Oumuamua ist noch da – kann die NASA das Objekt einholen?

Oumuamua und das Sonnensystem

Der interstellare Asteroid Oumuamua, der von einem Harvard-Professor für ein Alien-Raumschiff gehalten wird, ist viel näher an uns dran, als viele Leute gedacht haben – er ist jetzt erst dabei, das Sonnensystem zu verlassen! Was hat ihn so lange aufgehalten und ist an den Alien-Raumschiff-Behauptungen vielleicht doch etwas dran? 

Oumuamua war der erste interstellare Besucher, den wir zweifelsfrei nachweisen konnten. Um zu verstehen, was das bedeutet, müssen wir uns unsere Galaxis, die Milchstraße, anschauen. Sie ist unsere kosmische Heimat, eine Sterneninsel in den Weiten des Universums, die aus mindestens 200 Milliarden Sternsystemen besteht und eine Ausdehnung von mindestens 200.000 Lichtjahren besitzt. 

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Obwohl unsere Milchstraße nur eine von bis zu einer Billion Galaxien im gesamten Kosmos ist, ist sie für unsere Maßstäbe schon riesig und enthält so viele einzelne Welten, dass wir sie niemals alle erkunden könnten, selbst wenn unsere Leben hundert mal so lange dauern würden. Was sich auf auf all diesen unzählbaren Exoplaneten, Exomonden, Exozwergplaneten und so weiter befindet, wissen wir nicht und man kann seiner Fantasie freien Lauf lassen. Dass sich irgendwo auf einer dieser Welten außerirdisches Leben entwickelt hat, erscheint angesichts der schieren Masse an Himmelskörpern in der Milchstraße sehr wahrscheinlich. 

Flugbahn von Oumuamua

Diese fernen Welten werden wir niemals erkunden. Denn selbst Sternsysteme, die nah an uns dran sind, sind schon mehrere Lichtjahre entfernt. Wir können nicht mal eben dort vorbei fliegen oder eine Raumsonde dorthin schicken, die diese mysteriösen Gebiete für uns erforscht. Und aus dieser Situation heraus, aus dieser galaktischen Ungewissheit, platzt plötzlich Oumuamua in unser Sonnensystem.

2017 wurde er von Astronomen entdeckt und die staunten nicht schlecht, als sie seine Flugbahn analysierten. Die war nahezu senkrecht zu der Bahnebene der Planeten um die Sonne. Die einzige Erklärung für diese seltsame Bahn war: Er muss von außerhalb senkrecht in das Sonnensystem hereingeflogen sein. Ein interstellarer Besucher, ein Objekt, das aus einem fremden Sternsystem stammt. 

Flugbahn von Oumuamua
Ganz schön steil: So ist Oumuamua durch das Sonnensystem geflogen

Nachdem wir eben gesehen haben, wie unfassbar weit entfernt die anderen Sternsysteme sind, ist klar, weshalb das eine galaktische Sensation war. Ein Stück eines fremden Sternsystems kam zu uns und damit gingen immense Diskussionen einher über den Ursprung von Oumuamua. Der renommierte Harvard-Professor Avi Loeb behauptet bis heute, dass es sich um Alien-Technologie handelt, eine Art als Stein getarnte Raumsonde oder ein Teil eines Sonnensegels. Als Argumente dafür führt er die sehr ungewöhnliche, längliche Form von Oumuamua an und eine plötzliche Beschleunigung des Objekts, als es sich schon von der Sonne entfernt hat. Aber wirklich überzeugend ist das nicht. Die Beschleunigung lässt sich wohl eher durch Ausgasen von Material in Sonnennähe erklären und die zigarrenförmige Form ist zwar kurios, aber warum sollte ein normaler Asteroid nicht länglich geformt sein? 

Oumuamua ist noch im Sonnensystem

Seit dem 14. Oktober 2017 vergrößert Oumuamua seinen Abstand zur Erde und fliegt von uns weg. Seitdem sind immer wieder Berichte und Fachartikel über den interstellaren Besucher veröffentlicht worden, aber der Tenor war immer: Ouamuamua ist weg und hat das Sonnensystem verlassen. Aber jetzt kommt ein überraschender Fakt: Oumuamua ist immer noch in unserem Sonnensystem, er war nie weg. 

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Auf dem Oumuamua Live Tracker kann man live sehen, wo sich unser insterstellarer Freund befindet. Und wir sehen: Er befindet sich hinter der Neptun-Bahn, hat aber noch nicht die Distanz des Plutos erreicht. Um das in Relation zu setzten: Mit einer Entfernung zur Erde von knapp unter fünf Milliarden Kilometer ist er zum Greifen nah, wenn man das mit den Voyager Sonden vergleicht. Voyager 1 ist knapp 24 Milliarden Kilometer von uns entfernt, also fast fünf mal so weit Oumuamua. Wenn man das so sieht, kann keine Rede davon sein, dass Oumuamua uns verlassen hätte, oder? Mit einer Geschwindigkeit von ungefähr 27 Kilometern pro Sekunde rast er zwar flott von uns weg, aber bis er das Sonnensystem verlassen wird, wird noch eine lange Zeit vergehen. 

Darstellung von Oumuamua
Alien-Technologie oder doch nur Stein? (Quelle: ESO, M. Kornmesser)

Ob wir dem Objekt hinterherfliegen könnten? Ja, schwierig, aber möglich. Schwierig, weil Oumuamua mit seinen 27 Kilometern pro Sekunde echt eine flotte Sohle aufs Parkett legt. Zum Vergleich: Voyager 1, die auch schon schnell ist, schafft nur 17 Kilometer pro Sekunde. Aber die NASA hat einige Projekte zur weiteren Forschung ausgewählt, bei der eine ambitionierte Technologie helfen soll, Oumuamua einzuholen und aus der Nähe zu studieren. 

Lyra-Projekt: Holen wir Oumuamua ein?

Im Rahmen des Projekt Lyra soll durch die geschickte Kombination mehrerer Swing-by-Manöver die nötige Geschwindigkeit erreicht werden, damit eine Sonde Oumuamua einholen könnte. Bei einem Swing-by-Manöver nutzt man die Schwerkraft eines Himmelskörpers um Schwung zu holen, die Voyager Sonden taten dies bei ihrem Vorbeiflug an den Gasplaneten. Die Forscher des Lyra-Projekts haben ausgerechnet, dass eine Sonde, die im Februar 2028 starten und dann Swing-by-Manöver an der Erde selbst, an der Venus und am Jupiter absolvieren würde, im Jahre 2050 Oumuamua einholen könnte. Ein Langzeitprojekt, aber wenn es funktionieren soll, müsste diese Sonde in sechs Jahren startbereit sein. Das Zeitfenster und die spezielle Position der Planeten zu verpassen, würde die Mission unmöglich machen. In dem wissenschaftlichen Paper zum Lyra-Projekt heißt es: “Alle Erklärungen zu Oumuamua haben ein gemeinsames Merkmal – sie sind außergewöhnlich. Der mögliche wissenschaftliche Nutzen unseres Vorhabens macht dies zu einer unverzichtbaren Gelegenheit.”

Lyra Projekt Oumuamua
Schnell hinterher: Die NASA will mit dem Lyra-Projekt dem Objekt nachrasen (Quelle: Maciej Rebisz)

Die weiteren Entwicklungen der Oumuamua-Verfolungsmission bleiben spannend und wir können hoffen, dass dies 2028 gelingen wird. Wenn wir ihn dann in Jahrzehnten erreichen, werden wir vielleicht herausfinden, was er ist, denn da ist man sich nicht einig. Die einen sagen: Ein Gesteinsbrocken, also ein Asteroid, andere gehen von einem hohen Eisanteil aus, dann wäre er ein Komet. Andere sagen, er könnte sogar das abgebrochene Stück von einem Exo-Pluto sein, einem eisigen Zwergplaneten aus einem anderen Sternsystem. Und wieder andere behaupten, es sei Alien-Technologie. Gewissheit werden wir dann frühestens 2050 haben. Also in kosmischen Maßstäben gar nicht mehr lang.

Wollt ihr noch mehr über dieses Thema erfahren, dann schaut euch unbedingt mal dieses Video an:

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Kälter und wärmer: Was ist bloß auf dem Neptun los?

Neptun wird kälter

Auf dem Neptun, dem am weitesten entfernten Planeten unseres Sonnensystems, geht etwas extrem Merkwürdiges vor sich. Entgegen jeglicher Prognosen fallen die Temperaturen dort drastisch! Welche mysteriöse Kraft bringt den Neptun zum frieren? 

Der Neptun ist für uns eine mysteriöse weit entfernte Welt. Der äußerste Planet unseres Sonnensystems befindet sich im Schnitt 4,5 Milliarden Kilometer von der Sonne entfernt und wurde erst von einer einzigen Raumsonde besucht, der Voyager 2. Das ist bereits viele Jahre her. Voyager 2 untersuchte ihn im Jahr 1989. Seit mehr als 30 Jahren hat man den Neptun nicht mehr mit einer Raumsonde besucht. Doch diese Untersuchung damals hat sich gelohnt, denn Voyager 2 entdeckte einen riesigen Sturm auf dem Neptun, den sogenannten Great Dark Spot. Außerdem machte ein vorher unbekanntes Ringsystem ausfindig. Man bestimmte erstmalig die genaue Länge eines Neptuntags – 16 Stunden und 7 Minuten – und man fand Polarlichter auf dem Neptun, die wesentlich komplexer als die auf der Erde sind. Mit anderen Worten: Fast all die spannenden Informationen, die wir über den Neptun wissen, sind über 30 Jahre alt. 

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Der Neptun wird kälter

Nun hat man aber etwas Neues über den Neptun herausgefunden und das ist fast unerklärlich: Auf dem Neptun wird es kälter und kälter. Seltsam, oder? Auch auf dem Neptun gibt es Jahreszeiten. Die dauern jeweils circa 40 Erdenjahre. Für einen kompletten Umlauf um die Sonne benötigt der Neptun 165 Erdenjahre. 40 Jahre Sommer. Das klingt doch super – auch wenn der Sommer auf dem Neptun nicht ganz so angenehme Temperaturen von ungefähr minus 200 Grad bietet. Hier passt der alte Song von Rudi Carrell: Wann wird’s mal wieder richtig Sommer? Vor allem weil es mysteriöserweise immer kälter wird auf dem Neptun, obwohl gerade neptunischer Sommer herrscht. 

Eine neue Studie, in der Beobachtungen der Temperatur des Neptuns aus 17 Jahren zusammengetragen wurden, zeigt: Es gibt einen global gemittelten Rückgang von etwa 8 Grad Celsius zwischen 2003 und 2018, der durch einen deutlichen Rückgang der atmosphärischen Strahlung des Neptun ab dem Jahre 2003 belegt wird. Der Planetenforscher Michael Roman von der University of Leicester in Großbritannien sagt: “Diese Veränderung war unerwartet. Da wir Neptun während seines südlichen Frühsommers beobachtet haben, haben wir erwartet, dass die Temperaturen langsam wärmer werden, nicht kälter.”

Temperaturentwicklung auf dem Neptun
Temperaturentwicklung auf dem Neptun

Warum wird der Neptun kälter?

Was ist verantwortlich für den neptunischen Klimawandel? Wie konnte man das überhaupt herausfinden, wenn es seit 30 Jahren keine Raumsonde gab, die den Neptun besucht hat? Das ist durch leistungsfähige erdgebundene Teleskope möglich wie etwa das VLT Imager and Spectrometer for mid-Infrared-Teleskop, kurz VISIR-Teleskop, das am Very Large Telescope der Europäischen Südsternwarte in Chile installiert ist und das anhand der Emission von Infrarotlicht eines Himmelskörper dessen Temperatur bestimmen kann. Das Forscherteam um Michael Roman analysierte die Daten, die das VISIR-Teleskop über Jahre gesammelt hatte und zusätzlich auch noch Ergebnisse des Spitzer-Weltraumteleskops der NASA. Herauskam die detaillierteste Studie zu Temperaturmessungen auf dem Neptun, die jemals erstellt wurde. So fand man die Temperaturveränderung heraus. Bleibt nur die Frage, wie die Absenkung der Temperatur mitten im Sommer zu erklären ist. So genau weiß das niemand, aber es muss wohl etwas mit Prozessen in der Neptunatmosphäre zu tun haben.

Das VISIR-Teleskop

In der Studie heißt es: “Während Methan das Sonnenlicht absorbiert und die Atmosphäre erwärmt, sind photochemisch erzeugte Kohlenwasserstoffe – vor allem Ethan und Acetylen – starke Infrarotstrahler, die die Stratosphäre abkühlen.” Anders gesagt: Wenn sich die Menge der photochemischen Kohlenwasserstoffe verändert, dann wird mehr im Infrarotbereich abgestrahlt und ein Planet wird kühler. 

Ähnliche Prozesse hatte man auch schon auf dem Saturn beobachtet. Hier stellte man fest, dass das Zusammenspiel von Chemikalien in Wolken innerhalb der Atmosphäre deren Temperatur beeinflussen kann. Auf dem Neptun scheint es chemikalische Prozesse zu geben, die derart massiv sind, dass sie die Temperatur des gesamten Planeten beeinflussen. Aber was könnte solch heftige Reaktionen auslösen? 

Beeinflusst der Great Dark Spot das Neptunwetter?

Eine Idee wäre, dass es etwas mit den riesigen Stürmen auf dem Neptun zu tun hat. Der Great Dark Spot war nur einer von sehr vielen Neptunstürmen. Er ist schon seit dem Jahre 1994 verschwunden, doch es bilden sich andauernd neue Stürme von unfassbarem Ausmaße. Diese Sturmentstehung auf dem Neptun ist noch sehr rätselhaft und kaum geklärt und es könnte sein, dass dadurch die chemikalischen Reaktionen in der Atmosphäre durcheinander gewirbelt werden und dies zu einer Abkühlung sogar im Sommer führen könnte.

Der Sturm Great Dark Spot auf dem Planeten Neptun

Das Forscherteam der Uni Leicester hat noch eine weitere Idee: Auch die Sonneneinstrahlung könnte eine Überlegung wert sein. Denn die Sonne durchläuft mehrjährige Aktivitätszyklen und ist mal mehr und mal weniger aktiv. Die durch den Aktivitätszyklus der Sonne hervorgerufenen Strahlungsänderungen könnten in irgendeiner noch ungeklärten Weise photochemische Veränderungen in der Neptunatmosphäre auslösen, was wiederum die beobachteten Temperaturschwankungen erklären könnte. Aber das sind alles nur Hypothesen, die atmosphärischen Prozesse auf dem Neptun bleiben für uns vorerst ein großes Rätsel. 

Fast um die Ecke vom Neptun: Der Plüsch-Saturn

Der Weltraum ist wirklich ein spannender Ort – all die Planeten beherbergen unheimlich viele Geheimnisse, die die Menschheit schon seit jeher faszinieren. Leider sind diese Objekte unseres Sonnensystems so weit weg, dass es schwer ist, sie genauer zu betrachten. Aber was wäre, wenn Ihr in Zukunft mit Erde, Saturn, Pluto und Co auf der Couch kuscheln könntet? Mit den Plüsch-Planeten von Astro-Comics holt Ihr euch das Sonnensystem nach Hause!

Und es wird noch verwirrender: Seit 2018 hat sich die Abkühlung auf dem Neptun umgekehrt und es wird schlagartig wieder wärmer. Die Temperatur schnappte innerhalb weniger Jahre zurück und ist im Schnitt um elf Grad gestiegen. Neptun durchlebt also derzeit ein absolutes Wechselbad der Gefühle. Michael Roman fasst es sehr gut zusammen und sagt: “Dies alles deutet auf ein komplizierteres Bild der Neptunatmosphäre hin und darauf, wie sie sich mit der Zeit verändert. Ich denke, dass Neptun für viele von uns so faszinierend ist, weil wir noch so wenig über ihn wissen.”

Ihr wollt mehr über den faszinierenden Planeten Neptun erfahren? Dann schaut euch das neue Video von Astro-Tim an:

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Mit Grönlands Geologie die Jupitermonde erkunden

Entdeckung unter Grönland

Was hat eine Entdeckung unter dem grönländischen Eis mit außerirdischem Leben auf den Jupitermonden zu tun? Jede Menge und in diesem Beitrag gehen wir der Sache auf den Grund.

Reisen wir zurück ins Jahr 1979. Die Sonde Voyager 1 erreichte den Jupiter und untersuchte den Gasplaneten und seine Monde. Eine der wichtigsten Erkenntnisse betraf den Mond Europa. Am 5. März 1979 näherte sich Voyager 1 dem Mond auf 932.000 Kilometer. Im April 1979 folgte dann Voyager 2 und näherte sich ebenfalls dem Mond. Durch die Daten der beiden Sonden fand man heraus: Auf dem Mond Europa gibt es einen unterirdischen Ozean. Eine absolute Sensation, denn Ozeane aus flüssigem Wasser außerhalb der Erde auf fremden Himmelskörpern galten damals noch als Science Fiction. 

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Was sind Schwarze Raucher?

Seitdem wird munter darüber spekuliert, ob es in diesem Europa-Ozean nicht außerirdisches Leben geben könnte. Viele Forscher glauben, dass das Leben auf der Erde in Tiefseevulkanen entstanden ist, in sogenannten Schwarzen Rauchern. Hier könnten die ersten anorganischen Stoffe den Sprung zu primitiven Lebensformen gemacht haben – und wenn es auf Europa einen unterirdischen Ozean und mit den Gezeitenkräften des Jupiters auch eine kräftige Energiequelle gibt, sind die Voraussetzungen für die Entstehung von Leben so gut wie auf der Erde. 

Doch bevor die Alien-Euphorie jetzt zu groß wird: Die Eiskruste von Europa, also die dicke Schicht aus Eis, die über dem Ozean liegt, ist sehr massiv und erstreckt sich über 20 bis 30 Kilometer. Selbst wenn wir es schaffen würden, auf Europa zu landen und ein Loch zu bohren, wäre es nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft unmöglich, diese Eisdicke zu überwinden. Zum Vergleich: Das tiefste Loch, das jemals auf der Erde gebohrt wurde, war die Kola-Bohrung in der Sowjetunion. Und da schaffte man es “nur” auf knapp 12,2 Kilometer. Die Bohrung auf einem fremden Himmelskörper wäre wesentlich anspruchsvoller als auf der Erde. 

Darstellung der Eisschicht auf dem Mond Europa

Warum die Doppelkämme in Grönland so interessant sind

Kann es aber wirklich sein, dass in dem Europa-Ozean außerirdisches Leben herumpaddelt, wir es aber niemals zu Gesicht bekommen werden, weil die Eiskruste zu dick ist? Müssen wir uns unsere Träume von der Entdeckung von außerirdischem Leben abschminken? Vielleicht nicht. Denn eine Entdeckung eine Grönland ändert alles. Reisen wir mal zurück vom weit entfernten Mond Europa ins irdische Grönland. 

Meteorit

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Im Nordwesten Grönlands gibt es eine interessante Doppelkamm-Formation, Bergkämme, die sich über viele Kilometer erstrecken und durch flache Täler getrennt sind. Ein Team der Universität Stanford untersuchte die grönländischen Doppelkämme und erkundete den Bereich unter der Erdoberfläche mit Hilfe von Radartechnologie. Sie fanden heraus, wie diese Doppelkämme entstanden sind. Sie vermuten, dass Schmelzwasser an der Oberfläche Grönlands in einen Hohlraum innerhalb des dicken Eisschildes abfloss und dann dort wieder gefror. Solche Hohlräume gibt es überall im grönländischen Eis, da es immer wieder Stellen mit porösem Eis gibt. Diese Stellen kollabieren und hinterlassen einen leeren Raum. Wenn dann Schmelzwasser in einen solchen Hohlraum fließt und dort wieder gefriert, dann dehnt es sich aus. Das passiert mit Wasser, wenn es gefriert, denn die Moleküle im Eiskristall beanspruchen mehr Raum als im flüssigen Wasser. Deswegen kann auch gefrorenes Wasser, also Eis, auf flüssigem Wasser schwimmen, weil die Dichte niedriger ist. Und die Ausdehnung beim Gefrieren in den Hohlräumen bedeutet, dass das nun gefrorene Wasser unter extremem Druck die darüber liegenden Eis- und Erdschichten nach oben drückt – an der Oberfläche entstehen dann diese Kammstrukturen. Und genau solche Kammstrukturen gibt es auch auf dem Mond Europa.

Doppelkämme in Grönland

Auf Europa: Hohlräume mit flüssigem Wasser

Der gesamte Jupitermond Europa ist überzogen mit Kammstrukturen, also mit diesen eisigen Berg- und Tallandschaften. Erkenntnisse über ähnliche Strukturen auf der Erde liefern uns gleichzeitig Indizien über die Verhältnisse auf Europa. Und diese Entdeckung könnte bedeuten, dass es auf Europa auch solche Wassertaschen gibt, also Hohlräume voller noch flüssigem oder gerade erst gefrorenem Wasser. Und dann müssten wir uns nicht 30 Kilometer in die Tiefe bohren, sondern könnten direkt unter der Oberfläche Wasser finden. 

Ein paar Unterschiede gibt es aber doch, denn auf Europa gibt es kein Schmelzwasser, das abfließen könnte, da die Oberfläche sehr kalt ist. Aber das Wasser könnte von unten in die Hohlräume gepresst werden, ein bisschen wie bei einer Bialetti-Kanne. Die Analogie passt gut, denn auf Europa gibt es ein komplexes Eisvulkan-System. Das Wasser aus dem flüssigen Ozean könnte tatsächlich in die Hohlräume geschossen werden. Und dieses Wasser wäre ein interessantes Forschungsobjekt. Hauptautor der Studie der Stanford University Dr. Dustin Schroeder sagt: “Flüssiges Wasser in geringer Tiefe ist räumlich und zeitlich in der Eishülle Europas allgegenwärtig. Es ist näher an der Oberfläche, wo man interessante Chemikalien aus dem Weltraum, von anderen Monden und den Vulkanen von Io erhält.”

Mission Europa-Clipper der NASA

Wenn wir es schaffen würden, eine Raumsonde auf Europa landen zu lassen, die sich nur ein wenig in das Eisschild in der Kammregion buddeln könnte, könnten wir unglaubliche Dinge entdecken, vielleicht sogar Spuren von außerirdischem Leben. Allerdings liegen Europa-Landungen, geschweige denn Bohrungen, leider noch in weiter Ferne, aber die Mission Europa-Clipper der NASA soll im Jahr 2024 mit einem eisdurchdringenden Radar starten. Jetzt wissen die Betreiber genau, nach was sie Ausschau halten müssen, um herauszufinden, ob der Grönland-Mechanismus die Erhebungen auf Europa erklärt. Wenn sich das bewahrheitet, dann werden die Bemühungen um eine Landung auf Europa sicherlich so richtig an Fahrt aufnehmen. 

Foto des Jupitermonds Europa

Übrigens war das Forscherteam in Grönland gar nicht auf der Suche nach Strukturen, die denen auf Europa ähneln. Das war reiner Zufall und durch die Präsentation von anderen akademischen Kollegen über die Kammstrukturen auf Europa kam ihnen dann der Einfall, dass es hier Ähnlichkeiten geben könnte. Dr. Dustin Schroeder sagt: “Wir haben an etwas völlig anderem gearbeitet, das mit dem Klimawandel und seinen Auswirkungen auf die Oberfläche Grönlands zu tun hat, als wir zufällig diese winzigen Doppelkämme auf Europa sahen.” Ein schönes Beispiel dafür, wie oft Zufälle und glückliche Umstände die Wissenschaft weiter bringen.

Ihr wollt mehr über die Entdeckung in Grönland erfahren? Dann schaut euch das neue Video von Astro-Tim an:

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Wie ist das möglich: Voyager-Sonden kommen zurück?

Die Voyager-Sonden erkunden die äußersten Bereiche des Sonnensystems und sind die von Menschen gebauten Objekte, die bisher am tiefsten in den Kosmos vorgedrungen sind. Doch nun nähern sie sich wieder der Erde an – was ist denn da los?

Es gibt wohl kaum Sonden, die ein größerer Erfolg waren, als die Voyager-Sonden. Diese beiden Schwestersonden wurden Ende der 70er Jahre in den Weltraum befördert. Sie sind immer noch in Betrieb und lassen sich sogar noch anfunken. Viele der bis heute besten Bilder der Gasplaneten Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun verdanken wir Voyager 1 und Voyager 2. Und nun lüften sie für uns sogar Geheimnisse über den noch weitgehend unbekannten Teil des Sonnensystems weit hinter dem Pluto. 

Der Saturn, fotografiert von Voyager 2

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Haben die Voyager-Sonden das Sonnensystem verlassen?

So haben die Voyager-Sonden vor einiger Zeit die sogenannte Heliosphäre durchquert, eine Art Schutzschild, den unsere Sonne im interstellaren Raum erschafft. Vielfach wurde daraufhin in den Medien geschrieben, dass die Voyager-Sonden nun das Sonnensystem verlassen hätten – das ist nicht zutreffend. Das Ende des Sonnensystems befindet sich in der sogenannten Oortschen Wolke. Das ist der Bereich, in dem die Schwerkraft der Sonne gerade noch stark genug ist, um Objekte in ihren Bann zu ziehen. Dahinter nimmt die Schwerkraft anderer Sterne außerhalb des Sonnensystems Überhand. So umgeben in der Oortschen Wolke unzählige Objekte wie Kometen, Staubpartikel und Asteroiden unser Sonnensystem wie so eine Art kosmische Schale. Wenn die Voyager-Sonden diese Grenze überqueren, kann man davon sprechen, dass sie das Sonnensystem verlassen haben – das wird allerdings noch ein wenig dauern. In ungefähr 30.000 Jahren werden die Voyager-Sonden die Oortsche Wolke durchquert haben.

Darstellung der Oortschen Wolke

Wenn die Voyager-Sonden dann in ferner Zukunft ein fremdes Sternsystem erreichen werden, haben sie eine Botschaft von uns Menschen dabei: Die sogenannten Golden Records. Auf ihr sind Bild- und Audio-Informationen über die Menschheit gespeichert. Sorgsam wurden damals einige Songs ausgesucht, die verschiedene Kulturkreise repräsentieren sollen. Von afrikanischer Trommelmusik, über bulgarische Volkslieder bis zu fetzigen Songs von Chuck Berry ist alles dabei. 

Hatte schon Besuch von Voyager: Der Saturn

Hol dir deinen Saturn jetzt nach Hause!

Nähern sich die Voyager-Sonden DER auf die Erde an?

Momentan befinden sich die Voyager-Sonden noch innerhalb des Sonnensystems und haben noch nicht mal den inneren Rand der Oortschen Wolke erreicht. Aber was hat es denn nun damit auf sich, dass die Voyager-Sonden sich der Erde nähern? Wie ist das möglich, wenn sie doch schon seit über 40 Jahren durch den Kosmos rasen? Das Näherkommen der Voyagers ist mit der Bewegung unserer Erde innerhalb des Sonnensystems zu erklären. Zwar bewegen sich die beiden Sonden permanent in Richtung äußeres Sonnensystem – aber während das geschieht, bewegt die Erde sich natürlich auch. Und die Erde bewegt sich in ihrer Umlaufbahn für einige Monate im Jahr schneller auf die Raumsonden zu, als diese sich entfernen. 

Die Bewegung der Erde um die Sonne ist schneller als die Bewegung der Voyager-Raumsonden. Die Erde bewegt sich mit einer Geschwindigkeit von 30 Kilometer pro Sekunde durchs All. Voyager 1 bewegt sich mit einer Geschwindigkeit von 17 Kilometer pro Sekunde durchs All, Voyager 2 mit 15 Kilometer pro Sekunde – beide also wesentlich langsamer als die Erde. Durch diese Differenz in der Geschwindigkeit gibt es eine Zeit im Jahre, also einen Zeitraum der Erdbewegung um die Sonne, in der wir den Sonden wieder näher kommen. Die Voyagers bewegen sich natürlich weiterhin in Richtung Ende des Sonnensystems, es sind wir, die ihnen näher kommen. 

So weit ist Voyager 2 von der Erde entfernt

Schauen wir uns das Ganze mal konkret anhand der Entfernung von Voyager 2 an. Seit dem 22. Februar kommen wir ihr wieder näher. An diesem Tag betrug die Entfernung zwischen Erde und Voyager 2 130,05 astronomische Einheiten. Eine astronomische Einheit ist der mittlere Abstand zwischen der Erde und der Sonne – man verwendet diese Einheit oft um große Entfernungsmaßstäbe innerhalb des Sonnensystems zu beschreiben. Für diejenigen von euch, die es ganz genau wissen wollen: Eine astronomische Einheit beträgt 149.597.870.700 Meter. 

Entfernung von Voyager 2

Am 4. Juni wird der Zeitraum enden, innerhalb dessen wir Voyager 2 näher kommen. Dann wird die Entfernung nur noch schlappe 129,7 astronomische Einheiten betragen. Allein durch die Position der Erde auf ihrer Bahn um die Sonne machen wir in diesem Zeitraum also knapp eine astronomische Einheit gut! Aber die Annäherung ist natürlich nur von kurzer Dauer. Ab Juni wird die Entfernung wieder zunehmen und auch wenn sie sich nächstes Jahr abermals für kurze Zeit verringern wird, wird sie netto natürlich immer größer und größer. Wir müssen den Voyager-Sonden also endgültig Au Revoir sagen.

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Ganz andere Form als gedacht: Das Sonnensystem ist ein Croissant!

Die Form unseres Sonnensystems ist ganz anders als gedacht. Es ist ein… Croissant!

Dieser Artikel ist ein Beitrag für den Beitrag für den Fast Forward Science 2021/22 Wettbewerb – http://fastforwardscience.de – #FFSci #OpenBoxSpezial

Die Sonne schießt jede Menge energiereiche Partikel ins All, den sogenannten Sonnenwind. In der Milchstraße wiederum, also in unserer Galaxis, befindet sich zwischen den einzelnen Sternsystem überall das sogenannte interstellare Medium, also galaktischer Staub, Gase und auch sehr gefährliche Strahlung. Sonnenwind und interstellares Medium versuchen sich gegenseitig zu verdrängen und es gelingt dem Sonnenwind eine Art sicheren Bereich um uns herum zu schaffen, in dem das interstellare Medium verdrängt wird und wir vor gefährlicher kosmischer Strahlung einigermaßen sicher sind. Diesen Bereich bezeichnet man als Heliosphäre.

Heliosphere - Wikipedia
Eine Darstellung der Heliosphäre

Nun würde man annehmen, dass die Heliosphäre sich kugelförmig um unser Sonnensystem herum ausbreitet. Dieser Annahme wollte ein Team von Wissenschaftlern auf den Grund gehen und hat dafür unter anderem die Daten der Voyager Sonden ausgewertet. Denn diese beiden Raumsonden haben bisher als einzige von Menschen gemachte Objekte die Heliosphäre durchquert. Im Jahre 1977 starteten die beiden Sonden und erreichten schließlich viele Jahrzehnte später die Heliosphäre. Seit dem Jahre 2018 befinden sie sich hinter der Heliosphäre und durchfliegen nun das interstellare Medium – und eine Modellierung der Heliosphäre auf Basis der Voyager-Daten hat die Croissant-Form ergeben. Nur wie ist das zu erklären? Was formt die Heliosphäre zu einem Hörnchen? Die Antwort: Jets! Der Sonnenwind wird in besonders heftigem Maße in den sogenannten heliosphärischen Jets ausgestoßen. Dabei handelt es sich um Zwillingsstrahlen, die von den Sonnenpolen, also Sonnennordpol und Sonnensüdpol, ausgehen. Diese Jets schießen jedoch nicht in einer graden Linie heraus, sondern krümmen sich angetrieben von der Bewegung unseres Sonnensystems – diese Krümmung lässt sie sich dann verformen wie die Spitzen eines Croissants. Sozusagen ein Doppelschweif unseres Sonnensystems.

Wir leben schließlich in einer kolossalen Blase in Croissantform
Die Heliosphäre als Croissant

Jetzt natürlich die große Frage: Warum ist das überhaupt wichtig? Warum sollte es uns interessieren, dass wir in einem kosmischen Croissant leben? Weil das Wissen über die Form und Beschaffenheit der Heliosphäre uns mehr darüber verrät, wie und vor allem wo die kosmische Strahlung am ehesten eindringen könnte. Der an der Forschungsarbeit beteiligte Astrophysiker James Drake formuliert es so:

“Die von der Sonne erzeugte Blase, die uns umgibt, bietet Schutz vor der galaktischen kosmischen Strahlung. Natürlich kann die Art und Weise, wie die galaktische kosmische Strahlung eindringen kann, von der Struktur der Heliosphäre beeinflusst werden.”

– James Drake

Aber – und das darf man nicht vergessen – diese Form muss nicht konstant sein. Denn unser Sonnensystem rast mit einer Geschwindigkeit von 230 Kilometern pro Sekunde durch die Milchstraße. Diese Bewegung und auch die Aktivität der Sonne selbst beeinflussen die Form der Heliosphäre. Die Forscher fanden aber noch einen weiteren Faktor, der die Heliosphäre instabil macht und zwar neutrale Wasserstoffatome, also Wasserstoffatome ohne Ladung. Die strömen überall durch die Galaxis und die Wissenschaftler haben in ihrer modellierten Simulation einfach mal ein wenig rumgespielt und den neutralen Wasserstoff als externen Faktor, der mit der Heliosphäre wechselwirkt, ausgeschaltet. Und dann passierte etwas Komisches: Als die Forscher die neutralen Atome aus ihrem Modell herausnahmen, wurden die heliosphärischen Jets plötzlich stabil. Die Heliosphäre verformte sich nicht mehr. Die Astrophysikerin Merav Opher von der Boston University sagt dazu:

“Wenn ich die neutralen Atome wieder einsetze, fangen die Dinge an, sich zu verbiegen, die Mittelachse beginnt zu wackeln, und das bedeutet, dass etwas in den heliosphärischen Jets sehr instabil wird. Unser Modell versucht nicht, das Chaos auszublenden, was es mir ermöglicht hat, die Ursache für die Instabilität der Heliosphäre genau zu bestimmen: Die neutralen Wasserstoffteilchen.”

– Merav Opher

Heißt: die neutralen Wasserstoffatome aus den anderen Bereichen der Galaxis interagieren mit den ionisierten Partikeln des Sonnenwinds in der Heliosphäre und bringen sie ganz durcheinander. Man nennt das Rayleigh-Taylor-Instabilität. Das bezeichnet eine Instabilität, die an der Grenzfläche zwischen zwei Substanzen unterschiedlicher Dichte auftritt, wenn die leichtere Substanz in die schwerere drückt.

File:Adding Milk to Coffee.jpg - Wikimedia Commons
Rayleigh-Taylor-Instabilität in einem Milchkaffee

Dies wiederum führt zu großräumigen Turbulenzen. Das klingt sehr kompliziert, ist aber ein bekanntes Alltagsphänomen: Wenn beispielsweise Milch in Kaffee gegossen wird. Die beiden Substanzen, Milch und Kaffee, haben unterschiedliche Dichten und es kommt in der Tasse zu heftigen Turbulenzen. Was am Rand unserer Heliosphäre geschieht, kann man sich also ein wenig wie das Chaos in einem Milchkaffee vorstellen.

Noch mehr über die Croissant-Form unseres Sonnensystems erfahrt Ihr in diesem Video:

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