelte in den letzten zwei Jahren nicht an globalen Krisen und jetzt soll auch noch der Polsprung bevorstehen? Hiervon liest man derzeit zumindest wieder viel und um das zu verstehen, müssen wir uns erst mal eine Sache genau anschauen: Das Erdmagnetfeld. 

Wird verarbeitet …
Erledigt! Sie sind auf der Liste.

Ein Polsprung würde nicht bedeuten, dass die komplette Erde kippt. Es geht um die magnetischen Pole. Das Erdmagnetfeld wird zum Großteil von Effekten im Erdkern hervorgerufen, man bezeichnet das als Geodynamo. Der äußere Erdkern ist flüssig und stark eisenhaltig und er umschließt den inneren festen Kern, der fast komplett aus reinem Eisen entsteht. Durch die Bewegung dieser elektrisch leitenden Flüssigkeiten entsteht ein Magnetfeld, das sich in Magnetfeldlinien darstellen lässt. Und diese Magnetfeldlinien treffen sich an zwei Punkten, die nahe dem geographischen Nord- und Südpol liegen. Diese Punkte bezeichnet man als magnetische Pole, aber sie sind nicht identisch mit dem geographischen Nord- und Südpol. Das können sie auch nicht sein, weil das Erdmagnetfeld aufgrund der Prozesse im Erdkern in Bewegung ist, sind diese magnetischen Pole nicht statisch, sondern sie wandern. 

Wanderung des magnetischen Nordpols
Wanderung des magnetischen Nordpols

Magnetfeld beschützt die Erde

Ein weiterer Einfluss ist auch noch wichtig, um das Erdmagnetfeld zu verstehen und das ist unsere Sonne. Dieser riesige stellare Kernfusionsreaktor versorgt uns nicht nur mit Energie und Licht, sondern schießt auch permanent einen Strom geladener Teilchen in den Weltraum, den sogenannten Sonnenwind. Unglaublicherweise stößt die Sonne – und jetzt haltet euch fest – eine Million Tonnen Sonnenwindpartikel pro Sekunde aus. Wenn dieser Sonnenwind die Erde erreicht, wird er vom Erdmagnetfeld aufgefangen und wandert auf den Magnetfeldlinien in Richtung der magnetischen Pole. Wenn er dort ankommt, reagiert er mit den Molekülen der Erdatmosphäre und bringt sie zum leuchten. Diesen Effekt kennen sicherlich viele von euch, das sind Polarlichter. 

Daran sehen wir auch, dass das Erdmagnetfeld extrem wichtig für uns ist, denn die Magnetosphäre unseres schönen Planeten schirmt die Erdoberfläche von den geladenen Partikeln des Sonnenwinds ab. Ohne Magnetfeld wären wir dieser energiereichen Strahlung völlig ausgesetzt und das würde unsere moderne Zivilisation komplett lahmlegen.

Erdmagnetfeld und Sonnenwind
Der Sonnenwind trifft auf das Erdmagnetfeld

Polsprung möglich – Gefahr für uns?

Wir wissen jetzt, dass das Magnetfeld nicht statisch ist, und es kann im Extremfall sogar dazu kommen, dass es sich komplett umkehrt, also die magnetischen Pole ihre Position tauschen. Das ist dann ein Polsprung. Wie zerstörerisch solche Ereignisse sind, darüber herrscht keine Einigkeit, aber klar ist, dass es massive Auswirkungen hat, denn bei einem Polsprung wandern die magnetischen Pole über den Planeten bis sie ihre neue finale Position erreicht haben. 

Wenn wir uns vorstellen, dass ein magnetischer Pol direkt über Deutschland wäre, dann wäre das erst mal schön, weil wir wunderschöne Polarlichter über dem Kölner Dom und dem Brandenburger Tor sehen würden. Aber dann könnte es geschehen, dass der Sonnenwind die komplette Stromversorgung zerlegen würde und niemand kann mehr Fortnite spielen oder Dschungelcamp schauen.

Polsprung tritt alle 200.000 Jahre auf

Und jetzt wirds ein wenig beunruhigend: Wissenschaftler gehen davon aus, dass ein solches Polsprungereignis im Schnitt alle 200.000 Jahre auftritt. Der letzte wirklich gesicherte Polsprung war aber vor 780.000 Jahren. Tatsächlich mehren sich die Anzeichen dafür, dass ein neuer Polsprung bevorsteht. Es gibt drei sehr kuriose Verhaltensweisen des Erdmagnetfelds, die sich niemand erklären kann: Einmal ist die Geschwindigkeit der Wanderung des magnetischen Pols auf der Nordhalbkugel kurios. Seit den 90er Jahren wandert er dreimal schneller als im Schnitt davor. Und da fragt man sich: Warum hat der es so eilig? 

Außerdem hat sich auf der Südhalbkugel eine magnetische Anomalie aufgetan. Über dem Südatlantik wächst eine Region mit einem ungewöhnlich schwachen Magnetfeld. Genannt wird dieses Gebiet vor der Küste Brasiliens „Südatlantische Anomalie“. Bereits Alexander von Humboldt konnte dies im 19. Jahrhundert messen, aber seitdem wird die Anomalie immer stärker. Und da dort das Magnetfeld und seine schützende Wirkung schwächer wird, steigt auch die Strahlenbelastung. Auch hier rätseln die Forscher noch darüber, warum diese Anomalie entstanden ist und vor allem weshalb sie immer stärker wird. 

Strahlenbelastung durch die Südatlantische Anomalie
Steht ein Polsprung bevor? Strahlenbelastung durch die Südatlantische Anomalie

Und schließlich gibt es noch einen dritten Faktor, der auf einen Polsprung hindeuten könne und das ist der gravierendste: In den vergangenen 180 Jahren hat die Stärke des gesamten irdischen Magnetfelds um etwa zehn Prozent abgenommen – zehn Prozent, das ist wirklich eine deutliche Abnahme und da wir ja jetzt wissen, dass die Magnetosphäre uns beschützt, kann einem da schon mal Angst und Bange werden. 

Veränderungen des Erdmagnetfelds gut im Blick

Weil Sonnenstürme ohne Magnetfeld direkt auf uns treffen würden. Das würde nicht nur das Erdklima massiv verändern, sondern wie bereits erwähnt die Technik auf der Erde ziemlich frittieren. Es gibt aber auch ein bisschen Entwarnung. In einer neuen Studie haben schwedische Forscher Informationen über vergangene Polumkehrungen gesammelt. Sie haben versteinerte Lava und sogar jahrtausende alte Tontöpfe analysiert und konnten so mithilfe empfindlicher Instrumente die Richtung und Stärke des Magnetfelds an bestimmten Orten und zu bestimmten Zeiten rekonstruieren. Der beteiligte Geologe Andreas Nilsson sagt: “Wir haben die Veränderungen des Erdmagnetfeldes in den letzten 9000 Jahren kartiert. Anomalien wie die im Südatlantik sind wahrscheinlich wiederkehrende Phänomene, die mit entsprechenden Schwankungen der Stärke des Erdmagnetfeldes zusammenhängen.“ 

Ein Stoffbeutel mit dem Aufdruck Sei wie ein Proton und bleib positiv

Trotz Polsprung positiv bleiben – mit diesem Beutel.

Ein interessanter Punk der Studie ist auch, dass es nicht immer zu einem kompletten Polsprung kommt, sondern nur zu heftigen Bewegungen der magnetischen Pole, die dann wieder in der Ausgangsposition enden. Ein solcher gescheiterter Polsprung geschah vor 42.000 Jahren und könnte auf die damals lebenden steinzeitlichen Menschen starke Auswirkungen gehabt haben. Die schwedischen Forscher haben durch ihre Erkenntnisse auch neue Modelle der Prozesse im Erdkern erstellen können und kommen insgesamt zu einem beruhigenden Fazit: “Aufgrund der Ähnlichkeiten mit den nachgebildeten Anomalien sagen wir voraus, dass die südatlantische Anomalie wahrscheinlich innerhalb der nächsten 300 Jahre verschwinden wird und dass die Erde nicht auf einen Polsprung zusteuert.” 

Das klingt erst mal gut, aber nicht wirklich überzeugend. Zwar kann jetzt die südatlantische Anomalie als Indiz für einen Polsprung ausgeschlossen werden, aber wir haben ja festgestellt, dass es noch weitere Kuriositäten gibt wie die Bewegung des magnetischen Pols und die allgemeine Abschwächung des Magnetfelds. Diese Phänomene bleiben weiterhin einigermaßen rätselhaft und ein Fakt kann schlicht nicht von der Hand gewiesen werden: Irgendwann wird es definitiv zu einem Polsprung kommen. Der Redakteur und Chemiker Lars Fischer schrieb im Spektrum der Wissenschaft: “Andere Untersuchungen hatten ebenfalls ergeben, dass das Erdmagnetfeld sehr variabel ist und sein derzeitiges Verhalten wohl kein Indiz für anstehende dramatische Veränderungen ist.” 

Wir können mit einiger Sicherheit sagen, dass zu unseren Lebzeiten kein Polsprung anstehen wird. Frei nach dem Motto “nach mir die Sintflut” ist das ja schon mal schön. Doch unsere Nachfahren werden sich damit beschäftigen müssen und daher ergibt es Sinn, jetzt schon daran zu forschen, wie man diese Effekte auffangen kann. Wir bräuchten technische Mittel, um menschliche Ballungszentren und vor allem empfindliche technische Geräte vor dem Einfluss des Sonnenwindes abzuschirmen. Im Optimalfall haben wir bis dahin sogar Technologien erfunden, mit denen wir die Ozonschicht davor bewahren könnten, durch die heftige Strahlung durchlöchert zu werden. Und schließlich müsste man durch eine Art Geoengineering die klimatischen Effekte abfedern können, die durch die Bewegung der magnetischen Pole entstehen würden. Also wirklich keine leichte technische Aufgabe, aber immens wichtig, wenn wir nicht in der Zukunft durch einen Polsprung auf dem falschen Fuß erwischt werden wollen. 

Wollt ihr noch mehr über dieses Thema erfahren, dann schaut euch unbedingt mal dieses Video an:

Astronautennahrung, Eisenmeteorite und Plüschplaneten: In unserem Weltraum-Shop bleibt kein Wunsch offen. Kommt vorbei und stöbert in unseren Weltraum-Produkten.

Impressum und Datenschutz