Von-Neumann-Sonden: Ist die Galaxis in Gefahr?

Darstellung einer Von-Neumann-Sonde vor einer Galaxie

Werden Aliens die Galaxis durch eine virusartige Raumsonde zerstören, die sich selbst vermehren kann? Was völlig verrückt klingt, ist tatsächlich möglich: mit der Idee der Von-Neumann-Sonde. 

Wer an interstellare Raumschiffe und das Erforschen fremder Sternsysteme denkt, stellt sich gewiss Captain Kirk vor, wie er mit der Enterprise zum Warpspeed ansetzt. Vermutlich werden auch wir bald fremde Sternsysteme erforschen können. Nicht so, wie in Star Trek. Die Raumsonden, die wir in den Kosmos schicken werden, könnten winzig sein. Kleine Nanoroboter, die sich selbst replizieren können – sogenannte Von-Neumann-Sonden.

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Die grundsätzliche Idee der Sonde geht auf den ungarisch-amerikanischen Mathematiker John von Neumann zurück, der 1953 die Theorie einer sich selbst replizierenden Maschine entwickelte. Er selbst hatte allerdings noch nicht die Idee, dass die Anwendung einer solchen Von-Neumann-Maschine vor allem in der Weltraumforschung liegen könnte. 

Erfinder der Sonde: John von Neumann

Was ist eine Von-Neumann-Sonde genau? 

Im Prinzip handelt es sich um eine Raumsonde, die ohne Eingriff eines Menschen eine exakte Kopie ihrer selbst herstellen kann, die dann wiederum in der Lage ist, sich exakt zu kopieren. Man könnte statt kopieren auch reproduzieren sagen, denn es handelt sich de facto um einen Maschinen-Einzeller. Dazu ein konkretes Szenario: Die Menschheit schickt hunderte Von-Neumann-Sonden zu den nahegelegenen Sternsystemen. Diese Sonden landen auf den dortigen Exoplaneten und könnten sich durch Verwendung dort vorhandener Ressourcen replizieren. Sie bauen sich also kurzzeitig als eine Art Mini-Fabrik auf und erschaffen einen Klon. Nachdem dieser Prozess abgeschlossen ist, reisen beide Sonden weiter. 

Wenn 100 Von-Neumann-Sonden der ersten Generation sich reproduzieren und dann die doppelte Anzahl zu den nächsten Exoplaneten weiter fliegt und wieder Klone erschafft, wie viele Von-Neumann-Sonden haben wir dann nach zehn Reproduktionsprozessen? Unfassbar viele! Es würde sich hier um ein wahres exponentielles Wachstum handeln. Diese Sonden befallen wie Viren Exoplaneten, beuten ihre Ressourcen aus, reproduzieren sich und befallen noch mehr Exoplaneten. Die Von-Neumann-Sonden würden eine gute Lösung für das Problem darstellen, dass unsere Galaxis gigantisch groß ist und die Anzahl der Exoplaneten unsere kühnsten Träume übersteigt. Durch die Selbstreplikation der Sonden könnten wir große Teile der Milchstraße erforschen, die wir auf klassischem Wege alleine zeitlich niemals erreichen könnten. 

Wie ein Virus könnten die Von-Neumann-Sonden andere Welten befallen

Von-Neumann-Sonden: Können wir sie bauen?

Und wie müsste eine solche Sonde aussehen? Um ressourcensparend zu sein, sollte sie sehr klein sein, eine Art Nanoroboter, vielleicht wirklich nur so groß wie eine Stecknadel. Eine solche minimale Größe würde es erlauben, die Von-Neumann-Sonden auf fast Lichtgeschwindigkeit zu beschleunigen, etwa mit Super-Lasern. Noch sind wir nicht so weit, solche Maschinen zu bauen, es bedarf da noch einiger Forschung in der Nanorobotik. 

Aber so unglaublich wie es klingt, ist es auch wieder nicht. Es gibt bereits Pläne, Miniatur-Sonden auf einen Teil der Lichtgeschwindigkeit zu beschleunigen und nach Proxima Centauri zu schicken. Stephen Hawking war zu seinen Lebzeiten an der Planung des Projekts Breakthrough Starshot beteiligt, das genau dies vorhat. Mit etwas Zukunftsoptimismus lässt sich durchaus die Position vertreten, dass wir irgendwann in der Lage sein werden, Von-Neumann-Sonden zu bauen. Und das führt uns zum beunruhigenden Aspekt der ganzen Sache: Aliens.

Könnte so eine Von-Neumann-Sonde aussehen?

Fermi-Paradoxon und Von-Neumann-Sonden

Die Von-Neumann-Sonden sind untrennbar mit dem Fermi-Paradoxon verbunden, also der paradoxen Situation, dass es angesichts der schieren Masse an Himmelskörpern in der Milchstraße und dem Alter unserer Galaxis eigentlich raumfahrende Alien-Zivilisationen geben müsste, wir aber von denen noch nie irgendetwas mitbekommen haben. Das ist irgendwie paradox. Wie kommen da jetzt die Von-Neumann-Sonden ins Spiel? Wenn es intelligenten Alien-Zivilisationen gelungen wäre, interstellar zu reisen und mehrere Planeten zu besiedeln, dann vermutlich nur, indem sie eine Von-Neumann-Technik eingesetzt hätten. Denn das ist einfach der naheliegendste Weg, um große Teile der Galaxis schnell zu erreichen und auszukundschaften. 

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Da aber die Reproduktion der Von-Neumann-Sonden exponentiell ist, spräche einiges dafür, dass sie dann schon in unserem Teil der Galaxis angekommen wären. Nur: eine solche Von-Neumann-Sonde hat natürlich noch niemand gesehen. Das Fehlen dieser Sonden könnte bedeuten, dass es in der Milchstraße keine interstellar reisenden Aliens gibt. Es gibt aber auch einige andere Erklärungen: Zunächst könnten auch in unserem Sonnensystem bereits außerirdische Von-Neumann-Sonden unterwegs sein – da sie aber so unscheinbar sind, wissen wir davon nichts. Vielleicht reproduzieren sich gerade jetzt auf dem Mars, auf dem Saturnmond Enceladus oder auf dem Pluto Alien-Sonden. Keinesfalls unmöglich. Das wäre auch eine sehr passende Antwort darauf, weshalb wir in unserer galaktischen Nachbarschaft noch keine Aliens gefunden haben. Deren Planeten wurden bereits von der Von-Neumann-Armee zerstört. 

Der Graue Schleim: Gray Goom

Oder eine andere Annahme: Es existieren außerirdische Zivilisationen, aber sie sehen vom Bau von Von-Neumann-Sonden ab, da sie ein fundamentales Problem erkannt haben, dass damit einhergeht: Sobald Von-Neumann-Sonden losgeschickt wurden und sich unkontrolliert reproduzieren, setzt ein exponentieller Prozess ein, der über kurz oder lang alle Ressourcen der Galaxis vernichten würde. Denn es entstehen immer mehr Sonden, die immer mehr Himmelskörper befallen, um aus immer mehr Ressourcen immer mehr neue Sonden zu klonen. Bei diesem exponentiellen Wachstum würde es nicht lange dauern, bis die gesamte Galaxis befallen wäre. Denkt an unsere exponentielle Rechnung vom Anfang: Hundert Sonden werden zu zweihundert Sonden, zweihundert Sonden zu vierhundert und so weiter. Selbst wenn man davon ausgeht, dass die Sonden nur alle hundert Jahre neue Planeten erreichen würden, hätten wir in kosmisch gesehen sehr kurzen Zeitabständen eine Neumann-Pandemie von wirklich galaktischem Ausmaße. Die Verwendung von Von-Neumann-Sonden könnte also unsere gesamte Galaxis zerstören – unglaublich, aber wahr. 

Unsere Erde – befallen vom Grauen Schleim oder auch Gray Goo

Wenn es intelligente Alien-Zivilisationen da draußen gibt, dann können wir nur hoffen, dass sie das auch erkennen und von der Verwendung dieser Technologie absehen. Und wenn wir Menschen irgendwann in der Zukunft technologisch so weit fortgeschritten sein sollten, sollten auch wir das im Hinterkopf behalten. Die Idee, dass eine sich selbst reproduzierende Maschine zur Apokalypse führen könnte, bezeichnet man übrigens als Graue Schmiere oder auf Englisch Gray Goo. Nanotechnologie-Vordenker Eric Drexler erwähnte diesen Begriff erstmals in seinem 1986 erschienenen Buch Engines of Creation. Er beschrieb darin das Szenario, das eine sich selbst replizierende Nanotechnologie irgendwann alle Ressourcen der Erde aufbrauchen könnte. Die Masse an einzelnen Nanorobotern wäre irgendwann so gigantisch, dass sie einfach einen riesigen grauen Schleim bilden, der nach und nach die Erde umschließt. Eric Drexler ordnet es ein: “Man stelle sich einen Replikator vor, der Kopien von sich selbst erstellt. Der erste Replikator erstellt eine Kopie in 1000 Sekunden, die zwei Replikatoren erstellen dann zwei weitere in den nächsten 1000 Sekunden, die vier erstellen vier weitere, und die acht erstellen wieder acht Replikatoren. Nach zehn Stunden gibt es nicht 36 neue Replikatoren, sondern über 68 Milliarden. In weniger als einem Tag würden sie 1 Tonne wiegen; in weniger als zwei Tagen wäre die Masse größer als die der Erde; und 4 Stunden darauf hätten die Replikatoren eine Masse größer der der Sonne und aller Planeten gemeinsam.”

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