Wegen Trüffel: Wildschweine sind radioaktiv

Wildschweine sind radioaktiv

Deutsche Wildschweine sind radioaktiv – gewagte These, oder? Forscher rätseln schon lange über das sogenannte Wildschwein-Paradoxon und nun haben wir es gelöst.

Versetzen wir uns zurück ins Jahr 1986, als die Nuklearkatastrophe von Tschernobyl geschah. Nach dieser Katastrophe stiegen die Strahlenwerte in weiten Teilen Europas, und Deutschland war keine Ausnahme. Radioaktives Cäsium-137 gelangte in die Umwelt und wurde von Pflanzen und Tieren aufgenommen.

In den Jahrzehnten nach der Tschernobyl-Katastrophe sank die radioaktive Belastung in vielen Tierarten, Pflanzen und Pilzen. Das geschah, weil der Regen das radioaktive Material aus der Umwelt spülte, es sich in Mineralien band und sich tief in den Boden verlagerte. Dadurch nahm die Belastung für Menschen und Tiere ab, und die Lebensmittel konnten wieder als sicher betrachtet werden. So weit, so gut, aber eine Sache stellte die Wissenschaftler vor ein Rätsel.

Das Wildschwein-Paradoxon

Während die Kontamination in Pilzen, Pflanzen aber auch Wildtieren wie Hirschen und Rehen im Laufe der Zeit abnahm, blieben die Wildschweine mysteriöserweise stark radioaktiv belastet. Proben von Wildschweinfleisch aus Mitteleuropa enthalten teilweise eine Cäsiumbelastung, die den europäischen Grenzwert um das 25-fache überstieg. Warum sind die Wildschweine immer noch so stark kontaminiert, obwohl Cäsium-137 eine Halbwertszeit von etwa 30 Jahren hat? Nach dieser Zeit sollte die Kontamination erheblich abnehmen und Tschernobyl ist jetzt schon 37 Jahre her.

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Wildschweine sind radioaktiv – warum?

Ein Teil der Antwort ist, dass nicht nur die Tschernobyl-Strahlung verantwortlich ist, sondern dass auch die Radioaktivität von Kernwaffentests im 20. Jahrhundert im deutschen Boden schlummert. Obwohl Tschernobyl die Hauptquelle für Cäsium in Wildschweinen ist, wies etwa ein Viertel der Proben einen so hohen Anteil an Radioaktivität aus Kernwaffentests auf, dass der Grenzwert schon so überschritten wurde, ohne dass der Beitrag von Tschernobyl berücksichtigt wurde.

Jetzt fragt man sich, woher man überhaupt wissen will, welche Strahlung aus welcher Quelle stammt. Ganz einfach: Die Isotope unterscheiden sich. Durch Tschernobyl stieg vor allem die Menge an Cäsium-137 an. Aber ein wesentlich stabileres Isotop – Cäsium-135, das übrigens eine Halbwertszeit von über zwei Millionen Jahren hat, wurde auch gemessen. Nach früheren Forschungsergebnissen lässt sich anhand des Verhältnisses von Cäsium-135 zu Cäsium-137 feststellen, woher das Cäsium stammt; ein hohes Verhältnis deutet auf Kernwaffenexplosionen hin, während ein niedriges Verhältnis auf Kernreaktoren als wahrscheinliche Quelle hindeutet.

Radioaktive Wolke nach dem Tschernobyl-Unglück (Bundesamt für Strahlenschutz)
Radioaktive Wolke nach dem Tschernobyl-Unglück (Bundesamt für Strahlenschutz)

Das Forscherteam hat nun genau dieses Cäsium-Verhältnis in 48 Proben besten bayerischen Wildschweinfleischs getestet. Und anhand des Cäsium-Verhältnisses ermittelten die Forscher, dass Atomwaffentests für zwölf bis 68 Prozent der Kontamination in den Proben verantwortlich waren, die den sicheren Grenzwert für den Verzehr überstiegen. Relativ ungenauer Wert, aber klar ist, dass Tschernobyl hier nicht das alleinschuldige Ereignis ist. Die Forscher schreiben: „Alle Proben zeigen Signaturen der Vermischung. Kernwaffenfallout und Tschernobyl haben sich im bayerischen Boden vermischt, wobei die Freisetzungsmaxima etwa 20-30 Jahre auseinander lagen.“

Diese Kernwaffentests fanden nicht in Deutschland statt, aber haben trotz dieser immensen Distanz Einfluss auf die Natur hier. Jetzt stellt sich aber immer noch die Frage, warum gerade die Wildschweine in Tschernobyl davon so betroffen sind.

Trüffel als Quelle für Radioaktivität

Querschnitt eines Hirschtrüffels (Michael Castellano _ Wikimedia Commons)
Querschnitt eines Hirschtrüffels (Michael Castellano _ Wikimedia Commons)

Wer schon mal Wildschweine beim Fressen beobachtet hat, weiß, dass sie mit ihren Rüsselnassen tief im Boden wühlen, um Nahrung zu finden. Und ihre Leibspeise sind Hirschtrüffel. Doch dass Wildschweine solche Gourmets sind, bezahlen sie mit erhöhter Radioaktivität. Denn in diesen weit unter der Erde wachsenden Pilzen reichert sich das radioaktive Cäsium erst mit großer Verzögerung an. Es kann Jahrzehnte dauern, bis die radioaktiven Isotope so weit nach unten vorgedrungen sind und sich dann in den Pilzen anreichern, weil die meisten Hirschtrüffel in 20 bis 40 Zentimetern Tiefe liegen.

Und andere Tierarten graben nicht so tief nach Nahrung wie die Connaisseure des Tierreichs, die Wildschweine. Der beteiligte Forscher Georg Steinhauser von der Technischen Universität Wien sagt: „Das Cäsium wandert sehr langsam durch den Boden nach unten, manchmal nur rund einen Millimeter pro Jahr. Wenn man all diese Effekte addiert, lässt sich erklären, warum die Radioaktivität der Hirschtrüffel – und in weiterer Folge der Schweine – größenordnungsmäßig relativ konstant bleibt.”

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Die Wildschweine werden wohl nicht aufhören zu strahlen, denn das Tschernobyl-Cäsium erreicht gerade erst diese tieferen Schichten, wo sich die Trüffel befinden. Das Wildschwein-Paradoxon ist also gelöst, doch bedeutet das, dass Ihr auf euer Wildschweingulasch, Rotkohl und Klöße verzichten müsst? Nein, denn Wildschweinfleisch, das in den Handel gelangt, wird in Deutschland getestet und man muss nicht davon ausgehen, ein radioaktiv belastetes Stück Gulasch am Weihnachtsabend zu verzehren.

 

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Fukushima: Radioaktives Wasser wird in Ozean geleitet

Radioaktives Wasser in Fukushima

Das radioaktive Abwasser von Fukushima soll in den Ozean abgelassen werden. Diese Maßnahme Japans ruft große Kritik hervor. Aber ist es wirklich gefährlich, das Wasser am Ort dieser Nuklearkatastrophe einfach in den Ozean fließen zu lassen?

Die meisten von euch werden sich noch erinnern. Am 11. März 2011 erschütterte ein verheerendes Erdbeben der Stärke 9 die japanischen Inseln. Dieses Beben löste einen Tsunami aus, der massive Zerstörung anrichtete und das Kernkraftwerk Fukushima Daiichi traf. Das war der Beginn einer der schwersten nuklearen Katastrophen in der Geschichte.  

Das Erdbeben und der Tsunami führten zu schweren Schäden an den Reaktoren des Kernkraftwerks Fukushima. Die Sicherheitssysteme des Kraftwerks versagten, und es kam zu Kernschmelzen und Wasserstoffexplosionen in mehreren Reaktoren. Dies wiederum führte zur Freisetzung von radioaktiven Substanzen in die Umwelt. Tausende Menschen wurden evakuiert, ganze Städte wurden zeitweise unbewohnbar, und es kam zu einer erheblichen Freisetzung von radioaktivem Material in die Atmosphäre und das Meer.  

Luftaufnahme des Kraftwerks Fukushima Daichi (Tokyo Electric Power Co., TEPCO)
Luftaufnahme des Kraftwerks Fukushima Daichi (Tokyo Electric Power Co., TEPCO)

Die Folgen von Fukushima  

Die Folgen waren massiv. Landwirtschaftliche Flächen wurden kontaminiert, Lebensmittel wurden verseucht, und die Strahlung gefährdete die Gesundheit derjenigen, die in der Nähe des Unglücksortes lebten. In den folgenden Jahren wurden umfangreiche Aufräumarbeiten durchgeführt, um die Strahlung einzudämmen und die Region zu rehabilitieren. Natürlich nimmt die Strahlung auch auf natürlichem Wege mit der Zeit ab und aktuell gibt es im Umkreis von Fukushima kaum noch nennenswerte Strahlung in einem wirklich bedrohlichen Ausmaß.  

Aber trotzdem, auch jetzt, knapp zwölf Jahre nach dem Unglück ergeben sich weiterhin Probleme. Seit 2011 ist dort kontaminiertes Wasser angefallen, das täglich im Kraftwerk erzeugt wurde. Denn Wasser war notwendig, um die beschädigten Reaktoren zu kühlen, und Grundwasser, das kontaminiert wurde, während es das Gelände durchdrang, musste abgepumpt und gelagert werden. Über 1000 Tanks wurden vor Ort errichtet, um über eine Million Tonnen radioaktives Wasser zu lagern.  

Die Aufbewahrung und Verwaltung des Wassers in großen Tanks vor Ort ist zu einer Herausforderung geworden, denn das Wasservolumen ist mittlerweile so sehr gewachsen, dass kritische Kapazitätsgrenzen erreicht sind. Da stellt sich die drängende Frage: Wohin mit dem Fukushima-Wasser? Um hierfür eine Lösung zu finden und das auch langfristig zu klären, damit man nicht in ein paar Jahren wieder vor demselben Problem steht, hat die japanische Regierung den pragmatischen Plan gefasst, das aufbereitete Wasser einfach in den Ozean zu leiten.  

Wassertanks im Kraftwerk Fukushima (IAEA Imagebank)
Wassertanks im Kraftwerk Fukushima (IAEA Imagebank)

Radioaktives Wasser gefiltert  

Die Tokyo Electric Power Company, kurz TEPCO, die Betreiberfirma von Fukushima, hat das aufbereitete Wasser durch ein fortschrittliches Behandlungssystem namens ALPS gefiltert, um die meisten radioaktiven Elemente wie Kobalt 60, Strontium 90 und Cäsium 137 zu entfernen. Tritium, eine radioaktive Form von Wasserstoff, bleibt jedoch zurück, denn es ist schwer Wasserstoff von Wasser zu trennen. Wenn eines der Wasserstoffatome im Wasser durch Tritium ersetzt wird, entsteht radioaktives sogenanntes tritiiertes Wasser. Tritiiertes Wasser ist chemisch identisch mit normalem Wasser, was seine Trennung vom Abwasser teuer, energieintensiv und zeitaufwendig macht. Und 2020 hatte man schon mal gecheckt, ob aktuelle Tritium-Trenntechnologien in der Lage wären, die hier benötigten großen Wassermengen zu verarbeiten. Sind sie leider nicht.  

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Wir werden das Tritium im Fukushima-Wasser also nicht los. Ist das schlimm? Nein, denn im Vergleich zu anderen radioaktiven Elementen ist Tritium relativ harmlos, und seine Existenz als tritiiertes Wasser verringert seine Umweltauswirkungen immens. Chemisch identisch mit normalem Wasser durchläuft tritiiertes Wasser normales Wasser einfach und reichert sich daher nicht stark im Körper lebender Wesen an. Tritiiertes Wasser akkumuliert sich kaum im Körper von Tieren und hat einen sogenannten Bioakkumulationsfaktor von etwa 1. Im Vergleich dazu besitzt zum Beispiel radioaktives Cäsium-137 einen Bioakkumulationsfaktor von ungefähr 100, da es sich in der Nahrungskette nach und nach anreichert.  

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Also stellt euch mal vor, Ihr seid ein Kugelfisch vor der Küste Fukushimas und freut euch, dass euch bisher noch keine japanischen Meisterköche in die Finger bekommen haben. Aufgrund des Bioakkumulationsfaktor von 1 könnt Ihr nicht mehr Tritium in euren Kugelfischkörper aufnehmen als im umgebenden Wasser drin ist. Im umgebenden Wasser ist aber natürlich quasi gar kein zusätzliches Tritium drin, weil sich das Fukushima-Abwasser fast bis zur Unkenntlichkeit verdünnt angesichts der Massen an Ozeanwasser. Also alle Kugelfische können aufatmen.  

Der Ozean ist radioaktiv  

Radioaktivität ist ein gutes Stichwort, denn der Ozean ist von Natur aus schon radioaktiv. Schaut euch mal die Grafik unten an. Dort seht Ihr das Ausmaß radioaktiver Aktivität durch verschiedene Nuklearunfälle und die radioaktive Aktivität der Stoffe, die ohnehin im Ozean gebunden sind. Die Einheit „Peta-Becquerel“ ist eine Maßeinheit für die Aktivität von radioaktiven Substanzen. Ein Becquerel verwendet man für die Anzahl der radioaktiven Zerfälle pro Sekunde und ein Peta-Becquerel entspricht 10 hoch 15 Becquerel. Ihr seht, dass Fukushima auf der Grafik wirklich klein ist. Und die Grafik zeigt sogar alle Freisetzungen aus dem Fukushima-Unglück vom ersten Tag an, nicht nur das stark gefilterte und verdünnte Tritium, das übrig geblieben ist, und das übrigens insgesamt nur ein Peta-Becquerel besitzt.   Das natürlich im Ozean gebundene Potassium 40 ist auf der anderen Seite verantwortlich für schlappe 15 Millionen Peta-Becquerel. Oder um es anders zu sagen: Die radioaktive Aktivität des nun in den Ozean freigesetzten tritiierten Wassers aus Fukushima entspricht einem fünfzehnmillionstel der natürlichen Radioaktivität im Ozean allein durch Potassium 40. Wer es also für unverantwortlich hält, dass dieses Wasser nun freigesetzt wird, müsste konsequenterweise nach jedem Badetag am Strand Angst haben, dass er nun nuklear verseucht wurde.   

Radioaktivitätsquellen im Ozean
Radioaktivitätsquellen im Ozean

Atomenergiebehörde: Keine Bedenken  

Weil die Datenlage so eindeutig ist, hat die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) auf Anfrage der japanischen Regierung eine Sicherheitsbewertung des Plans durchgeführt und ihn für bedenkenlos durchführbar erklärt. Die maximal geschätzte radioaktive Dosis aus dem freigesetzten Wasser von Fukushima wird in dieser Bewertung auf 3,9 Mikrosievert pro Jahr geschätzt. Das ist ein Bruchteil der durchschnittlich 2400 Mikrosievert natürliche Strahlung, die Menschen jedes Jahr einfach so erhalten. Das Fukushima-Wasser kann also problemlos ins Meer freigesetzt werden und alle Argumente dagegen scheinen nicht besonders wissenschaftlich fundiert zu sein, sondern eher, ja, emotionaler Natur.  

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Heiß und anomal: Radioaktive Struktur auf dem Mond

Radioaktivität auf dem Mond

Eine gigantische radioaktive Anomalie auf dem Mond wurde entdeckt – und zwar von chinesischen Mondsatelliten. Was schlummert unter der Oberfläche unseres Trabanten und erzeugt eine immense Hitze?

Es sieht so aus, als würde der Mann im Mond eine Sauna betreiben – zumindest brachte die nun entdeckte Hitze-Anomalie die Forscher ganz schön zum Schwitzen. Aber immer der Reihe nach, schauen wir uns erstmal allgemein die Geologie des Mondes an. Denn die Frage, ob es auf dem Mond ähnliche geologische Phänomene wie auf der Erde gibt, also zum Beispiel Vulkanismus, treibt die Geowissenschaftler schon lange um.  

Wie man schon mit bloßem Auge sehen kann, ist der Mond von zahlreichen Kratern übersät, die durch den Einschlag von Meteoriten entstanden sind. Diese Krater sind das offensichtlichste geologische Merkmal des Mondes. Aber neben den Kratern gibt es auch sogenannte Mare, lateinisch für „Meere”. Diese dunklen, glatten Bereiche auf der Mondoberfläche bieten aber wenig Potential für Badespaß, sondern sind vor Milliarden von Jahren durch Lavaströme entstanden.  

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Die Mare des Mondes  

Die Mare entstanden vor etwa drei bis vier Milliarden Jahren, als der Mond vulkanisch aktiv war, so viel ist wohl sicher. Während dieser Zeit floss geschmolzene Lava an die Oberfläche und bildete diese flachen Ebenen. Diese Lava, die aus dem Inneren des Mondes stammte, füllte also größere Einschlagkrater auf und bildete die charakteristischen dunklen Flecken auf der Mondoberfläche. Aber jetzt kommt der Clue: Diese vulkanische Aktivität hielt nur einen begrenzten Zeitraum an, bisher geht man davon aus, dass der Mond seine vulkanisch aktive Phase schon lange hinter sich hat.   Die Analyse von Mondgesteinsproben, die während der Apollo-Missionen zurückgebracht wurden, hat bestätigt, dass die Mond-Mare hauptsächlich aus Basalt bestehen, einer Gesteinsart, die durch vulkanische Aktivität entsteht. Basalt ist das Ergebnis von Lavaströmen, die sich abkühlen und verfestigen. Wir wissen aus erster Hand, dass der Mond einst massive vulkanische Aktivität besessen hat. Wie dieser Mondvulkanismus aber genau ausgelöst wurde, ist noch unklar. Eine der gängigsten Theorien zur Entstehung der Mare und des Basalts besagt, dass der Mond in seiner frühen Geschichte einen ganzen Magma-Ozean besaß.  

Gemäß dieser Theorie wurden durch den Einschlag großer Meteoriten Risse in der Mondkruste verursacht, wodurch geschmolzenes Magma an die Oberfläche gelangen konnte. Dieses Magma bildete dann die Basaltflüsse, füllte die Krater und die Mare entstanden.  

Thorium auf dem Mond  

Vielleicht ist der Mondvulkanismus aber gar kein Schnee von gestern, denn was Wissenschaftler nun entdeckt haben, ist wirklich erstaunlich. Anhand der Daten der chinesischen Mondsatelliten Chang’e 1 and Chang’e haben Wissenschaftler herausgefunden, dass ungewöhnliche Wärmeemissionen auf der Rückseite des Mondes abgestrahlt werden. Dass diese Region speziell ist, wusste man schon länger, deswegen hat sie auch einen sehr speziellen Namen, nämlich Compton-Belkovich-Thoriumanomalie. In diesem Gebiet herrscht eine hohe Konzentration des schwach radioaktiven Elements Thorium und diese erhöhte Strahlung konnte man bereits 1998 mit der NASA-Sonde Lunar Prospector feststellen.  

Der Compton-Belkovich-Hotspot (Siegler et al., Nature, 2023)
Der Compton-Belkovich-Hotspot (Siegler et al., Nature, 2023)

Astronomen glauben, dass es auf der Rückseite des Mondes noch länger Vulkanismus gab. Während er auf der erdzugewandten Seite tatsächlich vor ein paar Milliarden Jahren aufhörte, kam es auf der erdabgewandten Seite wohl noch vor einer Milliarde Jahre zu heftigen Lavaströmen und Ausbrüchen, einer davon formte die Compton-Belkovich-Thoriumanomalie.  

Hitze auf dem Mond  

Doch die chinesischen Mondsatelliten haben nun neben der Strahlungsanomalie auch noch eine Hitzeanomalie entdeckt. Sie entdeckten eine anomale Wärme, die etwa 20-mal höher ist als der Durchschnitt für das Mondhochland. Was verbirgt sich bloß hier und erzeugt Hitze? Ist es wie in dem Film Moonfall, in dem der Mond in Wahrheit eine Alien-Raumstation ist? Oder haben wir hier eine gigantische Wärmepumpe entdeckt? Der beteiligte Forscher Matthew Siegler sagt: „Wir fanden heraus, dass der so genannte Compton-Belkovich-Vulkan im Mikrowellenbereich am Glühen ist. Das bedeutet, dass er heiß ist, nicht unbedingt an der Oberfläche, wie man es im Infrarot sehen würde, sondern unter der Oberfläche.”  

Ein Modell des Compton-Belkovich-Batholith (Siegler et al., Nature, 2023)
Ein Modell des Compton-Belkovich-Batholith (Siegler et al., Nature, 2023)

Unter der Compton-Belkovich-Anomalie versteckt sich also eine bislang unbekannte, gigantische Wärmequelle. Die wahre Erklärung dafür ist wohl… Granit. Analysen dieser Hitzequelle deuten darauf hin, dass es sich um eine tief vergrabene, riesige Masse aus erstarrtem Magma handelt, die vor etwa 3,5 Milliarden Jahren abgelagert wurde.   Magma breitet sich aus, verdrängt das bestehende Gestein, kühlt dann irgendwann ab und bildet dann einen gigantischen unterirdischen Blob. Geowissenschafts-Amateure verwenden statt des höchstwissenschaftlichen Fachbegriffs Blob auch das Wort Batholith für eine sehr große unterirdische Ansammlung von magmatischen Gesteinen. Auf der Erde sehen wir sowas recht häufig in vulkanischen Gebieten, aber auf dem Mond hatte man sowas bislang noch nie entdeckt.

Matthew Siegler sagt: „Batholithen sind viel größer als die Vulkane, die sie an der Oberfläche speisen. Die Berge der Sierra Nevada zum Beispiel sind ein Batholith, der von einer Vulkankette im Westen der Vereinigten Staaten übriggeblieben ist, die vor langer Zeit existierte.”  

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Also die geheimnisvolle Wärmequelle ist ein gigantischer Granit-Batholit, ein Zeitzeuge des vergangenen Vulkanismus, der immer noch Hitze ausstrahlt. Dieser Granit-Blob ist super interessant, denn soweit wir von der Erde wissen, braucht es für die Entstehung von Granit sehr viel Wasser. Und für die nun entdeckte Granit-Ansammlungen, die wohl einen Durchmesser von 50 Kilometern hat, bräuchte es sehr viel Wasser. Ohne Wasser wäre die Entstehung dieser Anomalie nur durch absolut extreme Bedingungen möglich wie extreme Hitze und mächtige geologische Prozesse wie Plattentektonik, die es aber auf dem Mond auch nicht gibt. Mit anderen Worten: Der Fund des Granitpfropfens, dieser Hitze-Anomalie, ist ein starkes Indiz dafür, dass es auf dem Mond, zumindest im Inneren, mal immense Mengen Wasser gab.

Matthew Siegler fasst es gut zusammen: „Wenn man kein Wasser hat, braucht man extreme Situationen, um Granit zu bilden. Hier ist also ein System ohne Wasser und ohne Plattentektonik – aber es gibt Granit. Gab es Wasser auf dem Mond – zumindest an dieser einen Stelle? Oder war es nur besonders heiß?”

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Die Frösche in Tschernobyl verändern sich

Froesche in Tschernobyl

Im havarierten Kernkraftwerk in Tschernobyl leben noch immer Tiere. Jetzt haben Forscher herausgefunden, dass sich die Frösche aufgrund der Radioaktivität verändert haben. Alles über die Frösche in Tschernobyl erfahrt ihr in diesem Beitrag.

Genetisch veränderte Hunde, Radioaktivität fressende Pilze – in Tschernobyl geschehen seltsame Dinge. Und nun wissen wir, dass sich eine weitere Spezies durch die Radioaktivität massiv verändert hat: die Frösche in Tschernobyl.

Ja, richtig gehört, auch diese quakenden Kreaturen sind Opfer der massiven Strahlung geworden und haben sich verändert. Genau genommen geht es um die Baumfrösche, die Wissenschaftler in den vergangenen Jahren analysiert haben. Der beteiligte Forscher Gennadi Milinevsky sagt: “Unsere Studie liefert das erste Beispiel dafür, dass Wildtiere, die nach einer nuklearen Katastrophe in einer Umgebung mit erhöhter Strahlung leben, Veränderungen in der Pigmentierung aufweisen, die mit einer erhöhten Toleranz gegenüber Strahlung zusammenhängen.”

Frösche in Tschernobyl ändern Farbe

Wie kann man sich das konkret vorstellen? Unten sehen wir einen normalen grünen Baumfrosch und links die Tschernobyl-Variante. Die Baumfrösche in Tschernobyl haben im Laufe der Zeit ihre grüne Farbe verloren und besitzen nun teilweise eine komplett schwarze Färbung. Die Forscher haben herausgefunden, dass Baumfrösche, die in der Nähe von historisch hochbelasteten Strahlungsgebieten innerhalb des Tschernobyl-Gebiets leben, eine dunklere Pigmentierung aufweisen als Frösche aus derselben Region an Stellen mit niedrigerer Strahlenbelastung. 

Tschernobyl-Frosch links und normaler Baumfrosch Germán Orizaola Pablo Burraco
Tschernobyl-Frosch und normaler Baumfrosch (Germán Orizaola/Pablo Burraco)

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Die Erklärung für den Farbwechsel hat offensichtlich etwas mit der Radioaktivität zu tun. Die dunklere Färbung wird durch die erhöhte Produktion von Melanin verursacht, einem Pigment, das vielen Organismen, einschließlich Menschen und Tieren, dunkle Farben verleiht. Melanin hat nicht nur die Fähigkeit uns vor lästigem Sonnenbrand zu schützen, sondern es kann auch Strahlungsenergie absorbieren und ionisierte Moleküle neutralisieren, was das Risiko von Zellschäden verringert und die Überlebenschancen in solchen Extremgebieten wie Tschernobyl erhöht. 

Pigmentierung schützt Frösche in Tschernobyl

Die dunkler pigmentierten Frösche in Tschernobyl sind daher besser gegen die schädlichen Auswirkungen der Strahlung geschützt und eher in der Lage, zu überleben und sich zu reproduzieren. Der Biologe Timothy Mousseau sagt: “Die Ergebnisse der Studie legen nahe, dass sich die Frösche in Tschernobyl an die Strahlung angepasst haben könnten. Wenn das der Fall ist, ist dies ein gutes Beispiel dafür, dass es in der Natur Anpassungsmöglichkeiten gibt, um auf Umweltstressfaktoren zu reagieren.” 

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Aber wie funktioniert das genau? Macht die Radioaktivität die Frösche unmittelbar schwarz? Nein, es handelt sich um einen evolutionären Prozess, der sich über mehrere Frosch-Generationen abspielt. Und Frösche mit einem etwas dunkleren Teint hatten nach der Nuklearkatastrophe einen Überlebensvorteil. Unten sehen wir, dass die Tschernobyl-Baumfrösche nicht alle gleich schwarz sind. Es ist eine Art Baumfroschhautfarbenspektrum. Und als die Radioaktivität in dem Gebiet zunahm, haben die Baumfrösche mit etwas mehr Melanin statistisch gesehen häufiger überlebt, als die Baumfrösche mit weniger Melanin. Die dunkleren Frösche konnten die Radioaktivität besser vertragen, lebten daher länger und konnten sich daher erfolgreicher fortpflanzen. Survival of the fittest – so funktioniert Evolution immer. Diejenigen, die am besten an eine Situation angepasst sind, können sich erfolgreicher fortpflanzen, wodurch ihre Gene die kommenden Generationen mehr dominieren. 

Farbvariationen der Tschernobyl-Frösche Germán Orizaola Pablo Burraco
Farbvariationen der Frösche in Tschernobyl (Germán Orizaola/Pablo Burraco)

Dunklere Färbung der Frösche als evolutionärer Nachteil

Wie sich die evolutionäre Veränderung hin zur schwarzen Färbung auf all die anderen Aspekte des Frosch-Lebens ausgewirkt hat, wird derzeit noch untersucht. Es wäre denkbar, dass die schwarzen Frösche nun nicht mehr so gut vor Vögeln geschützt sind, die sie fressen wollen – denn die grüne Farbe der meisten Froscharten hat ja durchaus ihren Sinn, nämlich, sich in sumpfigen Gebieten tarnen zu können. Es ist also sogar denkbar, dass nun eine rückläufige Entwicklung einsetzen wird, jetzt wo die Strahlung abnimmt und sich grünere Frösche wieder effektiver fortpflanzen werden. 

Vier Tage alte Embryonen des Zebrabärblings, unten eine Albino-Mutation ohne Melanin (Massachusetts Institute of Technology)
Vier Tage alte Embryonen des Zebrabärblings, unten eine Albino-Mutation ohne Melanin (Massachusetts Institute of Technology)

Es ist sehr faszinierend, dass verschiedene Arten unterschiedliche Strategien entwickelt haben, um der Radioaktivität zu trotzen. Es gibt etwa den radioaktiven Pilz namens Cryptococcus neoformans, der in der Umgebung von Tschernobyl wächst und durch die Strahlung mutiert ist. Dieser Pilz wächst sogar auf die Bereiche mit der höchsten Strahlung zu, als würde er dort nach seiner Nahrung greifen. Und tatsächlich kann der Pilz wohl Gammastrahlung in chemische Energie für das Wachstum umwandeln. Bei den Fröschen dient das Melanin hingegen wohl nur vor dem Schutz vor der Strahlung und nicht dazu, Energie daraus zu zehren.

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Der Elefantenfuß von Tschernobyl

Der Elefantenfuß in Tschernobyl

Ein gigantischer Klumpen radioaktiver Masse, der jeden innerhalb von 200 Sekunden umbringt – das ist der sogenannte Elefantenfuß in den Ruinen von Tschernobyl. Was hat es damit auf sich?

Am 26. April 1986 ereignete sich im Kernkraftwerk Tschernobyl in der heutigen Ukraine ein schwerer nuklearer Unfall. Während eines Tests am Reaktor Nr. 4 kam es zu einer Fehlfunktion, die zu einer plötzlichen Freisetzung von radioaktiven Materialien führte. Eine Explosion im Reaktor zerstörte das Dach und den oberen Teil des Gebäudes und setzte große Mengen an Radioaktivität in die Umwelt frei. Das war der verheerendste nukleare Unfall in der Menschheitsgeschichte und hatte schlimme Auswirkungen auf die Menschen und auch auf die Flora und Fauna in der Umgebung. 

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Um den Unfall in Tschernobyl zu bewältigen, wurde ein Sarkophag um den beschädigten Reaktor gebaut, um eine weitere Freisetzung von Radioaktivität zu verhindern. Dieser alte Sarkophag wurde aber nur behelfsmäßig errichtet und 2016 durch einen neuen Schutzmantel mit dem Namen New Safe Confinement ersetzt, der die Radioaktivität wesentlich besser abschirmt und mit allerlei Instrumenten und Kameras ausgerüstet ist. 

Sowjetische Arbeiter posieren vor dem ersten Sarkophag
Sowjetische Arbeiter posieren vor dem ersten Sarkophag

Neue Hülle in Tschernobyl

Die Notwendigkeit der neuen Hülle ist umstritten und einige Strahlenschutzexperten gehen davon aus, dass das Radioaktivitätslevel mittlerweile niedrig genug sei, um die alte Hülle weiter zu verwenden. Andere sagen, dass alleine schon wegen der Gefahr, dass die alte Hülle wegen einer Naturkatastrophe zusammenbrechen könnte, eine neue Hülle angemessen sei. Was aber unter allen Experten unstreitig ist, ist, dass sich im Kraftwerk noch vereinzelte Orte befinden, an denen die Radioaktivität immer noch extrem hoch ist. 

Zum Beispiel in Raum 217/2. Dieser Raum liegt etwa 15 Meter südöstlich des beschädigten Reaktors und sechs Meter über dem Boden. Und in diesem Raum befindet sich der Elefantenfuß, ein Gebilde aus stark strahlendem Material, eine zusammengeschmolzene Mischung, die euch heute, Jahrzehnte nach dem Unglück, immer noch durch ihre Strahlung töten könnte. Unten seht Ihr eine Aufnahme, die von Artur Korneyev aufgenommen wurde, einem hochrangigen Mitarbeiter bei der Planung der neuen Schutzhülle. 

Das Selfie mit dem Elefantenfuß

Wir sehen hier keinen Geist, sondern Artur Korneyev in einer frühen Form eines Selfies, aufgenommen mit Selbstauslöser. Eindrucksvoll sichtbar ist der Elefantenfuß. Im Prinzip ein großer radioaktiver Blob, ein totes Monster geboren durch den Reaktorunfall. Aber woraus besteht der Elefantenfuß genau? 

Selfie von Artur Korneyev vor dem Elefantenfuß
Selfie von Artur Korneyev vor dem Elefantenfuß

Was ist der Elefantenfuß in Tschernobyl?

Als es zur Kernschmelze im Reaktor 4 kam und dadurch auch zu einem radioaktiven Brand im ganzen Gebäude, entstanden immens hohe Temperaturen. Durch diese extremen Bedingungen verschmolz das Baumaterial des Gebäudes, also vor allem Beton, Stahl und Glas mit geschmolzenem Kernbrennstoff. Es ist nicht übertrieben, wenn man sagt, dass der Elefantenfuß eine Ausgeburt der Kernschmelze ist. Das geschmolzene Material, das bei einer Kernschmelze entsteht, nennt man Corium, ein Kofferwort aus Core, englisch für Kern, und der für chemische Elemente typischen Endung -ium, also das Kernelement. Corium ist also der geschmolzene Brennstoff, der sich aus Uran, Zirkonium, Graphit und anderen Stoffen zusammensetzt, und entsteht, wenn das Brennstoffelement eines Kernreaktors schmilzt und sich mit anderen Materialien im Reaktorbehälter vermischt. 

Und ich kann euch versprechen: Das Zeug möchte man sich nicht in den Kaffee mischen, denn es ist nach seiner Entstehung unfassbar heiß, radioaktiv und kann sich sogar durch die Wände fressen, wie wir am Elefantenfuß eindrucksvoll sehen. Ihr erinnert euch: Raum 217/2 ist 15 Meter vom Reaktor entfernt. Bis hierhin konnte das Corium vordringen und diese Ausgeburt der Hölle erzeugen. Das Ding erinnert statt an den Fuß eines netten Dickhäuters eher an eine Art Abszess, mit seiner mittlerweile schwarzen Färbung und faltigen Struktur. Dazu passt auch, dass der Elefantenfuß nur ein Teil einer viel größeren Masse ist, die sich unter dem Raum bis unter den Reaktor 4 erstreckt. 

Wie gefährlich ist der Elefantenfuß in Tschernobyl?

Über die Konsistenz des Elefantenfuß wissen wir aber einiges. Maxim Saveliev vom Institut für Sicherheitsprobleme von Kernkraftwerken sagt: “Zu Beginn war der Elefantenfuß so hart, dass die Wissenschaftler ein Kalaschnikow-Gewehr benutzen mussten, um ein Stück für die Analyse abzubrechen. Jetzt hat er mehr oder weniger die Konsistenz von Sand.”

Schwarzes Loch, Weißes Loch, Astro-Tim

Garantiert nicht radioaktiv – unser plüschiges Schwarzes Loch.

Jetzt stellt sich die Frage: Wie gefährlich ist der Elefantenfuß heute noch? Wir haben schon gesehen, dass Leute mit Schutzanzügen den Raum betreten und Fotos geschossen haben. Zur Zeit der Entdeckung, kurz nach der Nuklearkatastrophe, betrug die Radioaktivität in der Nähe des Elefantenfußes etwa 8.000 bis 10.000 Röntgen, eine Intensität, die innerhalb weniger Minuten eine so heftige Strahlenkrankheit verursacht, dass es unweigerlich zum Tode führt. Seitdem hat die Strahlung aufgrund des Zerfalls der radioaktiven Elemente massiv abgenommen. 

Aber bevor Ihr direkt eure Koffer packt, das ist kein Freifahrtschein für Raum 217/2. Laut einer Schätzung aus dem Jahr 2019 liegt die Strahlungsintensität in unmittelbarer Nähe des Elefantenfußes bei etwa 40 Sievert pro Stunde. Also, besser nicht riskieren, denn das ist eine sehr hohe Strahlendosis und kann die Strahlenkrankheit hervorrufen und bei längerem Aufenthalt in dem Rauch auch tödlich sein, wenn man ihr ungeschützt ausgesetzt ist. 

Ob und wie viele Leute sich durch den Elefantenfuß die Strahlenkrankheit eingefangen haben und vielleicht sogar gestorben sind, weiß keiner genau. Es existiert noch dieses mysteriöse Bild hier, aufgenommen vor dem bekannten Foto von Artur Korneyev von einem unbekannten Fotografen – einige halten es für eine Fälschung, da der Fotograf nicht bekannt ist. Zu dieser Zeit muss die Strahlenbelastung noch sehr hoch gewesen sein, so dass man nur hoffen kann, dass – wenn das Foto echt ist – dem Fotografen dies bewusst war und er entsprechende Schutzkleidung trug und nur kurze Zeit in dem Raum verbrachte. 

Bild eines unbekannten Fotografen
Bild eines unbekannten Fotografen vom Elefantenfuß in Tschernobyl

Und natürlich existieren in den Ruinen des Kernkraftwerks noch viel mehr dieser radioaktiven Ablagerungen, unnatürliche strahlende Stalagmiten und Stalaktiten, die überall durch die Wände des Gebäudes geschmolzen sind. Und an dieser Stelle sei auch an die Arbeiter erinnert, die an der ersten Sicherung nach dem Reaktorunglück arbeiteten und den ersten Sarkophag anbrachten. Viele dieser Leute arbeiteten unter widrigsten Bedingungen ohne angemessene Schutzkleidung und es ist bekannt, dass einige der Arbeiter an der Strahlenkrankheit starben. Auch für diesen traurigen historischen Fakt ist der Elefantenfuß heute noch ein deutliches Mahnmal.

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Radioaktiver Pilz: Bizarre Lebensform in Tschernobyl

Radioaktiver Pilz

Ein radioaktiver Pilz wächst in den Ruinen des Kernkraftwerks Tschernobyl heran. Und stellt Wissenschaftler vor ein großes Rätsel.

Es ist schon mehr als 35 Jahre her, dass es zum Reaktorunglück in Tschernobyl kam. Im Atomkraftwerk der ukrainischen Stadt Tschernobyl kam es zu zwei Explosionen, durch die ein Reaktorblock zerstört wurde. Das führte zur Freisetzung von radioaktivem Material in die Luft, das sich durch große Teile Russlands, Weißrusslands, die Ukraine und weitere Teile Europas verbreitete. Die Einwohner des Ortes Tschernobyl und der nahegelegenen Stadt Prypjat wurden evakuiert und die Gegend galt jahrzehntelang als unbewohnbar. 

Wird verarbeitet …
Erledigt! Sie sind auf der Liste.

Heute wohnen wieder einige Menschen dort und es gibt sogar Touristentouren in die Gegend. Natürlich wurde damals auch die Flora und Fauna in der Gegend um das Kernkraftwerk durch die radioaktive Strahlung belastet. Über die Jahre nimmt die Strahlenbelastung ab und so hat sich auch die Natur erholt. Aber der folgende Fund ist dennoch erstaunlich: Forscher fanden in dem Areal einen schwarzen radioaktiven Pilz, der sich von der radioaktiven Strahlung ernährt. Sein Name ist Cryptococcus neoformans. Er wächst nicht im Wald, sondern dort, wo es die höchste Strahlung im Reaktorblock gibt. Dieser hungrige Organismus trotzt nicht nur der hohen Strahlenbelastung, er lebt von ihr. Der NASA-Strahlenforscher Kasthuri Venkateswaran sagt: “Die Pilze, die im Reaktor gesammelt wurden, hatten mehr Melanin als die Pilze, die außerhalb in der Sperrzone gesammelt wurden. Es wurde festgestellt, dass sie der Strahlung entgegen gewachsen sind. Sie lieben sie.”

Cryptococcus Neoformans
Radioaktiver Pilz mit dem Namen Cryptococcus Neoformans

Radioaktiver Pilz ernährt sich von Grafit

Also wir reden hier wirklich über eine absolut außergewöhnliche Lebensform: Der Pilz gedeiht auf den Resten des Reaktorblocks. Er kann radioaktives Material wie den heißen Grafit in den Überresten des Tschernobyl-Reaktors zersetzen. In Gegenwart der Strahlung wachsen die Pilze schneller. Sie richten sich auf die Strahlungsquelle aus, um dort hinzuwachsen, so als ob sie nach ihrer Nahrung greifen würden. Dass das Leben ausgerechnet am Ort einer solchen Katastrophe gedeiht, ist faszinierend. Leben findet halt immer einen Weg.

Aber wie macht der Pilz das? 

Und könnten wir das vielleicht sogar für medizinische Behandlung oder für die Raumfahrt nutzen? Die schwarzen Pilze besitzen einen sehr hohen Anteil an Melanin – das ist das Pigment in der menschlichen Haut, das vor ultravioletter Strahlung schützt. Der geringe Melaninanteil ist der Grund, weshalb die blasseren unter uns nach einem Tag am Strand aussehen wie eine Tomate. Die Pilze können mit ihrem Melanin Gammastrahlung in chemische Energie für ihr Wachstum umwandeln. Das erinnert einige von euch vielleicht an den pflanzlichen Photosynthese-Prozess und es ist auch tatsächlich ähnlich – analog zur Photosynthese nennt man das Radiosynthese. Der Molekularbiologe Arturo Casadevall sagt: “Wir begannen damit, die Pilze der Strahlung auszusetzen. Dabei stellten wir fest, dass sie schneller wuchsen, was mit Melanin zusammenhing. Wenn sie kein Melanin hatten, konnte man den Effekt nicht sehen.”

Garantiert nicht radioaktiv, bringt dich aber trotzdem zum Strahlen: Der Plüsch-Pluto.

Ein radioaktiver Pilz als Strahlenschutz

Im Prinzip ist er durch seine Radiosynthese ein natürlicher Strahlenschutz. Sehr praktisch für Leute, die sich öfter mal im Weltraum aufhalten, denn die kosmische Strahlung ist radioaktiv und auf Dauer für den menschlichen Körper sehr gefährlich. Deswegen wurde der Pilz auch schon auf der internationalen Raumstation, der ISS, gezüchtet, denn man will seine erstaunlichen Eigenschaften für die Raumfahrt nutzen. Die Versuche auf der ISS sollen zeigen, ob es möglich ist, Raumschiffe auf diese Weise gegen die eindringende Strahlung abzusichern. Denn in dem Bereich, in dem sich die ISS bewegt, ist die Strahlung zwar höher als auf der Erdoberfläche, aber noch im akzeptablen Ausmaß. 

Wenn irgendwann Menschen zu Missionen tiefer in den Weltraum aufbrechen, beispielsweise in den nächsten Jahren zum Mars, dann werden sie eine massive Strahlenbelastung aushalten müssen.Und da könnte der Tschernobyl-Pilz perfekt helfen, wenn man beispielsweise in den Außenwänden eines Raumschiffs diesen Pilz züchtet. Der Biologe Radamés Cordero sagt: “Wir wissen, dass die Weltraumstrahlung gefährlich ist und die Materie schädigt. Wenn man ein Material hat, das als Schutzschild gegen Strahlung fungieren kann, könnte es nicht nur Menschen und Strukturen im Weltraum schützen, sondern auch sehr reale Vorteile für Menschen hier auf der Erde haben.”

Bild von der ISS
Radioaktiver Pilz: Könnte er die Forschung auf der ISS vereinfachen?

Radioaktiver Pilz für die Medizin?

Wenn sich schon auf der Erde solche Lebensformen bilden, heißt das, dass auch extrem radioaktive Exoplaneten nicht ausgeschlossen werden können hinsichtlich der Existenz von Lebensformen. Ein Planet der völlig überzogen ist mit einem Alien-Pilzgeflecht… Die Raumfahrt ist aber nur ein Anwendungsbereich. Auch in der Strahlentherapie könnte man den schwarzen Pilz nutzen, um Patienten vor negativen Aspekten der Strahlung zu schützen. Oder man könnte Atommüllendlager mit Schichten aus diesem Pilz umgeben. Die Möglichkeiten sind endlos. 

Der Pilz könnte uns sogar zur Stromerzeugung dienen. Aus Radioaktivität könnten wir Öko-Strom erzeugen. Es gibt auf der Erde viele Orte, die auf natürliche Art und Weise eine immense Radioaktivität aufweisen, so zum Beispiel die iranische Stadt Ramsar. Dort existieren heiße Quellen, die Radium aus dem Gestein im Untergrund an die Oberfläche bringen. Die Radioaktivität dort entspricht dem 20-fachen des weltweiten Durchschnitts. Solche Orte wären prädestiniert für Pilzkraftwerke, um diese Radioaktivität in Energie umzuwandeln, die wir Menschen dann nutzen könnten. Alles noch Zukunftsmusik, aber es ist faszinierend, sich darüber Gedanken zu machen, wofür man diesen Pilz nutzen könnte. 

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