Das kosmische Netz ist magnetisch

Das kosmische Netz

Wissenschaftler haben etwas Unglaubliches über die gigantischste Struktur des Kosmos herausgefunden: Das kosmische Netz ist magnetisch. Was das bedeutet, erfahrt ihr in diesem Beitrag. 

Wir alle sind winzig klein. Schon bloß mit den Ausmaßen unseres Sonnensystems verglichen sind wir Menschen absolut mickrig. Das Ende der Oortschen Wolke, der gravitativen Begrenzung unseres Sonnensystems, liegt in über einem Lichtjahr Entfernung. Und das ist nur unser Sonnensystem, unsere kosmische Heimat. 

Processing…
Success! You're on the list.

Die Milchstraße, unsere Galaxis, ist nach neueren Schätzungen über 200.000 Lichtjahre groß. Und dann gibt es außer der Milchstraße noch bis zu einer Billion Galaxien. Und das Universum insgesamt ist schätzungsweise 93 Milliarden Lichtjahre groß. Das ist alles unvorstellbar und es wird noch unglaublicher. Die Struktur des Universums insgesamt kann man als das sogenannte kosmische Netz darstellen. Wir sehen unten die Materiestrukturen des Kosmos zusammengepackt zu Filamenten. Diese Filamente bestehen aus all dem kosmischen Kram, den wir so kennen: Nebel, Galaxien, Galaxienhaufen. Auf irgendeinem dieser Filamanete sitzen auch wir gerade in der Milchstraße. 

Voids im kosmischen Netz

Aber das kosmische Netz zeigt nicht nur Filamente, es enthält auch die mysteriösen Voids. Gigantische leere Bereiche des Kosmos zwischen den Filamenten. Wir sehen, dass Materie nicht komplett gleichmäßig im Universum verteilt ist. Neben riesigen Überdichteregionen aus Galaxienhaufen gibt es auch große kosmische Areale, in denen im Prinzip nichts ist. Klar, hier und da schwirrt auch in den Voids mal eine Galaxie herum, aber im Großen und Ganzen ist dort nichts.

Das kosmische Netz in verschiedenen Wellenlängen (F. Vazza, D. Wittor and J. West, Composition by K. Brown)
Das kosmische Netz in verschiedenen Wellenlängen (F. Vazza, D. Wittor and J. West, Composition by K. Brown)

Das ist also die großräumigste Struktur des Kosmos: Das kosmische Netz bestehend aus Filamenten und Voids. Und als wäre das nicht schon bizarr genug, ist es Wissenschaftlern nun gelungen, im kosmischen Netz Magnetismus nachzuweisen. Die beteiligte Forscherin Dr. Tessa Vernstrom sagt: “Magnetfelder durchdringen das Universum – von Planeten und Sternen bis zu den größten Zwischenräumen zwischen den Galaxien. Viele Aspekte des kosmischen Magnetismus sind noch nicht vollständig verstanden, vor allem in den Größenordnungen, die im kosmischen Netz zu sehen sind.”

Das kosmische Netz ist also magnetisch und wir winzigen Primaten auf dem Planeten Erde können das messen und sogar kartieren? Immer der Reihe nach. Was haben die Forscher genau gemacht? Sie nutzten allerhand Daten und Radiokarten aus Himmelskartierungen wie dem Global Magneto-Ionic Medium Survey, die unter anderem mit Radioteleskopen wie dem Murchison Widefield Array in Australien gewonnen wurden. 

Mondgestein Meteorit

Ein Stück vom Mond für dein Wohnzimmer: Hol dir jetzt deinen Mondmeteoriten!

Mit Radioteleskopen kann man den kompletten Himmel im Radiobereich kartieren und schauen, wo die größte Dichte an Radioemissionen vorhanden ist. Diese Daten über die Verteilung der Radioemissionen im Weltraum haben die Forscher dann mit der simulierten Struktur des Kosmischen Netzes übereinander gelegt und das Endergebnis schien eine der spannendsten kosmischen Hypothesen zu bestätigen. Man vermutet nämlich schon länger, dass, wenn kosmische Materie zu den Filamenten verschmilzt, Schockwellen von unvorstellbaren Ausmaß erzeugt werden. Diese Schockwellen strahlen Radioemissionen ab, die theoretisch dazu führen, dass das kosmische Netz im Radiospektrum leuchtet – aber das konnte nie eindeutig nachgewiesen werden, weil diese Signale so schwach sind. Bislang. 

Das kosmische Netz und das Radioleuchten

Denn genau das ist den Forschern nun gelungen, sie haben das Radioleuchten des Kosmischen Netz nachweisen können, denn als sie nach und nach die Radiokartierungen des Kosmos über die simulierte Struktur des kosmischen Netz gelegt haben, passte das perfekt. Also im Prinzip astronomische Detektivarbeit. Und die Vorgänge in den großen Strukturen des Kosmos sind den Astronomen ins Netz gegangen. Die Amateur-Astronomen unter euch wissen, wie man die Technik nennt, die die Forscher angewendet haben, als sie die Radiobilder übereinander gelegt haben: Stacking, nur dies mal eben auf wirklich universaler Skala. 

Durch Stacking wird das Magnetfeld des kosmischen Netz sichtbar (Vernstrom et al. 2023)
Durch Stacking wird das Magnetfeld des kosmischen Netz sichtbar (Vernstrom et al. 2023)

Die Forscher haben Radioemissionen aufgezeichnet, die von den Schockwellen quer durch das kosmische Netz ausgehen, die wiederum entstehen, wenn große Strukturen Materie aufeinander prallen – und das ist der erste Beobachtungsnachweis überhaupt dafür, dass beschleunigte Teilchen in Form dieser Schockwellen im Universum am Werk sind. Oder wie Dr. Tessa Vernstrom sagt: “In der Vergangenheit haben wir diese Radiostoßwellen immer nur direkt bei Kollisionen zwischen Galaxienhaufen beobachtet. Wir glauben jedoch, dass sie auch in den kosmischen Filamenten existieren.”  

Das Magnetfeld des kosmischen Netz

Die größte Struktur des Kosmos wird also zum Beben gebracht von mächtigen Radiostoßwellen – wieder mal so ein Gedanke, der wirklich absolut die menschliche Vorstellungskraft übersteigt, oder? So weit, so gut, aber einige fragen sich jetzt sicherlich schon, was dieses Radioglühen mit dem Magnetismus des kosmischen Netzes zu tun hat? Jede Menge. Stellt euch mal vor, Ihr seid ein subatomares Teilchen, in dem Fall ein Elektron, also ein negativ geladenes Teilchen. Ihr fliegt ganz entspannt durchs kosmische Netz und denkt über dieses attraktive Proton nach, das euch schon seit Tagen so anlächelt. Plötzlich werdet Ihr auf eine feste Bahn gelenkt und seid Teil einer Art Strömung. Was ist passiert? 

Das Magnetfeld des kosmischen Netzes hat euch eingefangen. Die Radiowellen im kosmischen Netz entstehen hauptsächlich, wenn geladene Teilchen wie Elektronen in Magnetfeldern beschleunigt werden. Die Magnetfelder im kosmischen Netz wirken also als Beschleuniger und lenken die Elektronen auf spiralförmigen Bahnen, von denen aus dann die Radioemissionen abgestrahlt werden. Heißt: Durch die Beobachtung der Radiowellen können Astronomen die Magnetfelder des kosmischen Netzes kartieren und ihre Stärke und Ausrichtung messen. Das wiederum hilft dabei, die Struktur des kosmischen Netzes und seine Wechselwirkungen mit den Galaxien und und Galaxienhaufen besser zu verstehen. 

Magnetbahnen im kosmischen Netz lenken alles

Das Ganze ist gar nicht so abstrakt wie es klingt und hat ganz praktische Auswirkungen – auch auf uns. Die Entstehung von Galaxien, ihre Gruppierung zu Galaxienhaufen – all das wird gesteuert von Schockwellen und den magnetischen Bahnen des kosmischen Netz. Diese völlig abstrakten Prozesse in der größten Struktur des Universums sind letztlich dafür verantwortlich, dass unsere Milchstraße sich genau so gebildet hat, wie sie es nun mal getan hat. Denn durch irgendeine Magnetbahn im Kosmischen Netz hat sich an irgendeinem Punkt in irgendeinem Filament genau die richtige Menge Wasserstoff zusammengeknubbelt, um irgendwann die Milliarden Sterne zu bilden, aus denen die Milchstraße entstanden ist. 

Ihr sitzt jetzt Zuhause vor dem PC und das alles nur wegen des kosmischen Netz. Wahnsinn. Was für einer großen Sache wir hier auf der Spur sind, seht Ihr auch hieran: Die größte Struktur des Kosmos sieht genau so aus wie ein Borg-Kubus aus Star Trek. Kann das Zufall sein? Bestimmt nicht! Aber Spaß beiseite, immer wenn ich mir diese Darstellungen des kosmischen Netzes so ansehe, stellt sich mir unweigerlich eine Frage: Dieses Ding, diese Struktur muss doch auch irgendwie noch Teil von etwas Größerem sein, oder? Worin ist das kosmische Netz? Von was ist es ein Teil? Oder anders gefragt: Was ist außerhalb des Universums? 

Wollt ihr noch mehr über dieses Thema erfahren, dann schaut euch unbedingt mal dieses Video an:

Astronautennahrung, Eisenmeteorite und Plüschplaneten: In unserem Weltraum-Shop bleibt kein Wunsch offen. Kommt vorbei und stöbert in unseren Weltraum-Produkten.

Impressum und Datenschutz

Fraktale: Was Blumenkohl mit dem Universum zu tun hat

Vergleich Fraktale und Universum

Ist das Universum fraktal? Wiederholen sich alle Strukturen im ganz Kleinen und im ganz Großen? Und könnten solche Fraktale auf die dahinterliegende Struktur unserer Realität hindeuten und sogar beweisen, dass wir in einem Multiversum leben?

Es ist schon seltsam. Wenn man sich den Mikrokosmos, also die allerkleinsten Strukturen, und den Makrokosmos, das Allergrößte, anschaut, dann stellt man oftmals fest, dass viele Strukturen sich sehr ähnlich sind. Aber was bedeutet der Begriff “fraktal” eigentlich? 

Processing…
Success! You're on the list.

Ein Fraktal bezeichnet, dass man, wenn man weit genug hineinzoomt, schließlich auf eine Struktur stößt, die das ursprüngliche Muster, das man auf größeren Skalen gesehen hat, wiederholt. Wenn ähnliche Muster wiederholt in immer kleineren Maßstäben auftauchen, können wir sie mathematisch analysieren und feststellen, ob sie dieselben statistischen Merkmale aufweisen wie die größeren Strukturen. Nur wenn dies der Fall ist, handelt es sich um ein Fraktal. Ein Beispiel: Blumenkohl.

Der fraktale Blumenkohl

Diesen Blumenkohl werdet Ihr lieben: Es handelt sich um eine spezielle Züchtung namens Romanesco. Und der Blütenstand ist ein mathematisches Meisterwerk der Natur, denn es ist fraktal. Auf mehreren Ebenen wiederholt sich immer dasselbe Muster. Es klingt ein bisschen albern in Bezug auf Blumenkohl, aber es ist absolut faszinierend, dass die Natur so eine mathematische Perfektion hervorgebracht hat. 

Romanesco Blumenkohl
Absolut fraktal: der Romanesco-Blumenkohl

Aber der Romanesco ist kein unendliches Fraktal, kein Schlüssel zum Blumenkohl-Multiversum, denn solche fraktalen Erscheinungsformen in der Natur besitzen immer nur eine begrenzte Anzahl von selbstähnlichen Strukturen. Nach zwei bis drei fraktalen Wiederholungen ist beim Blumenkohl Schluss. 

Mandelbrot “erfindet” Prinzip des Fraktals

Das Prinzip des Fraktals erkannte als erster der Mathematiker Benoit Mandelbrot. Vielleicht habt Ihr mal von der Mandelbrot-Menge gehört, bei der mit einer mathematischen Formel ein Fraktal generiert wird. Unten seht ihr eine Mandelbrotmenge. Und obwohl wir nur das grafische Ergebnis einer mathematischen Formel sehen, könnte man fast meinen, es handelt sich um ein eigenes Universum. 

Darstellung der Mandelbrotmenge
Ergebnis einer Formel: Optische Darstellung der Mandelbrotmenge

Mandelbrot war ziemlich besessen von Fraktalen und glaubte, dass man Börsenkurse mit Fraktalen analysieren könnte. Nicht zuletzt hielt er es für möglich, dass unser gesamtes Universum ein Fraktal ist. Das war 1974. Damals hatten die Astronomen gerade erst damit begonnen, umfangreiche Kataloge von Galaxien aus der Tiefe des Weltraums zu erstellen. Und erste Vorstellungen von der großräumigen Struktur des Kosmos nahmen erste Gestalt an. Dass das Universum wohl mit dem Urknall begann und expandiert, wusste man schon. Aber so genaue Vorstellungen, wie wir die heute unter anderem dank der Entdeckungen des Hubble- und des James-Webb-Teleskops haben, hatte man noch nicht. 

Die ganz großen Strukturen des Universums

Heutzutage haben wir ein gutes Bild davon, wie die ganz großen Strukturen des Universums aussehen. Unten seht Ihr das sogenannte kosmische Netz, die größte Struktur, die wir kennen. Es besteht aus Filamenten und Voids. Die Filamente sind die hellen Fäden. In denen befindet sich fast all die Materie, die es gibt. Auch alle Galaxien, wie unsere Milchstraße, sind in diesen gigantischen kosmischen Fäden angeordnet. 

Das kosmische Netz
Alles fraktal? Das kosmische Netz

Dazwischen existieren riesige Hohlräume, die Voids. Hier herrscht gähnende Leere über unvorstellbare Distanzen von hunderten Millionen Lichtjahren. Ganz leer sind sie nicht, einzelne Galaxien verbergen sich darin, aber weitaus weniger als in den Filamenten. Ist dieses kosmische Netz ein Fraktal? Erhalten wir, wenn wir raus und rein zoomen immer wieder dieselbe spinnennetzartige Struktur? 

Sonnensystem ist kein Fraktal

Ja und nein. Die genaue Analyse der Voids beispielsweise zeigt verblüffenderweise tatsächlich dieselbe Struktur. Die paar einsamen Galaxien, die in den Voids umhertreiben bilden eine Art Mini-Kosmisches-Netz. Die Filamentstruktur hat sich zumindest auf einer Ebene wiederholt, ist sich also in gewisser Weise selbst ähnlich. 

Aber eine Ebene ist nicht besonders viel, oder? Selbst unser Blumenkohl ist fraktaler. Und auf den kleineren Ebenen können wir die Fraktalstruktur des Universums dann sowieso ignorieren. Unser Sonnensystem alleine sieht schon komplett anders aus, als ein anderes Sternsystem. Unsere Milchstraße sieht anders aus als andere Galaxien. Verschiedene Galaxienhaufen besitzen trotz aller Ähnlichkeiten im Aufbau ein ganz unterschiedliches Aussehen. Wenn überhaupt kann das Universum nur auf den allergrößten Strukturen Fraktal sein und selbst da sieht es mau aus – die kosmische Netzstruktur findet man mit viel Fantasie innerhalb von Voids noch mal wieder, aber keinesfalls durchgehend. 

Sind Fraktale einfach Zufall?

Es stimmt, dass sich Strukturen im ganz Kleinen und im ganz Großen Teilweise ähneln. Aber das alleine macht noch kein Fraktal, denn dafür bräuchten wir eine Selbstähnlichkeit auf mehreren durchgehenden Ebenen und nicht auf einer ganz großen Ebene und dann eben wieder zufällig auf einer ganz anderen Ebene unter dem Mikroskop. Der Grund weshalb sich solche ganz unterschiedlichen Strukturen ähneln ist nicht ganz klar, und auch wenn es ein wenig unbefriedigend ist, es könnte einfach Zufall sein. 

T-Shirt Astro-Tim: Was genau hast du nicht verstanden?

Nichts verstanden? Macht nichts!

Hol dir jetzt dein nerdiges T-Shirt nach Hause!

Letztlich wird sowohl der Mikro- als auch der Makrokosmos von denselben Naturgesetzen beherrscht und einige Anordnungen und Muster ergeben nach diesen Naturgesetzen vermutlich einfach Sinn. Zu guter Letzt kommt da auch noch eine gehörige Portion Apophänie ins Spiel. Apophänie ist die Tendenz von uns Menschen, sinnvolle Verbindungen zwischen nicht zusammenhängenden Dingen wahrzunehmen. Unser Gehirn funktioniert einfach so, wir suchen Verbindungen, wo keine sind. Zum Beispiel zwischen dem Kosmos und einem Blumenkohl. Definitv keine Verbindung da, aber wir wollen sie trotzdem unbedingt sehen. 

Sind Multiversen Fraktale?

Einen letzten Ausweg gibt es vielleicht noch, eine letzte Möglichkeit, die uns wirklich an die Grenzen der Physik bringt: Das Multiversum. Wir haben geschaut, ob wir ein fraktales Muster finden, wenn wir vom kosmischen Netz, der größten bekannten Struktur, in kleinere Strukturen herein zoomen und wurden bitter enttäuscht. Aber was würden wir sehen, wenn wir vom kosmischen Netz heraus zoomen würden. Was kommt darüber? 

Einige Forscher gehen davon aus, dass unser Universum nicht das einzige ist. Über oder neben unserem Universum könnte ein anderes Universum sein, vielleicht sogar ein Mutter-Universum und dann ein Oma-Universum, gefolgt von einem Uroma-Universum, und einem Ururoma-Universum und schließlich ein Urururoma-Universum und darauf folgend ein Ururururoma-Universum…

Die kosmische Mandelbrotmenge

Es wäre also denkbar, dass über dem kosmischen Netz eine noch gewaltigere Struktur erscheint, die ihm selbstähnlich ist. Ein Multiversums-Fraktal. Denn wenn es immer wieder neue Universen gibt, dann würden wir wirklich in einer Art kosmischen Mandelbrotmenge leben. Es geht immer weiter mit den sich wiederholenden Mustern, jedes Universum eine Ebene eines nicht zu begreifenden, nicht zu erfassenden Fraktals. Absolut denkbar, aber bislang leider keinesfalls bewiesen, sondern nur eine spannende Hypothese.

Ihr wollt mehr über dieses Thema erfahren? Dann schaut direkt mal in das Video von Astro-Tim rein:

Astronautennahrung, Eisenmeteorite und Plüschplaneten: In unserem Weltraum-Shop bleibt kein Wunsch offen. Kommt vorbei und stöbert in unseren Weltraum-Produkten.

Impressum und Datenschutz